Rio de Janeiro - Viermal Gold, einmal Bronze. Simone Biles ist der Star der Spiele in Rio de Janeiro. Die Karriere der jungen Amerikanerin begann auf einem Briefkasten.
Alles begann auf einem kleinen Briefkasten im Garten der Großeltern. Immer und immer wieder kletterte die kleine Simone da hinauf, blickte kurz hinab und versuchte sich an ihren ersten Rückwärts-Salti. "Da hatte ich schon Angst", erinnert sie sich, "aber es hat sich ja gelohnt." In der Tat: Heute ist Simone Biles, 19, die beste Kunstturnerin der Welt.
Zehn WM-Titel und damit so viele wie keine Athletin zuvor hat die US-Amerikanerin in ihrem jungen Alter bereits gewonnen. Bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro verpasste Biles den angepeilten Turn-Rekord von fünf Goldmedaillen bei einer olympischen Ausgabe, aber dank der Siege mit dem Team, im Mehrkampf, am Sprung und am Boden jubelte sie sogar häufiger, als es Usain Bolt tun wird.
"Das ist verrückt."
"Das ist verrückt. Das ist eine unglaubliche Erfahrung", sagte Biles, die zudem am Schwebebalken Bronze holte: "Ich bin stolz auf mich. Dass es mit dem Rekord nicht klappte, ist kein Problem. Fünf Medaillen - wow!" In der Tat: wow! Auch ohne Rekord verzückt das gerade einmal 1,45 m große Kraftpaket die (Turn-)Welt.
"Was sie hier zeigte, war unglaublich", sagte die viermalige Weltmeisterin Nastia Liukin, die in Rio für den TV-Sender NBC als Expertin arbeitete. Peter Kormann, der für die USA bei den Spielen 1976 in Montreal Bronze gewann, ist sich sicher: "Sie ist wahrscheinlich die athletischste Turnerin der Geschichte."
Konkurrentinnen erstarren ehrfürchtig
Tatsächlich zeichnet sich Biles durch ihre extreme Sprungkraft aus. Die muskulösen Oberschenkel helfen ihr zudem dabei, auf dem nur zehn Zentimeter breiten Balken spektakuläre Salti und Drehungen zu turnen, die den meisten Menschen nicht einmal auf dem Boden gelingen würden. Ein Ende der Titeljagd ist nicht in Sicht - Biles ist jung, noch ein Teenager, und zudem ehrgeizig wie kaum eine andere. Das schüchtert die Konkurrenz ein.
"Niemand geht in den Wettkampf mit der Hoffnung, sie schlagen zu können", sagt Mannschaftskollegin Alexandra Raisman: "Man sprintet ja auch nicht gegen Usain Bolt und glaubt, dass man gegen ihn eine Chance hat." Am Dienstag setzte sich Biles noch einmal am Boden vor Raisman durch, sie lächelte und strahlte. Aber das war nicht immer so. Weil sich ihre alkoholabhängige Mutter nicht für sie und die drei Geschwister kümmern konnte, wurde Simone von den Großeltern adoptiert. Denen fehlte allerdings das Geld für eine teure Mitgliedschaft im Turnverein - der Briefkasten musste als Sprungbrett dienen. Er tat es. Im wahrsten Sinne des Wortes.
SID
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