Nach zehn Gold-Medaillen in Tokio darf es in Paris durchaus etwas mehr sein für den DOSB. Wer reist als Gold-Hoffnung zu den Olympischen Spielen?
Paris – So mancher Olympia-Rekord wird bei den Olympischen Sommerspielen 2024 in Paris fallen. Einen Bestwert behält Tokio 2021 aber sicher für sich: Damals gab es 339 Medaillen-Entscheidungen. In der französischen Hauptstadt werden es zehn weniger sein, also werden 329 Olympia-Sieger gekürt.
Der Trend macht es für alle Nationen natürlich schwieriger, das Ergebnis aus Japan zu wiederholen. Das Team des DOSB hat sich allerdings noch Luft nach oben gelassen. Mit 37 Mal Edelmetall war es das schwächste Abschneiden seit der Wiedervereinigung, die Bundesrepublik Deutschland hatte zuletzt 1968 in Mexiko-Stadt mit 26 Medaillen weniger Podestplätze errungen – allerdings gab es damals auch nur 172 Wettbewerbe.
Deutschland bei Olympia 2024: Werden die zehn Gold-Medaillen aus Tokio übertrumpft?
Auch die zehn deutschen Gold-Medaillen von Tokio waren der schlechteste Wert seit den Spielen in Mexiko. Dabei hatte Deutschland nach den USA, Japan und Australien vor drei Jahren mit 434 Athletinnen und Athleten das viertgrößte Aufgebot an den Start gebracht.
Als Olympia-Sieger in Einzelwettbewerben kehrten Tennis-Star Alexander Zverev, Weitspringerin Malaika Mihambo, Schwimmer Florian Wellbrock, Freistil-Ringerin Aline Rotter-Focken, Kanutin Ricarda Funk, Vielseitigkeitsreiterin Julia Krajewski und Dressurreiterin Jessica von Bredlow-Werndl zurück. Hinzu kamen drei Team-Erfolge: Max Lemke, Tim Liebscher, Ronald Rauhe und Max Rendschmidt im Vierer-Kajak, Franziska Brauße, Lisa Klein, Mieke Kröger, Lisa Brennauer und Ersatzfrau Charlotte Becker in der Bahnrad-Mannschaftsverfolgung sowie die also doppelt erfolgreiche von Bredlow-Werndl, Dorothee Schneider und Isabell Werth als Dressurreit-Equipe.
Einige von ihnen werden zwischen dem 26. Juli und dem 11. August einen erneuten Anlauf nehmen und ihren Triumph wiederholen wollen. Aber welche deutschen Athleten reisen als Gold-Hoffnungen des DOSB nach Paris?
Malaika Mihambo (Weitsprung)
Bei den Leichtathletik-Europameisterschaften in Rom ersprang Mihambo mit 7,22 Metern die einzige deutsche Gold-Medaille. Es war zugleich die Weltjahresbestleistung. Allerdings wird sich zeigen müssen, wie die 30-Jährige ihre Corona-Infektion überstanden hat, wegen der sie die Deutschen Meisterschaften verpasste.
Julian Weber (Speerwurf)
Bis zum letzten Durchgang führte Weber bei den kontinentalen Titelkämpfen die Konkurrenz an, letztlich wurde er mit 85,94 Meter Zweiter. Dennoch sind auch die Weiten vom tschechischen Champion Jakub Vadlejch von über 88 Meter für den 29-Jährigen an guten Tagen in Reichweite.
Leo Neugebauer (Zehnkampf)
Während Niklas Kaul als Vierter eine EM-Medaille knapp verpasste, ließ der in Rom durch Abwesenheit glänzende Neugebauer wenige Tage zuvor mit einer Weltjahresbestleistung von 8961 Punkten bei den College-Meisterschaften in den USA aufhorchen. Zum Vergleich: Dem Esten Johannes Erm reichten 197 Punkte weniger zum EM-Gold.
Angelina Köhler (100 Meter Schmetterling)
Als Weltmeisterin macht sich Köhler auf den Weg nach Paris. Im Februar in Doha legte sie die Distanz in 56,28 Sekunden zurück. Die Konkurrenz ist aber auch in Topform: Im Juni schwamm Gretchen Walsh bei den US-Trials in 55,18 Sekunden einen neuen Weltrekord.
