Rio de Janeiro - Weitspringerin Malaika Mihambo durfte lange von einer Überraschungsmedaille träumen, Hürdensprinterin Cindy Roleder unterlag einer amerikanischen Übermacht: Am sechsten Tag der Leichtathletik-Wettbewerbe bei den Olympischen Spielen in Rio fehlte nicht viel zum dritten deutschen Edelmetall.
44 Jahre nach dem Triumph von Klaus Wolfermann in München darf die deutsche Leichtathletik wieder auf einen Speerwurf-Olympiasieger hoffen. In der Qualifikation in Rio de Janeiro glänzten Johannes Vetter aus Offenburg und Julian Weber aus Mainz mit der zweit- und drittbesten Weite. Zudem ist der Weltjahresbeste Thomas Röhler bei der Medaillenvergabe am Samstag (01.55 Uhr MESZ) dabei. „Das ist schon mal perfekt ausgegangen“, meinte der Jenaer sichtlich erleichtert.
Der 24 Jahre alte Röhler kam am Mittwochabend (Ortszeit) auf 83,01 Meter. Weber schleuderte den Speer gleich im ersten Versuch auf 84,46 Meter hinaus und konnte seine Tasche packen. Der 21-Jährige will jetzt auch im Finale dem Publikum im Olympiastadion einiges zeigen: „Dass ich in der Form meines Lebens bin, dass ich richtig Bock habe und dass ich was drauf habe.“
Vetter kam in der zweiten Gruppe - ebenfalls auf Anhieb - sogar auf 85,96. Er trainiert bei Boris Obergföll, der unter seinem früheren Nachnamen Henry ebenfalls ein Weltklasse-Werfer war und Ehemann von Ex-Weltmeisterin Christina Obergföll ist.
Übertroffen wurde das Duo Weber/Vetter nur von Keshorn Walcott aus Trinidad und Tobago, der vor vier Jahren in London mit 84,58 Metern völlig überraschend Olympiasieger geworden war. Der Mann aus der Karibik kam auf ganz starke 88,68 Meter und ist anscheinend wieder auf den Punkt fit.
„Ich bin unheimlich froh, dass ich es geschafft habe“, meinte der zweimalige deutsche Vizemeister Weber. „Was jetzt kommt ist on the top.“ Röhler übertraf im dritten Versuch die erforderlichen 83,00 Meter. „Ich war so aufgeregt wie noch nie vor einem Wettkampf. Olympia ist halt doch was anderes“, meinte er noch völlig aufgewühlt. „Ich bin happy, dass ich drei Versuche werfen konnte. Weil der Belag hier nicht so einfach ist.“
Weber hingegen staunte über sich selbst. „Ich muss wirklich sagen, dass ich gedacht habe, ich bin komplett aufgeregt und durcheinander“, sagte der 21-Jährige. Doch er blieb ganz cool. Als Handballer hatte Weber 2011 beim Werfertag in Saulheim einfach mal den 700-Gramm-Speer in die Hand genommen und sich mit über 52 Metern direkt für die süddeutschen B-Jugend-Meisterschaften qualifiziert.
Röhler hat in diesem Jahr bereits eine Weite von 91,28 Meter vorzuweisen. Wegen Rückenproblemen war er bei der EM in Amsterdam allerdings leer ausgegangen. Jetzt fühlt er sich fit für den ganz großen Wurf. Seit Wolfermanns Gold-Coup 1972 hatte mit Wolfgang Hanisch (Bronze 1980) nur ein Deutscher bei den Sommerspielen auf dem Treppchen gestanden.
sid