Natürlich war es am Mittwochabend eine klare Fehlentscheidung durch den VAR, den Treffer von Josh Sargent wieder abzuerkennen. Aber: Meiner Meinung nach versteift sich Werder Bremen viel zu sehr darauf und vergisst, dass es gegen Mainz eine sehr überschaubare Leistung gebracht hat.
Werder Bremen befindet sich jetzt vier Runden vor dem Saisonende nicht nur in größerer Gefahr, sondern eigentlich müssten rund um die Weser sämtliche Alarmglocken schrillen. Angesichts des schweren Restprogramms mit drei Anwärtern auf einen internationalen Startplatz und einem unmittelbaren Abstiegsrivalen habe ich kein gutes Gefühl. Die Bundesliga-Ampel hat von grün längst auf gelb geschaltet - und hoffentlich kommt nicht nach der letzten Runde rot: Game over. Als langjähriger Profi und lebenslanger Fan dieses einzigartigen Vereins tut mir die Entwicklung sehr weh. Werder Bremen ist seit der 24. Runde, als man noch ein riesiges Polster zu den Abstiegsplätzen hatte, in einen Strudel hineingeraten. Leider in keinen Apfelstrudel aus Österreich, der überall gerne gegessen wird, sondern in einen negativen Strudel, der allen Freunden von Werder Kopfschmerzen bereitet und auf den Magen schlägt.
Für Werder Bremen hat es in der Bundesliga noch nie sechs Niederlagen in Folge gegeben
Auf eine Rettung in letzter Sekunde wie im Vorjahr darf sich niemand verlassen, denn der Rettungsanker war ja eigentlich schon Mainz und der ist über Bord gegangen, ohne Wirkung zu erzielen. Sechs Niederlagen in Folge hat es für Werder Bremen in der Bundesliga noch nie gegeben – das ist ein ganz deutliches Indiz für den Ernst der Situation. Was jetzt noch hilft? Ich habe schon im Vorjahr gesagt, dass ich im Kader keine Typen und Persönlichkeiten sehe, die Verantwortung übernehmen, mit viel Herzblut vorangehen und damit die anderen mitreißen. Ich traue es Trainer Florian Kohfeldt zu, dass er auch in dieser brisanten Lage Ruhe bewahrt. Die Mannschaft muss sich aber selbst mental bereit machen für vier Finalspiele, in denen die Zukunft von Werder auf dem Spiel steht.
Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass da auch Panik entstehen kann und Trainer oft zu ungewöhnlichen Maßnahmen greifen, um die Spieler aus der Komfortzone zu bekommen. Ich denke, es würde in Zeiten der Pandemie aber nicht wirklich Sinn machen, Kurztrainingslager, Mannschaftsabende oder Teambuildings zu veranstalten. Dass Hertha durch einige Covid-Fälle eine Reihe von Nachholspielen bestreiten muss, sehe ich zwiespältig. Natürlich wird der Wettbewerb dadurch verzerrt und man sagt immer, der Gejagte hat es schwerer als der Jäger. Hertha muss jedoch im Finish alle paar Tage spielen und man wird sehen, ob sich das gerade am Ende der Saison nicht rächt.
Sebastian Prödl: Will mir nicht vorstellen, dass Werder Bremen als Zweitligist in die Europa League startet
Bei aller Euphorie über ein mögliches Pokalfinale in Berlin muss der Klassenerhalt in der Liga im Vordergrund stehen. Und dass ein Pokalsieger Werder Bremen in der neuen Saison als Zweitligist in der Europa League startet, will ich mir gar nicht erst vorstellen. Ich kann mich noch sehr gut an die fantastische Aktion der Werder-Fans vor Jahren erinnern, wie sie als grün-weiße Wand hinter der Mannschaft gestanden sind und ein Scheitern im Abstiegskampf gar keine Option gewesen ist. Darauf müssen heute die Spieler durch Corona leider verzichten. Aber sie müssen zumindest einen spirituellen Schulterschluss mit allen eingehen, denen Werder am Herzen liegt. Ich will den Teufel noch nicht an die Wand malen, aber es wäre katastrophal, wenn Werder in die tragischen Fußstapfen von Schalke treten würde. Und ich hoffe sehr, dass es in der Mannschaft einige Spieler gibt, die dieses Abstiegsloch mit jeder Faser ihres Herzens als Helden verlassen wollen.
(Auch interessant: So könnte die Startelf-Aufstellung von Werder Bremen gegen Union Berlin aussehen! Und: Verfolgt das Bundesliga-Spiel Werder Bremen gegen Union Berlin im Live-Ticker der DeichStube!)