Trauer um Meat Loaf: Die gewaltige Stimme des Rock ist verstummt

Meat Loaf nannte seine Songs „Mini-Theaterstücke“. Und so interpretierte er sie auch.
 ©Jörg Koch

Meat Loaf begeisterte mit seiner beeindruckenden Stimme, exzessiven Konzerten, seinem Hit „I’d do anything for Love“ und Filmauftritten über Jahrzehnte hinweg seine Fans. Nun ist der Sänger und Schauspieler mit 74 Jahren gestorben. Unser Nachruf:

Ein Hüne mit einer vier Oktaven umspannenden Stimme, so wird Marvin Lee Aday Ende der Siebzigerjahre berühmt. Kurz darauf ist seine Stimme weg, sein Geld auch und sein Leben wegen ausdauernder Sauftouren in ernster Gefahr. Aber Meat Loaf, also „Hackbraten“, wie er seit der Schulzeit genannt wird, gibt nicht auf. Dass er sich damals wieder zurückkämpft ins Leben und die Hitparaden, das ist an sich sein größter Triumph. Der britische Schauspieler Stephen Fry hat die einzigartige Qualität von Meat Loaf so gut beschrieben wie sonst niemand: Er sei gleichzeitig Furcht einflößend und knuddelig. Die Karriere beginnt wie ein modernes Märchen für den 1947 in Dallas geborenen Texaner, der eigentlich Schauspieler werden will: Gleich mit seinem ersten Filmauftritt 1975 stibitzt er sich im Kultfilm „Rocky Horror Picture Show“ einige der schönsten Szenen.

Meat Loaf veröffentlichte 1977 „Bat out of Hell“

Zu jener Zeit arbeitet der Hobbymusiker, der mit Bands wie Popcorn Blizzard auftritt, am Album „Bat out of Hell“. Komplize Jim Steinman schreibt Meat Loaf eine Art Wagner-Oper im Rockformat auf den mächtigen Leib, die Platte avanciert 1977 zu einem weltweiten Hit und wird eine der erfolgreichsten Rock-Produktionen aller Zeiten, bis heute ging sie rund 50 Millionen Mal über den Ladentisch.

Meat Loaf: Seine Konzerte machten ihn berühmt

Auf der folgenden Monstertour – er tritt innerhalb eines Jahres mehr als 170 Mal auf – ruiniert Meat Loaf seine Stimme, verkracht sich mit Steinman und steht aufgrund ununterbrochener Rechtsstreitigkeiten mit seinem Management vor dem Bankrott. Er spielt weiter Platten ein, die in den USA ignoriert werden, aber in Europa ganz gut ankommen. Meat Loaf tritt auch wie besessen auf, um flüssig zu bleiben, und erspielt sich mit seinen exzessiven Live-Shows über die Jahre ein nibelungentreues Publikum. Er sieht nicht aus wie andere Rockstars – und will es auch nicht. Seine Fans mögen ihn, weil er gar nicht erst versucht, glamourös zu sein, sondern sich die Seele aus dem Leib schreit. Abend für Abend.

„I’d do anything for Love“ war Meat Loafs größter Hit

„Ich war immer anders, das ist mein Ding. Sollte ich je hip werden, erschießt mich“, erklärt Meat Loaf einmal und behält mit seinem Kurs recht – er bleibt im Geschäft, völlig egal, welche Trends gerade kommen oder gehen. Daneben tritt er oft im Fernsehen und in Kinofilmen auf – er steht gerne vor der Kamera und das Geld braucht er auch ganz dringend. Ende der Achtzigerjahre versöhnt er sich mit Steinman und arbeitet an der Fortsetzung von „Bat out of Hell“. Die Arbeit zieht sich zwar, erst 1993 erscheint die Platte, wird aber ein gigantischer Erfolg und beschert Meat Loaf mit „I’d do anything for Love“ einen globalen Hit. Damit ist Meat Loaf auch endgültig seine finanziellen Sorgen los. Er dreht wieder auf, tourt noch intensiver, spielt in Filmen, darunter Klassikern wie „Fight Club“ (1999) und veröffentlicht „Bat out of Hell III“, was er später als Riesenfehler bezeichnet und die Existenz dieser Platte sogar ironisch abstreitet.

Meat Loaf: Konzertabbruch nach Herzinfarkt

Im Jahr 2003 fordert der Raubbau am eigenen Körper seinen Tribut: Nach einem Herzinfarkt muss er ein Konzert abbrechen. Immer mal wieder tourt Meat Loaf zwar noch, muss aber kürzertreten, was bei der Art, wie Meat Loaf live auftritt, den Künstler selbst schmerzt: Er kann sich nicht mehr so rückhaltlos in seine Songs werfen wie gewohnt, schließlich interpretiert er seine „Mini-Theaterstücke“ ja gerne physisch. Und auch die einst voluminöse Stimme trägt ihn nicht mehr so weit, wie er es gerne hätte. Die Menschen jubeln ihm trotzdem weiter zu. Vielleicht auch gerade deswegen, weil er sich nicht unterkriegen lässt und dem Körper immer wieder aufs Neue alles abringt. Als er sich 1978 bei einem Konzert das Bein bricht, setzt er die Tour im Rollstuhl fort. Überhaupt gibt es kaum einen Musiker, der sich so oft so schwer auf der Bühne verletzt wie Meat Loaf, der in den vergangenen Jahren immer mal wieder Auftritte wegen Herzbeschwerden abbrechen muss.

Meat Loaf hieß eigentlich Marvin Lee Aday

Den Humor verliert der Künstler dennoch nie, fröhlich bringt er immer neue Geburtsjahre in Umlauf (mal 1947, mal 1951) und findet die Konfusion darüber großartig. Und mit großer Freude zerlegt er Mythen, die über ihn im Umlauf sind. Den Spitznamen Meat Loaf habe er sich selbstverständlich nicht selbst gegeben, stellt er einmal klar – nur ein Vollidiot würde so etwas tun. Es war sein Footballtrainer, der ihn so nannte, nachdem der 13-Jährige ihm auf den Fuß getreten war. Und auch das Gerücht, die Schauspielerei sei eher eine Liebhaberei, stellt er oft richtig: Er nehme jede Rolle ernst, Schauspieler sei schließlich sein ursprünglicher Beruf.

Nun ist Marvin Lee Aday, eine der gewaltigen Stimmen des Rock, bester und einziger Vertreter des Genres „Meat Loaf“-Rock, mit 74 Jahren gestorben. Als sein Komplize und seine Nemesis Jim Steinman vergangenes Jahr gestorben ist, hat Meat Loaf angekündigt, ihm bald zu folgen. Er hat es wahr gemacht.

28.02.2021

Landpark Lauenbrück

12.02.2021

Winterlandschaft in Rotenburg

22.12.2020

Weihnachtsbilder

29.10.2020

Herbstfotos der Leser