In einem der bekanntesten Berliner Viertel, in Kreuzberg, schließt eine Aldi-Filiale. Den Anwohnern schmeckt das gar nicht, deshalb gehen sie auf die Straße und protestieren.
Berlin - Eine denkwürdige Szene Ende März in Berlin: Menschen mit selbstgebastelten Schildern skandieren Sprechchöre auf den Straßen Kreuzbergs. Doch sie protestieren nicht gegen die Wohnungsnot in der Bundeshauptstadt oder gegen zu hohe Mieten. Bei ihrem Protest ging es vielmehr um eine Filiale des Discounter-Riesen Aldi, wie die Zeit berichtet.
Und es wird noch besser. Denn die Demonstranten, hauptsächlich Anwohner aus dem Kiez, sind nicht gegen die Eröffnung einer weiteren Filiale, neben den bereits existierenden knapp 4000 Geschäftsstellen deutschlandweit. Nein, sie wollen, dass ihr Aldi in der Markthalle Neun erhalten bleibt.
Aldi-Video: Vermehrte Taschen-Kontrollen bei Discounter
Kreuzbergs Bürger sind auf Aldi angewiesen
Demonstranten, die für einen Multi-Millionen-Euro-Konzern demonstrieren, sieht man nicht häufig. Doch viele Bewohner eines der einstmals ärmsten Stadtviertel Berlins sehen mit der Schließung ihrer Aldi-Filiale auch ihre Lebensgrundlage in Gefahr. Denn wie die Wochenzeitung weiter schreibt, leben mehr als ein Viertel der Bewohner von staatlichen Hilfen. Das heißt, sie sind auf die günstigen Angebote des Discounters angewiesen. So sehen es zumindest die Gegner der Schließung.
Für die Betreiber der Markthalle Neun, Bernd Maier, Florian Niedermeier und Nikolaus Driessen, ist das Argument aber nicht ganz nachvollziehbar. Sie haben die Halle vor knapp zehn Jahren übernommen und im Laufe der Zeit viele Händler und kleine Geschäfte angesiedelt. Insgesamt sind sie für 450 Angestellte verantwortlich. Das Konzept war von Anfang an auf Vielfalt und Nachhaltigkeit ausgelegt worden - und vor allem ohne Discounter. Viele Anwohner waren damals für die Neugestaltung der Markthalle. Doch die Preise der kleinen Einzelhändler können sich die Wenigsten leisten. Zum Beispiel kostet eine Aldi-Breze 29 Cent. Beim Bio-Bäcker ein paar Türen weiter werden 1,49 Euro fällig. Die Betreiber sagen jedoch, man könne trotzdem günstig einkaufen, man müsse sich eben vorher Gedanken machen und selber kochen.
Eine Filiale der Drogerie-Kette dm wird Aldi in der Markthalle Neun beerben
Das Ende der Aldi-Filiale in der Markthalle Neun ist jedenfalls besiegelte Sache. Bis Ende Juli muss der Konzern den Markt geräumt haben, dann zieht dort ein Ableger der Drogerie-Kette dm ein. Deren Kunden sollen das Geschäft der umliegenden Händler beflügeln, wenn es nach dem Besitzer-Trio geht.
Die Leiterin der Protestaktion, die 56-jährige Stefanie Köhne, sieht in dem Konzept der Markthalle Neun hingegen hauptsächlich einen Motor der Gentrifizierung des Viertels. Für sie ist ein Großteil des Angebots reiner Luxus. Dabei sei sie generell für eine nachhaltige Ernährungswende, doch sie müsse alle mitnehmen und bezahlbar sein.
Aldi: Die Linken glauben noch an die Rettung der Filiale
Mit der Schließung der Aldi-Filiale bleibt dem Kiez nur noch ein weiterer Discounter. Für viele Demonstranten ist das zu wenig. Auf ihren Plakaten ist deshalb zu lesen: „Omi braucht Aldi“ und „Markthalle für alle“. Dass sie mit ihrem Protest Erfolg haben, ist eher unwahrscheinlich, obwohl sich auch schon Lokalpolitiker in die Diskussion eingeschaltet haben. Oliver Nöll von den Linken gibt sich kämpferisch und sagt Zeit.de: „Ich glaube nicht, dass es die Betreiber auf Dauer schaffen, gegen den Druck so vieler ihre Pläne aufrechtzuerhalten."
Aldi hat sich einen prominenten Partner mit an Bord geholt. Fußballweltmeister Philipp Lahm verkauft jetzt dauerhaft Produkte seiner Firma Schneekoppe beim Discounter-Riesen. Wer immer schon wissen wollte, warum Aldi in Österreich Hofer heißt, der sollte sich diesen Artikel mal genauer anschauen.
Frust bei Aldi: Mann will einkaufen – und entdeckt Ärgerliches auf Parkplatz
Update vom 15. Mai 2019: Genau zwei Behindertenparkplätze gibt es vor dem Aldi-Markt am Bremer Weg in Celle. Doch womit Mitarbeiter diese dekoriert haben, sorgt für Ärger.