Lukas Märtens (400 Meter Freistil)
Bei den Deutschen Meisterschaften im April ließ Märtens über seine Parade-Distanz aufhorchen und schlug nach 3:40,33 Minuten an. Nur Rekordhalter Paul Biedermann (3:40,07) und Ian Thorpe (3:40,08), zweimaliger Olympiasieger über die Strecke, waren jemals schneller.
Florian Wellbrock (10 Kilometer Freiwasser)
Mit seinem WM-Sieg in Fukuoka 2023 über die Gold-Strecke von Tokio schien Wellbrock seine Favoritenstellung für Paris zu untermauern. Doch in Doha 2024 enttäuschte er als 29. völlig. Bleibt die Frage: War das nur ein Ausrutscher?
Jessica von Bredlow-Werndl (Dressur)
Die Doppel-Olympiasiegerin von Tokio eilt mit TSF Dalera BB weiter von Erfolg zu Erfolg. Offenbar kann sich das eingespielte Gespann aus Reiterin und Trakehner-Stute in Paris nur selbst schlagen. Im Juni gewannen sie bei den Deutschen Meisterschaften im Grand Prix Special und in der Kür, gleiches gelang ihnen 2023 bereits bei den Europameisterschaften.
Alexander Zverev (Tennis)
Tut es Zverev seinem Vorgänger Andy Murray gleich und wiederholt seinen Olympia-Triumph? Den Austragungsort hat er immerhin in guter Erinnerung. Bei den French Open 2024 stoppte ihn erst Carlos Alcaraz im Endspiel nach hart umkämpfen fünf Sätzen. Top-Favorit ist er zwar nicht, aber das war in Tokio nicht anders.
Oliver Zeidler (Ruder-Einer)
Mehr Favoritenrolle geht kaum. Zeidler sicherte sich als Einzelkämpfer nach den WM-Titeln 2019, 2022 und 2023 zuletzt auch EM-Gold in Szeged. Und das mit über einer Bootslänge Vorsprung. Tokio dürfte ihm jedoch eine Warnung gewesen sein: Dort verpasste er das A-Finale und wurde nur Siebter.
Doreen Vennekamp (Sportpistole 25 Meter)
Nach zweimal Bronze sicherte sich Vennekamp 2023 in Baku ihren ersten WM-Titel im Einzel in ihrer Parade-Disziplin. Gold räumte sie auch ein Jahr zuvor bei den Europameisterschaften in Breslau ab. Die 29-Jährige reist zudem als Welt-Sportschützin des Jahres 2023 nach Paris.
Lea Sophie Friedrich, Emma Hinze, Pauline Grabosch (Bahnrad-Teamsprint)
Im Teamsprint führt seit Jahren kein Weg an den drei Frauen mit den schnellen Beinen vorbei. Seit 2020 gewannen sie zusammen jedes Jahr den WM-Titel, Grabosch triumphierte auch schon 2018 mit gerade einmal 20 Jahren. Vor allem Friedrich wird auch im Sprint und im Keirin viel zugetraut.
Michelle Kroppen, Charline Schwarz, Katharina Bauer (Bogenschießen)
Das Trio tritt als Team-Weltmeister in Paris an. Vor dem Triumph vor einem Jahr in Berlin hatten die Bogenschützinnen schon bei den Europameisterschaften 2022 in München Gold geholt. Bauer bewies auch bei den kontinentalen Titelkämpfen im Mai in Essen Topform: Mit Schwarz und Elisa Tartler holte sie Bronze, die Einzelkonkurrenz gewann sie ebenso wie im Mixed-Doppel mit Florian Unruh.
Peter Kretschmer, Tim Hecker (Zweier-Canadier 500 Meter)
Weltmeister ist das Duo seit den Titelkämpfen 2023 in Duisburg. Dennoch mussten sie infolge einer Erkrankung von Hecker im Frühjahr etwas länger um ihr Paris-Ticket zittern. In Deutschland ließen sie die Mitbewerber hinter sich, nun stellt sich die Frage, ob das erneut auch gegen die internationale Konkurrenz gelingt.
Max Rendschmidt, Max Lemke, Jacob Schopf, Tom Liebscher-Lucz (Vierer-Kajak 500 Meter)
Bis auf Schopf kennen alle aus dem Quartett bereits das Gefühl, olympisches Gold um den Hals gehängt zu bekommen. Auch diesmal stehen die Vorzeichen gut, immerhin gewann diese Besetzung den WM-Titel 2023 und präsentierte sich auch im Olympia-Jahr in guter Verfassung. (mg)