Tönnies-Fleisch wollen wohl viele Kunden vorerst meiden. In welchen Marken es enthalten ist und wie Greenpeace Tönnies und andere Schlachtbetriebe an den Pranger stellt.
- In dem Schlachtereibetrieb Tönnies haben sich über 1300 Mitarbeiter mit dem Coronavirus* infiziert.
- Die Kritik an dem Unternehmen aus Rheda-Wiedenbrück (Kreis Gütersloh) wächst.
- Nun informierte Greenpeace auf Facebook darüber, in welchen Marken Tönnies-Fleisch enthalten ist.
Update vom 29. Juni, 10.33 Uhr: Nach dem Corona*-Ausbruch in einer Tönnies-Fabrik im nordrhein-westfälischen Landkreis Gütersloh sind viele Konsumenten verunsichert. Der Appetit auf Tönnies-Fleisch ist einigen wohl mittlerweile vergangen. Nun hat Greenpeace auf die aktuellen Entwicklungen reagiert und auf seiner Facebook-Seite in einem Post darauf hingewiesen, in welchen Wurst-Marken Tönnies-Fleisch enthalten ist.
Betroffen sind dem Umweltschutzverband zufolge Produkte der folgenden Marken:
- Astro
- Böklunder
- Dölling
- Gutfried
- hareico
- Heine‘s
- Jensen‘s
- Könecke
- Lutz
- Marten
- Naumburger
- Plumrose
- Redlefsen
- Schulte
- Tilman‘s
- Weimarer
- Wikinger
- Wilx
- ZMI
Aufgeführt sind die Marken-Logos der betroffenen Firmen in der Zeichnung eines Schweins, dem eine Träne aus dem Auge kullert. Neben der Informationen für den Verbraucher enthält das Posting der Tierschutz-Organisation auch scharfe Kritik an Tönnies und anderen Schlachtbetrieben. Unter der Grafik heißt es in einem Text mit der Überschrift „Billigfleisch* gefährdet unsere Gesundheit“, ausbeuterische Arbeitsbedingungen bei Tönnies hätten bereits zu über 1500 Covid-19-Infektionen in der Fleischfabrik bei Gütersloh geführt.
Tönnies in der Kritik: Greenpeace prangert schlechte Arbeitsbedingungen an
„Auch in anderen Schlachtbetrieben kam es zu Corona-Ausbrüchen“, schreibt Greenpeace weiter. „Die Arbeitsbedingungen sind dort meist nicht besser. Zudem können durch den Einsatz von Antibiotika in der Massentierhaltung lebensbedrohliche, multiresistente Keime entstehen.“ Die User-Kommentare geben Greenpeace überwiegend Zustimmung für dieses deutliche Statement. „Es ist mal interessant zu sehen, welche Marken zu einem Fabrikanten gehören, damit man als Verbraucher auch mal ein wenig den Überblick bekommt. Danke dafür“, schreibt ein Facebook-Nutzer.
Ein Nutzer weist außerdem darauf hin, dass Missstände in Bezug auf Arbeitsbedingungen nicht nur bei Tönnies, sondern auch in einer Vielzahl von anderen Betrieben bestehen würden. Und eine weitere Kommentatorin fragt sich, warum große Schlachthöfe nicht besser kontrolliert werden. In einigen Kommentaren ist außerdem die Empfehlung zu lesen, anstelle von Discounter-Fleisch die Produkte lieber von regionalen Metzgern zu beziehen. Greenpeace selbst hat auf manche der Kommentare reagiert. „Das System muss grundlegend reformiert werden“, heißt es in einer Antwort auf einen User-Kommentar.
Wenige Wochen später muss ein bekannter Wurstfabrikant aus Hamburg mehrere Würstchen-Sorten einem Rückruf unterziehen - im schlimmsten Fall drohen schwere innere Verletzungen.
Tönnies-Schließung hat für Verbraucher wohl kaum Auswirkungen
Update vom 24. Juni, 16.04 Uhr: Die Schließung des größten deutschen Schlachthofs in Rheda-Wiedenbrück dürfte nach Experten-Einschätzung auf die Verbraucher kaum Auswirkungen haben. „Grundsätzlich ist Fleisch genug da“, sagte der Marktexperte der Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN), Matthias Quaing. Auch aus anderen europäischen Ländern werde genügend Fleisch geliefert, so dass Kunden weder knappe Waren noch steigende Preise befürchten müssten.
