Bremen – Am Montag ist Clemens Fritz 40 Jahre alt geworden – ein runder Geburtstag war's mit einem runden Familienerlebnis mit Ehefrau, Tochter und Eltern. „Ich hatte mir freigenommen, es war sehr entspannt“, sagt der Leiter Profi-Fußball von Werder Bremen und lacht, „man isst ja fast den ganzen Tag“.
Doch zurück im Job ist es gleich wieder vorbei mit der Entspannung. Werder Bremen hat seit sieben Spielen nicht mehr gewonnen, die Erinnerung an die vergangene Saison zieht bei vielen wie ein dunkler Nebel auf. Aber nicht bei Clemens Fritz. Ihn bringt das Thema vielmehr auf die Palme. „Immer dieser Rückblick! Ich kann es nicht mehr hören“, schimpft der Ex-Profi. Die gute Geburtstagslaune – sie ist in einer Medienrunde am Mittwoch schnell dahin? Ausgepustet, wie die 40 Kerzen.
Dass Fritz sich nicht mit der jüngeren Vergangenheit beschäftigen will, ist freilich nachvollziehbar. Sie liefert schlicht viel zu viele schlechte Omen, als dass sie Werder als Mutmacher dienen könnte. 10, 11 und 12 - das waren die Zahlen für absolvierte Spiele, geholte Punkte und Tabellenplatz, die vor etwas mehr als einem Jahr der Ausgangspunkt für eine der gefährlichsten sportlichen Krisen in der Bremer Vereinsgeschichte waren. 10, 11 und 13 sind es diesmal. Zehn Spiele, elf Punkte, Rang 13 – die Parameter der Gegenwart. Und Fritz registriert mit einigem Verdruss, dass die Öffentlichkeit ziemlich aufmerksam auf diese Parallelen schaut. Er macht es nicht. Und auch sonst niemand im Führungszirkel des SV Werder Bremen. Jedenfalls behauptet Fritz das: „Intern schauen wir nicht immer auf die letzte Saison. Was bringt es uns denn? Das zieht uns nur runter.“
Werder Bremen: Wieder Abstiegskampf? Clemens Fritz will nach vorne, nicht zurück schauen
Einerseits eine nachvollziehbare Haltung. Andererseits hat Trainer Florian Kohfeldt nach dem 1:2 gegen den VfB Stuttgart die in der Vorsaison gemachten Erfahrungen genutzt, um alle – vor allem seine Spieler – für die aktuelle Situation zu sensibilisieren. „Es kann ganz schnell gehen, das haben wir letztes Jahr gemerkt“, hatte der Coach gesagt und damit den Weg in den Tabellenkeller gemeint.
Dennoch: Clemens Fritz mag nicht mehr nach hinten schauen, „wir wollen auch nach vorne blicken“. Auf die nächsten Aufgaben gegen RB Leipzig am Samstag, Borussia Dortmund am Dienstag und Mainz 05 am 19. Dezember. Es werden Spiele, in denen Werder Bremen – sorry, dieser Vergleich muss noch sein – einen ähnlichen vorweihnachtlichen Absturz wie im vergangenen Jahr verhindern muss. Wie? Ohne Augenwischerei, dafür mit viel Maloche gegen starke Gegner, so Fritz: „Wir müssen auf dem Platz die Basics erfüllen. Uns hat zuletzt in den entscheidenden Momenten die Konsequenz gefehlt. Beim 1:1 in München hatten wir diese Konsquenz über 95 Minuten – da hat man gesehen, was man braucht, um erfolgreich Fußball zu spielen.“ Die Leistungen gegen den VfL Wolfsburg (3:5) und zuletzt Stuttgart motivierten dagegen eher zu alarmierenden Tönen. Kohfeldt hatte es getan, nun auch Fritz: „Wir sollten nicht damit anfangen zu sagen: Wir haben zu viel Qualität für den Abstiegskampf. Das Entscheidende ist, dass man sich nie auf seine Qualität verlassen sollte. Um die Qualität auf den Platz zu bringen, musst du erstmal die Grundlagen erfüllen.“
Werder Bremen: „Abstiegskampf – das wird immer von außen hereingetragen“
Es ist der nächste Appell an ein Team, das bis zu den beiden Niederlagen noch so hoffnungsfroh und von Optimismus getragen unterwegs war. Die aktuellen Aussagen möchte Fritz deshalb auch nicht als Generalkritik verstanden wissen, eher als „kleinen Anstoß: Den braucht doch jeder Mensch mal.“ Grundsätzlich spüre er in der Mannschaft die Unzufriedenheit über die jüngste Entwicklung, aber auch „die Energie, das wieder ändern zu wollen“.
Dass im Umfeld des Clubs allerdings schon wieder von der Rückkehr des Abstiegskampfs die Rede ist, lässt bei Fritz erneut Puls und Wutpegel steigen. Seine Meinung: „Abstiegskampf – das wird immer von außen hereingetragen. Wir wissen, dass es in dieser Saison Höhen und Tiefen geben wird, wir sind aber trotzdem überzeugt von unserer Mannschaft. Wir müssen nur aufpassen, dass die Tiefen nicht zu tief werden. Abstiegskampf – das ist schnell dahingesagt. Das bringt vielleicht eine Schlagzeile, hilft uns aber nicht weiter.“ (csa) Auch interessant: So seht Ihr das Bundesliga-Spiel von Werder Bremen gegen RB Leipzig live im TV und im Live-Stream.