Rio de Janeiro - Angelique Kerber hat die große Chance verpasst, erneut in die Fußstapfen von Steffi Graf zu treten.
Im Endspiel von Rio de Janeiro unterlag die favorisierte Kielerin dem Shootingstar Monica Puig aus Puerto Rico überraschend mit 4:6, 6:4, 1:6 und musste sich mit Silber trösten. Graf hatte 28 Jahre zuvor in Seoul Gold gewonnen, vier Jahre später ebenfalls den zweiten Platz belegt. Für Puerto Rico war es das erste Gold überhaupt.
Nach dem Gewinn des zweiten Satzes schien Kerber, die sich nach dem ersten Satz am Rücken hatte behandeln lassen müssen, das spannende Match zu ihren Gunsten gedreht zu haben - doch der Eindruck täuschte. Die phasenweise wie entfesselt spielende Puig, nur die Nummer 34 der Weltrangliste, spielte clever, traf vor allem im dritten Durchgang mit ihrer Vorhand-"Peitsche" beinahe alles, Kerber so gut wie nichts mehr. Nach 2:09 Stunden schlug die Kieler beim vierten Matchball ihrer Gegnerin eine Vorhand ins Aus.
Puig erweist sich als hartnäckige Gegnerin
Australian-Open-Siegerin Kerber war die Enttäuschung über die verpasste Chance anzusehen - schon während des Matches hatte sie immer wieder mit sich gehadert. Die Weltranglistenzweite musste sich die Niederlage auch selbst zuzuschreiben, sie agierte zu passiv, überließ Puig die Kontrolle. Zuvor hatte sie zwar versichert: "Ich wollte unbedingt eine Medaille holen. Schon als Kind habe ich Olympia immer am Fernseher verfolgt." Doch was Gold hätte sein können, glänzte am Ende eben doch nur silbern. Kerber hatte sich mehr erhofft, und auch mehr erwarten dürfen.
Kerber ging einen Tag nach dem 6:3, 7:5 gegen Madison Keys (USA) als Favoritin in die Partie auf dem Centre Court. Puig, die vor jedem Match in der Kabine auf Knien betet, erwies sich aber als die erwartet zähe Kontrahentin. Die Bezwingerin von Laura Siegemand (Viertelfinale) agierte aggressiv und nahezu fehlerfrei von der Grundlinie - Kerber konnte oft nur reagieren.
Letztes Aufbäumen gegen die Niederlage
Das entscheidende Break zum Gewinn des ersten Satzes gelang der erneut wie entfesselt aufspielenden Puig bezeichnenderweise mit ihrem 18. Winner (Kerber: 8). Beim folgenden Seitenwechsel ließ die von den deutschen Fans immer wieder angefeuerte Kerber die Physiotherapeutin holen und verließ mit ihr nach kurzer Zeit den Court zur weiteren Behandlung am Rücken.
Das tat der Wimbledonfinalistin gut. Gleich im ersten Spiel nahm sie Puig das Service ab. Zwar konnte die Außenseiterin zum 4:4 ausgleichen, doch nach einem weiteren Break nutzte Kerber ihren fünften Satzball zum Ausgleich. Doch die Außenseiterin ließ sich nicht beirren und übernahm wieder die Initiative. Der Lohn: Eine 3:0-Führung als Vorentscheidung, dann ein 5:0. Kerber bäumte sich noch einmal auf. Vergebens. Puig behielt die Nerven.
sid