„Der Gesamtumsatz wird einbrechen“: Werder-Sportchef Frank Baumann über den Transfermarkt

Frank Baumann, Sportchef des SV Werder Bremen ist sich sicher: Der Umsatz auf dem Transfermarkt wird wegen der Coronavirus-Krise einbrechen. 
 ©gumzmedia

Bremen – Bei Werder Bremen wird in diesen Tagen viel gerechnet. Man könnte auch sagen: Der Verein dreht gerade jeden Stein um, um zu schauen, wo sich eventuell Kosten einsparen lassen – mit dem Ziel, die durch die Coronavirus-Krise ausgelöste große finanzielle Belastung zumindest ein bisschen abzufedern.

„Wir sind durch alle Kostenstellen gegangen und haben alle möglichen Einsparungen gesammelt, die wir kurzfristig tätigen können“, sagte Frank Baumann, Sportchef des SV Werder Bremen, am Sonntag in der Sky-Sendung „Wontorra – allein zu Hause“.

Darüber hinaus habe der Verein einen Investitionsstopp für alle Abteilungen verhängt, erklärte Frank Baumann. Intern herrsche am Osterdeich trotz oder gerade wegen der Krise große Solidarität. „Uns hilft natürlich, dass sich sowohl das Trainerteam als auch die Spieler und die Geschäftsführung bereit erklärt haben, auf Teile des Gehalts zu verzichten“, betonte der Ex-Profi. Und weiter: „Es gibt sogar U15-Spieler, die auf ihr Fahrtgeld verzichten, das ihnen zustehen würde.“ Sparen als Gebot der Stunde, das geht nicht nur Werder Bremen so, sondern den meisten Vereinen. Und Baumann rechnet nicht damit, dass sich daran so schnell etwas ändern wird. Im Gegenteil: „Ich glaube zwar nicht, dass das grundsätzliche System im Fußball zusammenbrechen wird. Was sich aber definitiv verändern wird, sind die Summen auf dem Transfermarkt.“

Werder Bremen-Sportchef Frank Baumann: Summen auf Transfermarkt werden sich wegen Coronavirus verändern 

In den vergangenen zehn Jahren habe die Branche ständig stark steigende Erlöse verbucht. „Somit gab es die Situation auf dem Transfermarkt, dass kaum ein Club gezwungen war, einen Spieler unbedingt verkaufen zu müssen. Zudem war sehr, sehr viel Geld im Umlauf, was wiederum zur Folge hatte, dass das Angebot an guten Spielern extrem knapp war und dass sich Vereine genötigt sahen, Spieler häufig überteuert einzukaufen“, schilderte Frank Baumann. Wegen der Coronavirus-Krise sieht es aktuell stark danach aus, dass sich die Erlöse der Branche deutlich reduzieren werden, was für Baumann direkte Auswirkungen auf den Transfermarkt hat.

„Ich bin absolut davon überzeugt, dass die Umsätze auf dem Transfermarkt in diesem Sommer zurückgehen werden. Die Anzahl der Transfers wird sich gar nicht so sehr verändern, glaube ich. Aber der Gesamtumsatz wird definitiv einbrechen“, sagte der 44-Jährige, dessen Verein sich unter anderem auf dieses Szenario vorbereitet. „Viele Schnäppchenjäger werden unterwegs sein. Der Begriff Schnäppchen ist dabei aber sehr relativ. Es kann zum Beispiel ein Schnäppchen sein, dass man nicht mehr 100 Millionen für einen Spieler zahlt, sondern vielleicht nur noch 40 Millionen. Auf einer anderen Ebene ist es vielleicht so, dass man keine drei Millionen an Ablöse mehr zahlen muss, sondern den Spielern vielleicht ablösefrei bekommt“, rechnete Frank Baumann vor. Immer vorausgesetzt natürlich, die Saison kann irgendwann und irgendwie zu Ende gespielt werden. Wenn nicht, weiß ohnehin niemand so genau, was kommt.

Saisonabbruch wegen Coronavirus für Werder Bremen keine Option

Auf die Frage von Moderator Jörg Wontorra, ob ein Saison-Abbruch, wie es ihn gerade in Belgien gegeben hat, nicht auch für die Bundesliga und den SV Werder Bremen eine Option sei, sagte Frank Baumann: „Nein, überhaupt nicht. Das ist nicht unser Weg. Wir werden die Entwicklung weiter abwarten und wollen die Saison ganz klar möglichst bis zum 30. Juni zu Ende spielen. Deswegen würde ich ausschließen, dass wir in den nächsten Wochen so eine weitreichende Entscheidung treffen werden.“ (dco)

Letzte Meldung vom 24. März 2020:

Werder Bremen-Transfers in Coronavirus-Krise: Sportchef Frank Baumann und Co. bleiben dran

Frank Baumann, Sportchef von Werder Bremen, gehört zu den Managern in der Branche, die bei Neuverpflichtungen gerne früh dran sind, um der Konkurrenz ein Schnippchen zu schlagen. Doch in der Coronavirus-Krise ist alles anders – und auf dem Transfermarkt vor allem eines gefragt: Geduld.

