Bremen – Lange war das Thema aus der Öffentlichkeit verschwunden, doch nun, fünf Wochen vor dem Start in die Saison 2021/22, holt es den SV Werder Bremen mit Wucht wieder ein. Es geht um die zusätzlichen Polizeikosten, die während sogenannter Hochrisikospiele entstehen und die das Land Bremen der Deutschen Fußball-Liga (DFL) und damit letztlich Werder in Rechnung stellt. Nach dem Abstieg in die 2. Bundesliga kommen gleich vier solcher Spiele auf die Bremer zu, sodass dem ohnehin wirtschaftlich stark angeschlagenen Verein zusätzliche Kosten drohen – immer vorausgesetzt natürlich, dass demnächst wieder vor Zuschauern gespielt werden kann.
Noch ist die Entscheidung darüber, ob und wann und in welcher Anzahl die Fans in die Stadien der 1. und 2. Bundesliga zurückkehren dürfen, seitens der Politik nicht gefallen. Infektionsgeschehen und Impffortschritt weisen aber klar darauf hin, dass es in Deutschlands Profiligen bald so laufen dürfte wie aktuell während der Europameisterschaft, wo die Ränge während der Spiele gut bis sehr gut besetzt sind. Werder Bremen wünscht sich aktuell nichts sehnlicher als die Rückkehr seiner Fans – einerseits, klar, aus atmosphärischen Gründen, andererseits aber auch, und das sogar noch etwas mehr, unter finanziellen Gesichtspunkten. Ohne Zuschauereinnahmen lässt sich das große Loch, das die Corona-Pandemie in die Vereinskasse gerissen hat, nicht dauerhaft schließen. Und trotzdem hat die große Hoffnung auf baldige Spiele vor Publikum nun einen Dämpfer bekommen.
Hochrisikospiele in der 2. Bundesliga: Der Polizeikostenstreit geht für Werder Bremen in die nächste Runde
Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) hat nämlich seinen Standpunkt in Sachen Polizeikosten öffentlich erneuern lassen. Via „Bild“-Zeitung richtete seine Sprecherin Rose Gerdts-Schiffler am Freitag aus: „Nach einem jahrelangen Rechtsstreit mit der DFL hat uns das Bundesverwaltungsgericht im März 2019 recht gegeben, die zusätzlichen Kosten dem eigentlichen Veranstalter in Rechnung stellen zu können. Dies wird selbstverständlich auch weiterhin so gehandhabt.“ Schließlich sei die DFL „nicht nur der eigentliche Veranstalter der Begegnungen, sondern auch ein Unternehmen, das Milliardenumsätze macht. Insofern ist es nur recht und billig, dass die DFL für die Zusatzkosten bei Hochrisikospielen aufkommt.“
Das Problem für Werder Bremen: Am Ende landen die Rechnungen am Osterdeich, weil die DFL sie an den Verein weiterreicht. „Bislang wurden fünf Kostenrechnungen in Höhe von insgesamt 1,5 Millionen Euro an die DFL gestellt“, erklärt Nesrin Kök-Evcil aus dem Pressereferat des Innenressorts auf Nachfrage der DeichStube. Zwei weitere Bescheide stünden noch aus. Insgesamt sind es seit dem Jahr 2015 also sieben Spiele, für das Land Bremen die DFL zur Kasse bittet. In Rechnung stellt das Bundesland dabei die Summe, die über die Kosten für einen normalen Polizeieinsatz (pro Zweitliga-Spiel sind das etwa 125.000 Euro) hinausgeht, weil bei Hochrisikospielen beispielsweise mehr Beamte im Einsatz sind, die zum Teil aus anderen Bundesländern angefordert werden müssen. Seit dem Abstieg des Hamburger SV in der Saison 2017/18 hat es in Bremen kein Hochrisikospiel mehr gegeben. Während der Pandemie und den damit verbundenen Geisterspielen war das Thema in den Hintergrund gerückt. Jetzt ist es wieder brandaktuell.
Werder Bremen und der Polizeikostenstreit: HSV, Hannover 96 und Co. - das sind die Hochrisikospiele in Liga zwei
„In der kommenden Fußballsaison rechnet die Polizei Bremen allein mit vier Hochrisikospielen (Hamburger SV, Hannover 96, Dynamo Dresden, Hansa Rostock) und sechs Risikospielen (FC Schalke 04, Karlsruher SC, Fortuna Düsseldorf, 1. FC Nürnberg, Erzgebirge Aue, Holstein Kiel)“, teilt Kök-Evcil mit. Das sind deutlich mehr Partien dieser Art in einer Saison, als es sie in Bremen in Vor-Corona-Zeiten gegeben hatte. „Die Fanszene in der 2. Bundesliga wird von Fachleuten als sehr reisefreudig eingeschätzt, sodass wir jeweils von vielen mitreisenden Fans ausgehen müssen.“ Das könnte ein realistisches Szenario sein. Und trotzdem hat der öffentliche Vorstoß der Politik bei Werder Bremen für Verwunderung und Missmut gesorgt. Im Verein war bisher niemand über die Behörden-Einschätzungen informiert gewesen. Öffentlich zum Thema Polizeikosten äußern wollten sich die Club-Offiziellen am Freitag nicht. Erst in der kommenden Wochen möchte Werder Stellung beziehen. (dco)
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