Laut einem aktuellen Urteil des Europäischen Gerichtshofes muss die Zustimmung zu Cookies im Netz in Zukunft aktiv erfolgen. Wie kompliziert wird das Surfen?
Luxemburg - Internetnutzer werden es kennen: Bei vielen Webseiten ist die Zustimmung für Cookies eigentlich schon voreingestellt. Laut einem neuen Urteil des Europäischen Gerichtshofes ist dieses Vorgehen der Betreiber allerdings unzulässig. Die Folge: Nutzer müssen in Zukunft auf allen Seiten aktiv ihr Einverständnis zur Verwendung der winzigen Textdateien geben. Artet das EU-Urteil im Klickwahnsinn für Surfer aus?
Hintergrund: Klage gegen Dienstanbieter aus dem Jahr 2013
Ursprung ist der Fall eines Online-Gewinnspiels des Anbieters Planet49 aus dem Jahr 2013. Dort war die Cookie-Zustimmung mit bereits gesetztem Häkchen voreingestellt, musste vom Nutzer also aktiv wieder entfernt werden. Gegen diese Voreinstellung klagte die Verbraucherzentrale Bundesverband, woraufhin sich der Bundesgerichtshof an den Europäischen Gerichtshof wandte. Und dieser entschied: Eine solche Voreinstellung wird in Zukunft nicht mehr möglich sein.
Grundlage der Entscheidung der Richter in Luxemburg ist die Datenschutz-Grundverordnung der Europäischen Union, die seit Ende Mai 2018 gilt. Bereits ausgefüllte Einwilligungen dürfen den Nutzern nach dem Urteil nicht mehr vorgelegt werden, der User muss der Verwendung von Cookies aktiv zustimmen. Die Richter stellten klar, dass die Einwilligung in jedem Einzelfall erteilt werden müsse.
Cookies sammeln im Netz Daten von Nutzern und ermöglichen den Webseiten zum Beispiel einen User mitsamt seiner Einstellungen wiederzuerkennen. Diese Daten werden dabei auf der Festplatte des Nutzers gespeichert.
Aktive Zustimmung zu Cookies - Folgen vor allem für Werbetreibende
Für viele Dienstanbieter im Netz hat das weitreichende Folgen. Wer aktuell keine Angaben zur Funktionsdauer und Zugriffsmöglichkeit Dritter durch die Cookies auflistet, muss nun nachbessern, erklärt Datenschutz- und IT-Rechtsexperte Martin Pflüger von der Wirtschaftskanzlei Hogan Lovells.
Das Gericht hält die Privatsphäre der Nutzer mit diesem Urteil als hohes Gut fest, doch gleichzeitig hagelt es Kritik. Denn gerade Werbetreibende könnte das Urteil schwer treffen. Sogenannte Tracking-Cookies sind Voraussetzung für personalisierte Werbung und die Zustimmung müsste jedes Mal erfolgen. „Deshalb ist es wohl vor allem die mittelständische Werbewirtschaft, die Schwierigkeiten mit dem Urteil haben wird“, erklärt Fabian Seip, Rechtsanwalt und Telekommunikationsexperte der Kanzlei Hengeler Mueller.
Bitkom: Auch Internet-Nutzer müssen sich gegebenenfalls umstellen
Auch Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder erwartet durch das Urteil eine Mehrbelastung für unzählige Webseitenbetreiber und Nutzer. „Wer weiterhin den Komfort von Cookies genießen möchte, muss dafür ausdrücklich eine Einwilligung erteilen - mit zusätzlichen Klicks.“ Cookies könnten jedoch für beide Seiten ein Mehrwert sein. „Cookies machen das Surfen schneller und bequemer. Webseitenbetreiber, etwa von Online-Shops, können mit Cookies ihr Angebot noch besser an die Bedürfnisse der Kunden anpassen“, erklärt Rohleder.
Doch auch positive Stimmen begleiten das Urteil. Der Rechtsexperte der „Verbraucherzentrale Bundesverband“, Heiko Dünkel, bezeichnete es als „wichtiges Zeichen für den Schutz der digitalen Privatsphäre“. Es sei eine gute Nachricht für die Verbraucher, dass ein bereits angekreuztes Informationsfeld nicht ausreiche. Was genau sich online verändert ist aktuell laut dem Experten aber noch nicht abzuschätzen. Zunächst müsste das Urteil des Bundesgerichtshofes abgewartet werden.
Die Datenschutzverordnung der Europäischen Union wurde in der Vergangenheit bereits öfter veralbert - doch das liegt vor allem daran, dass Cookie auf Deutsch mit Keks übersetzt werden kann. Ganz ernsthaft gibt es allerdings gute Gründe, weswegen man als Internetnutzer Cookies regelmäßig löschen sollte.
jw mit dpa/afp