Rekord mit Makel: Felix Sturm zum 5. Mal Box-Weltmeister

Felix Sturm feiert den WM-Titel im Supermittelgewicht.
 ©Roland Weihrauch

Oberhausen - Felix Sturm ist als erster deutscher Profiboxer zum fünften Mal Weltmeister geworden.

Die harten Vorwürfe auf der Pressekonferenz lauteten „Raub“ und „Todesstoß für den Boxsport“. Die „13. Runde“ in den Katakomben der König-Pilsener-Arena von Oberhausen war mindestens so energiegeladen wie die 12 Runden davor im Ring. Auf dem Weg zu seinem umstrittenen Rekord hatte der neue Weltmeister Felix Sturm ohne Unterlass die Fäuste fliegen lassen. Aber der entthronte Titelträger Fjodor Tschudinow war noch fleißiger - er hatte den Sieg eigentlich verdient.

Die Punktrichter errechneten jedoch ein 114:114, 115:113, 115:113 für den 37 Jahre alten Sturm, der als erster deutscher Profiboxer zum fünften Mal Weltmeister wurde. Die rund 9000 Zuschauer schienen wegen des Urteilsspruchs so perplex, dass sogar überbordender Jubel für den Lokalmatador ausblieb. „Das war vielleicht mein letzter Kampf“, sagte Sturm - offenbar nicht ganz ernst gemeint. 2,82 Millionen Zuschauer verfolgten das WM-Duell bei SAT.1 nach Angaben des Senders vom Sonntag; das entsprach einem Marktanteil von 12,5 Prozent.

Hinterher begann der Kampf mit Worten. Sturms völlig zerschundenes Gesicht schien der Beweis für die Tiraden der Russen. Der neue Weltmeister, der sich erst in den nächsten Tagen über die Fortsetzung seiner Karriere entscheiden will, versuchte abzuwiegeln. „Die Zukunft gehört Fjodor. Ich bin schon 37 - er ist noch jung. Respekt vor ihm, er ist ein starker Junge. Das war ein knapper Kampf“, sagte Sturm, das schwarze Basecap über den verpflasterten Augenbrauen tief ins Gesicht gezogen.

Der enttäuschte Tschudinow war in seiner Reaktion moderater als seine Entourage, die wutentbrannt einen Rückkampf in Moskau forderte. „Ich habe nicht verloren. Das Urteil war nicht fair“, sagte der 28 Jahre alte Russe, der bei der Pressekonferenz wieder die Kutte der gefürchteten russischen Rocker-Clique „Nachtwölfe“ trug. Im Ring hatte er sie kurz ablegen müssen. Ein enger Vertrauter legte sie ebenso wie die russische Fahne nie aus der Hand, die in jeder Rundenpause in der blauen Ecke direkt im Rücken Tschudinows wehte.

Der Kampf um den WBA-Gürtel im Supermittelgewicht war hochklassig. Sturm boxte besser und variabler als bei seiner ersten Punktniederlage gegen Tschudinow vor neun Monaten. Aber der entthronte Titelträger traf häufiger und blieb nie einen Schlag schuldig. Allerdings verteilte er auch einige Kopfstöße, wie Sturm hinterher monierte. Der gebürtige Bosnier hatte sich nach eigenem Empfinden „ein, zwei Runden vorne“ gesehen.

SAT.1-Experte Axel Schulz, der vorher öffentlich eine weitere Sturm-Niederlage prophezeit hatte, musste Abbitte leisten, enterte den Ring und zog zu Ehren Sturms seine obligatorische Kopfbedeckung mit dem Werbeslogan. Noch vor der Urteilsverkündung hatte er sich unten am Ring vom neuen Titelträger böse Worte anhören müssen.

Die sportliche Zukunft Sturms, der in seiner Box-Karriere seit 2001 schon viel mitgemacht hat und am Samstag seinen 23. WM-Kampf bestritt, ist ungewiss: „Ob's weitergeht, entscheide ich später. Jetzt muss ich erst mal runterkommen.“ Der von vielen herbeigesehnte Kampf gegen Arthur Abraham steht weiter im Raum. Die Verantwortlichen bei SAT.1, TV-Partner beider Boxer, reiben sich schon die Hände.

Aber der WBO-Weltmeister aus Berlin steht vorher am 9. April in Las Vegas gegen den Mexikaner Roberto Ramirez vor einer Herkulesaufgabe. Vielleicht kommt es ja doch zunächst zum Rückkampf in der Heimstatt der „Nachtwölfe“. Sturm, der zum Jubeln seinen sechsjährigen Sohn Mahir in den Ring hievte, ließ jedenfalls wissen: „Wenn ihr das nötige Geld bezahlen könnt, komme ich gerne.“

dpa

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