Saint-Etienne - Der kroatische Fußball-Verband HNS hat der UEFA und den französischen Sicherheitskräften eine Mitschuld an den Fan-Krawallen beim EM-Spiel gegen Tschechien am Freitag in Saint-Etienne gegeben.
"In der Vorbereitung auf die Partie hat der Verband alles getan, um Zwischenfälle zu vermeiden - zu diesem Zweck wurden die UEFA und Polizei vor Hooligans gewarnt", teilten die Kroaten am Samstag mit.
Bei der Pressekonferenz der Kroaten am Samstagnachmittag gingen die beiden Sicherheits-Exeperten des Verbands, Kresimir Antolic und Miroslav Markovic, sogar ins Detail. Sie machten die Hooligans des Traditionsklubs Hajduk Spilt für die Ausschreitungen verantwortlich.
"Wir hatten unsere Quellen. Wir wussten, was passieren kann. Wir haben die Polizei und alle relevanten Stellen darüber informiert", sagte Markovic: "In der Pause haben wir dann sogar die Information bekommen, dass es exakt in der 85. Minute losgehen soll. Entweder mit Pyrotechnik oder einem Platzsturm. Deshalb sind ja auch nach 80 Minuten die Sicherheitskräfte unterhalb der Tribüne aufmarschiert."
Der Präfekt des Départements Loire hat derweil die Europäische Fußball-Union (UEFA) heftig angegriffen. In der L'Equipe pestete Evence Richard angesichts der Vorfälle in St. Etienne: "Die UEFA ist für die Sicherheit in den Stadien zuständig. Es haben 150 bis 200 Ordnungskräfte gefehlt. Die Eingangstore wurden mit 30 Minuten Verspätung geöffnet. Ein Zugang blieb die ganze Zeit verschlossen. 2000 bis 3000 Fans haben ihren Platz erst nach Anpfiff erreicht."
Schwache Kontrollen bei EM 2016: Bedenken vor Partie Kroatien gegen Spanien
Die offensichtlich laxen Kontrollen lassen die Behörden schon Schlimmes für das Spiel Kroatien - Spanien am Dienstag in Bordeaux befürchten. Auf einer Facebook-Seite der kroatischen Ultras wurden schon ein Stadionplan von Bordeaux mit ihren Plätzen und den besten Vorschlägen für das Reinschmuggeln von Feuerwerkskörper verbreitet.
Laut den beiden Fachleuten waren ungefähr 100 Krawallmacher nach Saint-Étienne gekommen. "Wir haben die Szenen analysiert. Die Leute waren zwischen 18 und 25 Jahren alt. Sie kämpfen gegen die legitime Führung des Verbands - mit Elementen des Terrorismus. Das war ein Angriff auf Kroatien", äußerte Antolic. Und Markovic ergänzte: "Die Namen der Hooligans sind offenbar bekannt. Sie kommen aus der Szene von Hajduk Split. Die Polizei arbeitet daran, sie ausfindig zu machen."
Weil kroatische Fans Feuerwerkskörper auf das Spielfeld geworfen haben, musste das Spiel in Saint-Etienne in der 86. Minute für vier Minuten unterbrochen werden. Zudem kam es zu Prügeleien unter kroatischen Anhängern auf der Tribüne. Die UEFA verurteilte die Krawalle, die Disziplinarkommission eröffnete ein Verfahren. Den Kroaten droht eine empfindliche Strafe.
Um ähnliche Vorkommnisse beim letzten Gruppenspiel gegen Spanien am Dienstag (21.00 Uhr/ARD) in Bordeaux schon im Vorfeld zu verhindern, kündigte Kroatiens Außenminister Miro Kovac Gespräche mit seinem französischen Amtskollegen Jean-Marc Ayrault an. "Ich vertraue auf die Effektivität der französischen Behörden und auf ihre Kooperation mit der kroatischen Polizei", sagte Kovac.
Trainer Ante Cacic betonte am Samstag, dass die Krawallmacher dem Image des ganzen Landes geschadet hätten. "Das ist immer noch ein Schock. Wir senden ein hässliches Bild in die Welt. Aber das ist nicht Kroatien", sagte der Coach, der gleichzeitig die Sicherheitsvorkehrungen hinterfragte: "Es sollte nicht passieren, dass angesichts der angespannten Sicherheitslage rund um die EM so viele Menschen mit Pyrotechnik ins Stadion kommen." Alle Entwicklungen bei der EM 2016 finden Sie in unserem Live-Ticker vom Sonntag.
sid