Fotos für Personalausweis und Reisepass sollen künftig direkt auf den Passbehörden entstehen und elektronisch erfasst werden. Das Bundesinnenministerium will so Fotofälschungen verhindern.
- Es gibt einen neuen Gesetzesentwurf zum Thema Passfotos.
- Zukünftig sollen die Fotos nur noch in den Behörden aufgenommen werden.
- Die Fotobranche befürchtet Millionenverluste.
München – Noch ist es ein Gesetzentwurf, aber stimmt die Bundesregierung zu, braucht niemand mehr ein Passfoto zur Ausweisbehörde mitzubringen. Denn selbst mit einem biometrisch einwandfreien Foto bekäme er weder Personalausweis noch Reisepass. Alle 5500 Pass- und Ausweisbehörden in Deutschland, so der Plan von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), sollen mit Terminals ausgestattet werden, die ein digitales Foto direkt zum Passbearbeiter übertragen. Ein Amtsmitarbeiter soll den Vorgang überwachen. Das analoge Foto wäre dann passtechnisch Vergangenheit.
Passfotos: Ministerium rechtfertigt seine Pläne wegen „Morphing“
Das Ministerium begründet den Vorstoß mit dem enormen Fortschritt in der digitalen Bildbearbeitung. Dieser leiste dem sogenannten „Morphing“ Vorschub
„Mit dieser Technik werden mehrere Gesichtsbilder zu einem einzigen Gesamtbild verschmolzen, das die Züge zweier oder mehrerer Gesichter in sich vereint“ erläutert ein Ministeriumssprecher. Sei ein Foto derart manipuliert, „kann nicht nur der Passinhaber, sondern unter Umständen auch eine weitere Person den Pass zum Grenzübertritt nutzen“. Die Funktion des Passes als Dokument sei „im Kern bedroht“. Drei Fälle von gemorphten Lichtbildern in Reisedokumenten seien den deutschen Sicherheitsbehörden bisher bekannt, einer davon in einem deutschen Pass.Passfotos: Gemeine wird durch Zufall zum Vorreiter
Die Verwaltungsgemeinschaft Hörlkofen im Landkreis Erding ist dem Bund voraus. Ein wenig zumindest. Seit einem Jahr steht im Gang des Rathauses ein Fotoautomat, der die Bilder direkt ins System auf den Rechner überträgt. So spart der Automat den Mitarbeitern das Einscannen. „Die Bürger sind sehr zufrieden“, sagt Ordnungsamtsleiterin Maria Gaigl. „Auch die Verwaltungsmitarbeiter mögen das Angebot.“ Allerdings kann man in Hörlkofen auch noch selber ein Foto mitbringen. Den Plan des Innenministeriums beurteilt Gaigl vorsichtig. „In kleinen Kommunen ist das gar nicht umsetzbar“, glaubt sie. „Bei uns war es eine glückliche Fügung.“ Das neue Computerprogramm des Rathauses verfügte über eine Schnittstelle für einen Bilderzugang, im Gang lagen Netzwerk- und Stromanschluss günstig beieinander. Gerade in älteren Rathäusern, könnte die Einrichtung zu Problemen führen, befürchtet Gaigl.
Passfotos: Genaue Umsetzung der Pläne noch nicht ganz klar
So riesige Automaten wie in Hörlkofen wird es dann aber nicht mehr geben. Der Bund will die Behörden selber ausstatten, vermutlich mit kleineren Modellen. Statt Automaten könnten laut Ministerium auch Kameras auf Schreibtischen der Amtsmitarbeiter aufgestellt werden. Auch die Software soll vom Bund kommen.
Ein weiterer Unterschied zum Entwurf: In Hörlkofen überwacht niemand die Menschen, wenn sie ein Foto machen. „Das müssen wir auch nicht“, sagt Haigl. Die Software überprüfe, ob die Bilder den Anforderungen entsprechen. Eine Manipulation sei unmöglich. Warum das Gesetz eine Kontrolle vorschreibe, versteht Gaigl nicht.
Im Bundesinnenministerium hält man den Entwurf nicht nur aus Sicherheitsgründen für richtig. Zugleich werde entbürokratisiert, sagte ein Sprecher unserer Zeitung. Der Bürger benötige nur noch einen Gang zur Behörde. „Das separate Beschaffen von aktuellen Passbildern entfällt künftig.“
Passfotos: Einzelhandel befürchtet Millionenverluste
Für den Einzelhandel bedeutet das weniger Umsatz. „Da die Fotohändler mit der Erstellung der Passbilder nicht nur den höchsten Deckungsbeitrag erzielen, sondern dieser Service auch maßgeblich für Kundenfrequenz in den Geschäften sorgt, würde dieser Plan Millionenumsätze im Handel vernichten“, schrieben der Präsident des Handelsverband Deutschland (HDE), Josef Sanktjohanser, und der Vorsitzende des Bundesverbands Technik des Einzelhandels (BVT), Frank Schipper, in einem Brief an Horst Seehofer. „Angesichts der ohnehin angespannten Lage im stationären Einzelhandel stellt dies eine existenzielle Bedrohung für viele mittelständische Unternehmen dar.“
Beim Bayerischen Gemeindetag kann man die Sorgen des Handels verstehen. „Das wäre schon ein Nachteil für die Fotostudios“, sagte Sprecher Wilfried Schober. „Wenn das Geschäft mit Passfotos wegfällt, werden viele Geschäfte zusperren müssen.“ Jedoch hat man beim Gemeindetag auch Verständnis für Seehofer. „Wenn das Innenministerium gefälschte Passbilder als Problem erkennt, müssen wir etwas dagegen tun.“ Die Umstellung des Systems werde sicher anspruchsvoll. Aber: „Wir haben schon andere Herausforderungen gemeistert.“ Die Stadt München, erwartet längere Vorsprache- und Bearbeitungszeiten und zusätzlichen Personal- und auch Raumbedarf. Die genauen Folgen seien aber noch nicht absehbar, sagte ein Sprecher.
Anschaffung und Instandhaltung würden Millionen kosten
177 Millionen Euro sollen Anschaffung und Wartung der Fotoautomaten in den ersten fünf Jahren kosten, heißt es in dem Entwurf. Für die Instandhaltung fielen nach Ablauf der ersten fünf Jahre rund zwölf Millionen Euro jährlich an. 11 000 Foto-Automaten sollen insgesamt angeschafft werden.
Umsonst gibt es die Passbilder aber auch auf der Behörde nicht. Ein Passbild wird laut Ministerium zwischen vier und sechs Euro kosten. Zudem soll die Gebühr für einen Pass oder Personalausweis innerhalb der ersten fünf Jahre um rund drei Euro steigen, heißt es in dem Gesetzentwurf „zur Stärkung der Sicherheit im Pass- und Ausweiswesen“.
Noch ist es nicht soweit. Der Gesetzentwurf befindet sich in derBeteiligungsphase. Bis 28. Januar können sich Länder und Verbände äußern, dann berät das Kabinett und Bundestag und Bundesrat müssen zustimmen. Der Entwurf sieht eine zweijährige Übergangszeit vor. Erst im Sommer 2022 könnte die Neuerung also wirklich greifen. Alte Pässe behalten ohnehin ihre Gültigkeit.
Der Reisepass zählt zu den wichtigsten Ausweisdokumenten. Innerhalb der EU kann man ohne ihn reisen. Doch außerhalb der EU sieht das ganz anders aus. Ein paar wichtige Tipps.