Kein Tönnies-Fleisch mehr: Droht Deutschland ein Engpass?
Die Landwirte bemerkten die coronabedingte Schließung des Schlachthofes durchaus, seien aber unterschiedlich betroffen, sagte Quaing. Es sei ein Unterschied, ob die Tiere kurz vor der Schlachtung stünden oder noch eine gewisse Zeit gemästet werden könnten. Vor allem Viehhändler würden die Schließung mitbekommen, sie müssten dann zusehen, dass sie die Schweine an andere Schlachthöfe liefern könnten.
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Grundsätzlich seien die Schlachtkapazitäten wegen der Corona-Krise in den vergangenen Wochen zurückgefahren worden. Wegen der Hygiene-Regeln dürften nicht mehr so viele Mitarbeiter in der Zerlegung arbeiten, es seien auch weniger Arbeitskräfte in Deutschland. Im Moment sei die Schließung des Tönnies-Schlachthofes für die Landwirte noch handelbar. „Da ist noch Luft im System“, sagte Quaing.
Heftige Kritik an Tönnies nach hunderten Corona-Infektionen
Ursprungsartikel: Der Corona-Skandal beim Fleischverarbeiter Tönnies weitet sich aus. Inzwischen sind 1331 Mitarbeiter mit dem Coronavirus infiziert (stand 21. Juni). Rund 6.500 Mitarbeiter und ihre Familien seien in Quarantäne, teilte Tönnies auf Twitter mit.
Rund 6.500 Mitarbeiter und ihre Familien sind in Qurantäne. Wir unterstützen die Familien und versorgen sie mit Lebensmitteln. Danke auch für die vielen weiteren Organisationen und Helfer! pic.twitter.com/kTsetz0wwy
— Tönnies Dialog (@ToenniesDialog) June 21, 2020
Die Folgen sind immens: Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet schließt einen Lockdown nicht aus, außerdem wurden Rücktritts-Forderungen an die Geschäftsführer rund um Schalke-Aufsichtsratsvorsitzenden Clemens Tönnies laut. Auch ein Video, das eine überfüllte Kantine von Tönnies zeigte, sorgte für Wirbel.
Neben dem Corona-Massenausbruch war Tönnies auch aufgrund der Arbeits- und Wohnbedingungen für die Mitarbeiter, welche hauptsächlich aus Osteuropa stammen, in die Kritik geraten. Zuvor hatten mehrere Schlachthöfe, beispielsweise in Baden-Württemberg, immer wieder zahlreiche Corona-Fälle unter den Mitarbeitern vermeldet. Nun sucht die Politik Auswege aus der Fleisch-Misere.
Viele Verbraucher sind nach dem Massenausbruch in der Tönnies-Fleischfabrik in Rheda-Wiedenbrück nun verunsichert. Kann man das Tönnies-Fleisch bedenkenlos verzehren? Oder kann man sich durch Fleisch aus dem entsprechenden Tönnies-Betrieb mit dem Coronavirus infizieren? Und in welchen Produkten wird das Fleisch des Schlachtereibetriebs verarbeitet?
Nach Corona-Massenausbruch im Kreis Güthersloh (NRW): Besteht Gefahr für Verbraucher durch Tönnies-Fleisch?
Bei dieser Frage gehen die Experten-Meinungen auseinander. Dr. Georg-Christian Zinn, Direktor Hygienezentrum Bioscientia beschrieb gegenüber RTL das Risiko, sich durch Fleisch mit Coronaviren anzustecken als „eher zu vernachlässigen“, da diese „eher über Atemwege und Aerosole übertragen werden“ werden. Dazu sei die eventuelle Menge an Coronaviren nicht hoch genug.