Das gilt auch für die Spieler desSV Werder Bremen mit auslaufenden Verträgen. Baumann beschreibt, wie schwierig es gerade ist, die Zukunft zu planen und womit er auf dem Transfermarkt demnächst rechnet. 

„Wir befinden uns in einer Situation, die die Welt noch nicht erlebt hat, da müssen wir uns umstellen und lieb gewonnene Gewohnheiten in den nächsten Wochen und Monaten hintanstellen“, sagt Frank Baumann. Er rechnet nicht damit, dass im April wieder Fußball gespielt wird. Vielleicht im Mai, möglicherweise erst im Juni – oder sogar noch später. Dabei denkt er auch nur an Geisterspiele – also Partien ohne Zuschauer. Denn die Gesundheit der Menschen stehe über allem.

Werder Bremen in der Coronavirus-Krise: „Die Kaderplanung liegt nicht auf Eis“

„Trotzdem müssen wir versuchen, den Betrieb bei Werder Bremen aufrecht zu erhalten“, sagt Baumann. Deshalb arbeitet der Sportchef nicht nur an der Gegenwart, sondern auch an der Zukunft – und hat dabei auch die Mannschaft im Blick. „Die Kaderplanung liegt jetzt nicht komplett auf Eis“, betont der Sportchef. Die Scouts würden von zuhause aus arbeiten, sich mit Videos und erfassten Daten über mögliche Neuzugänge informieren. Es gibt auch weiterhin Kontakt zu den Beratern, so Baumann: „Wir sind im Austausch. Aber der eine oder andere hält sich aktuell auch zurück, weil wir Clubs uns mit anderen Dingen beschäftigen müssen.“

Das große Problem, so Baumann: „Wir wissen noch nicht, welche finanziellen Möglichkeiten wir für die Zukunft haben, welche Auswirkungen die Corona-Krise tatsächlich auf den Transfermarkt hat. Man muss aber kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass sich die Gehälter und die Ablösesummen der Spieler reduzieren werden.“

Werder Bremen: Bei Abstieg würde die Kaufverpflichtung von Ömer Toprak nicht gelten

Ob das nun gut oder schlecht für Werder Bremen ist, lässt sich schwierig beurteilen. Da wäre zum Beispiel der Fall Milot Rashica: Eine Idee war es, den umworbenen Stürmer im Sommer für viel Geld zu verkaufen, um damit zum Beispiel die Kaufverpflichtungen für Ömer Toprak und Leonardo Bittencourt zu finanzieren und sich Spielraum für weitere Transfers zu schaffen. Aber ist nun noch ein Club in der Lage die erhofften über 30 Millionen Euro Ablöse für Rashica zu bezahlen? „Gute Spieler haben immer einen Markt“, sagt Baumann.

Und andersherum: Bei künftigen Transfers könnte Werder selbst von niedrigeren Ablösen profitieren. Falls Spielerkäufe in der angespannten Situation überhaupt eine Option sind. Alles hängt natürlich davon ab, ob die Saison beendet wird, Werder die Klasse hält oder nicht. Bei einem Abstieg würden die Karten ohnehin ganz neu gemischt, weil dann die Kaufverpflichtungen nicht mehr gelten würden. Dann dürften auch einige Leistungsträger das Weite suchen, weil sie erstklassig bleiben wollen.

Werder Bremen: Bei Nuri Sahin und Fin Bartels deutet vieles auf eine Trennung hin

Bei anderen Spielern deutet schon jetzt vieles auf eine Trennung hin: Nuri Sahin, Sebastian Langkamp und Fin Bartels. Deren Verträge laufen am 30. Juni aus. „Die Spieler müssen sich leider gedulden, bis wir in die Gespräche gehen können“, sagt Baumann. Wenn überhaupt dürften den drei Spielern nur Angebote mit erheblichen Gehaltseinbußen vorgelegt werden, sie könnten die ersten Profis sein, die vertraglich die Auswirkungen der Coronavirus-Krise zu spüren bekommen. Immerhin: Sahin, Bartels und Langkamp sind allesamt schon über 30 Jahre alt, also lange genug im Geschäft, um finanziell abgesichert zu sein. Für jüngere Spieler ist die Situation eine andere.

Felix Agu hatte da Glück. Der 20-Jährige machte seinen Wechsel vom Zweitligisten VfL Osnabrück zum SV Werder Bremen schon Anfang des Jahres perfekt – und dürfte noch einen „alten“ Vertrag bekommen haben. Und wer weiß, vielleicht hat Baumann auch schon weitere Spieler dingfest gemacht und es bislang noch geheim gehalten. Zuzutrauen wäre es ihm in jedem Fall. (kni)

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