Bei teureren Produkten lässt sich dank Mehrwertsteuersenkung wegen Corona durchaus Geld sparen. Der enorme Arbeitsaufwand in den Supermärkten wirft jedoch Fragen auf.
- Die Senkung der Mehrwertsteuer soll nach Corona den Geldbeutel der Bürger entlasten.
- Doch die Maßnahme der Bundesregierung sorgt bei Vielen für Verwunderung und Ärger.
- Lohnt sich die Mehrwertsteuersenkung überhaupt? Die Discounter jedenfalls sind im Werberausch.
Berlin - Die Bundesregierung hat eine Mehrwertsteuersenkung von Juli bis Jahresende 2020 beschlossen. Nun können Deutschlands Verbraucher bei höherpreisigen Artikeln durchaus das ein oder andere Schnäppchen ergattern. Schließlich wurden die Steuersätze auf 16 beziehungsweise 5 Prozent herabgesetzt, was bei einer großen Anschaffung im Wert von tausenden Euro einiges zusätzlich im Geldbeutel oder dem Konto lässt.
Mwst-Senkung nach Corona: Schierer Wahnsinn bei deutschen Discountern
Womit hingegen Millionen von Menschen beim alltäglichen Besuch im Discounter ihres Vertrauens derzeit konfrontiert werden, grenzt an Wahnsinn: Zahlreiche Artikel - und sind sie noch so günstig - werden mit auffälligen Preisschildern beworben, nur weil sie einige Cent weniger kosten.
Dass hier von Discountern und Supermärkten wie Aldi, Lidl, Edeka, Rewe und Co. ein enormer Aufwand betrieben wurde, dokumentieren zahlreiche Postings in den sozialen Netzwerken:
Laut meinen Berechnungen kann ich mir nach 20 Einkäufen ein halbes Snickers leisten.
— Benny Illinger (@IamIllgner) July 1, 2020
Danke Scholz!#Mehrwertsteuersenkung #Mehrwertsteuer pic.twitter.com/0v7B3gj0gH
Es drängt sich der Verdacht auf, dass die Senkung der Mehrwertsteuer aufgrund von Corona* gerade bei niedrigpreisigen Erzeugnissen mehr Aufwand als Nutzen verursacht:
Ein Forschungsinstitut schätzt, dass allein Lebensmitteleinzelhändler etwa 200 Millionen neue Preisschilder drucken müssen - wegen der Senkung der #Mehrwertsteuer. Und in vielen Details wird es noch komplizierter. #COVID-19 #Corona https://t.co/0CSCZKEMGV
— ZDF heute (@ZDFheute) July 2, 2020
So stellt sich mitunter die Frage, ob vielleicht von vornherein nur bei Produkten aus dem höherpreisigen Segment einer Mehrwertsteuersenkung Sinn ergeben hätte. Zumindest wären dem Einzelhandel eine Menge Arbeit, Zeit und Ressourcen erspart geblieben - und dem Kunden Verwirrung und Ärger.
Mehrwertsteuersenkung: Von Marketing-Kampagnen und Billigfleisch-Rabatten
Warum? Vielen Menschen stoßen Marketing-Kampagnen der Ketten sauer auf, vor allem wenn es wirkt, als gehe es nicht um eine vom Staat gewährte Steuererleichterung, sondern um einen Rabatt, den die Einzelhändler den Käufern selbst gewähren.
Darüber hinaus wird im Zuge der aktuellen Corona-Fleisch-Problematik klar, wie billig vielerorts Fleischprodukte an die Kunden gebracht werden - wenn Produkte lediglich wenige Cent weniger kosten als vor der Mehrwertsteuer-Umstellung:
Ab heute gibt's #Wumms-Rabatt - #Billigfleisch wird noch billiger...@OlafScholz #Mehrwertsteuer #Coronakrise #toennies pic.twitter.com/ipuBRWhC72
— Jürgen Döschner (@jdoeschner) July 1, 2020
Man kann drüber lachen, dass die Reduzierung der MwSt bei #Lidl #Aldi und co so lächerlich gering ausfällt.
— Herr Lehrer (Quaranteacher) (@GottaTeachU) June 30, 2020
Man kann aber auch gegenrechnen, was der Preis über die Qualität des Produktes aussagt, wenn bei minus 2-3% die 1000g Grillplatte nur 3ct günstiger wird... #Toennies
Dass sich bei Einkäufen oftmals nicht mal ein ganzer Euro sparen lässt, lässt erahnen, dass die Maßnahme der Bundesregierung* konjunkturell möglicherweise keinen allzu großen Nutzen hat. Andererseits hätte eine Beschränkung auf teure Waren die Erleichterung nur Besserverdienenden zugänglich gemacht.
Aktuell gibt es sogar zahlreiche Artikel, bei denen nach der Mwst-Senkung sogar Preiserhöhungen eingetreten sind. Wie kann das sein? (PF) *Merkur.de ist ein Angebot des Ippen Digital Netzwerks