Auch Ernährungswissenschaftlerin Sabine Klein, die bei der Verbraucherzentrale NRW für das Thema Fleisch zuständig ist, erklärt gegenüber der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) (Bezahlinhalt): „Nach jetzigem Kenntnisstand ist der Verzehr des Fleisches aus Tönnies-Betrieben in Rheda-Wiedenbrück unbedenklich.“
Kann das Coronavirus durch Tönnies-Fleisch übertragen werden? Experten uneinig
Ganz und gar nicht „unbedenklich“ findet Prof. Klaus-Dieter Zastrow, Chef des Hygieneinstituts in Berlin das Tönnies-Fleisch. Er erklärte gegenüber Bild.de (Bezahlinhalt): „Das Fleisch ist brandgefährlich. Wenn es nicht stark erhitzt wurde, kann man es nicht mehr verwenden.“ Er warnte sogar: „Man kann jetzt nicht einfach die aktuelle Produktion abverkaufen, sonst geht damit noch mal eine richtige Viruswelle übers Land.“
Ein Risiko sieht auch Epidemiologe Professor Timo Ulrichs, der gegenüber RTL sagte: „Die Gefahr bei einer Kontamination von Oberflächen, also auch von den Oberflächen des hergestellten Fleisches, ist natürlich gegeben, weil man weiß, dass das Virus sich auf Oberflächen länger halten kann.“ Auch er empfiehlt dringend, das Fleisch nicht roh zu verzehren.
Corona-Massenausbruch: So erkennen Sie Tönnies-Fleisch im Supermarkt
Wie Sabine Klein gegenüber der WAZ erklärte, lassen sich Fleischprodukte, die abgepackt im Supermarkt verkauft werden, anhand des Identifikationszeichens erkennen, welches in einem ovalen Kreis auf der Verpackung abgedruckt ist. Laut Verbraucherzentrale NRW sind die zu Produkten mit Tönnies-Fleisch mit den folgenden Nummern gekennzeichnet: NW 20202 EG, NW 20028 EG und NW 20045 EG.
Tönnies-Produkte bei Aldi und Lidl - Hinter diesen Frischfleisch-Marken steckt das Unternehmen
Bei Lidl sind Tönnies-Produkte unter anderem unter der Marke Landjunker zu finden. Aldi* führt Tönnies-Fleisch beispielsweise unter der Marke Meine Metzgerei in den Kühlregalen.
Tönnies steckt hinter Tillman’s-Produkten
Außerdem vertreibt Tönnies unter dem Markennamen Tillman’s zahlreiche Convenience-Lebensmittel sowie Tiefkühlprodukte und frisches, verpacktes Fleisch. Dazu gehören:
- Tillman’s Toasty
- Verpacktes Produkte wie Hackfleisch, Steaks oder Geschnetzeltes von Tillman's Qualitätsmetzgerei
- Burgerfleisch, Spare Ribs, Schnitzel, Köttbullar oder Cordon Bleu von Tillman‘s
- Tillman's Mettwurstspezialitäten
Wurstmarken von Tönnies
Auch zahlreiche Wurstmarken enthalten Tönnies-Fleisch. Es wird in den Wurstprodukten der „Zur Mühlen Gruppe“ (laut Tönnies-Homepage Marktführer bei SB-Wurst und Wurstkonserven in Deutschland) verarbeitet, dazu gehören folgende Wurstmarken:
- Böklunder
- Könecke
- Redlefsen
- Schulte
- Zerbster Original
- Plumrose
- Nölke (Gutfried)
Nach dem Massen-Ausbruch bei Tönnies gibt es nun den nächsten Hotspot: In einer Wiesenhof-Fabrik in Oldenburg ist das Coronavirus erneut ausgebrochen.*
Die Discounter liefern sich wegen der befristeten Mehrwertsteuer-Senkung in der Corona-Krise indes einen Preiskampf.
Ein polnischer Fleischzerleger beschreibt seinen Knochenjob bei dem Fleischfabrikanten Tönnies* - die Details sind erschütternd.
Eine Aktion bei Lidl hat die Polizei auf den Plan gerufen, weil Massen an Kunden in die Filiale gedrängt haben.
Fleischbetriebe stehen nicht erst seit Corona in der Kritik. Agrarministerin Julia Klöckner will mit einer steilen Preiserhöhung für mehr Nachhaltigkeit sorgen.
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