„Ziel Klassenerhalt ist mir zu defensiv“: Frauen-Abteilungsleiterin Brüggemann über neue Werder-Ansprüche, Transfer-Planungen und einen Wunsch für die

Birte Brüggemann, Abteilungsleiterin Mädchen- und Frauenfußball beim SV Werder Bremen, spricht im DeichStube-Interview über die Zukunft der Werder-Frauen.
 ©Werder Bremen

Bremen – Es geht wieder los! Auch die Bundesliga-Frauen des SV Werder Bremen haben mit der Vorbereitung auf die neue Saison begonnen - am Sonntag gab es einen satten 12:0-Testspiel-Sieg gegen Regionalligist SV Henstedt-Ulzburg. Zum Start spricht Werders Abteilungsleiterin Frauen- und Mädchenfußball Birte Brüggemann im DeichStube-Interview über die neuen Ziele der kommenden Saison, den Wandel der vergangenen Jahre, die weitere Transfer-Planung und äußert einen klaren Wunsch für die Zukunft.

Es geht wieder los. Auf einer Skala von eins bis zehn: Wie groß ist die Vorfreude auf die neue Saison, Birte Brüggemann?

Kräftemäßig bei eins, weil ich noch keinen Urlaub hatte (lacht). Aber die Vorfreude ist deutlich höher, bei einer acht.

Warum liegt die Vorfreude nicht bei einer Zehn?

Ein großer Punkt ist, dass zwei unserer Neuzugänge, Sharon Beck und Verena Wieder, sich schwer verletzt haben und erst einmal nicht zur Verfügung stehen. So eine Situation hatten wir bisher noch nicht. Die beiden hätten wir natürlich schon jetzt gerne dabeigehabt.

„Sehr bitter“: Neuzugänge Sharon Beck und Verena Wieder fehlen Werder Bremen-Frauen noch länger verletzt

Wie war Ihre Reaktion, als Sie von den Verletzungen erfahren haben?

Bei beiden war mein erster Gedanke: armes Mädel. Sharon hat sich enorm auf Werder gefreut und bei Köln bis zuletzt alles gegeben. Und dann verletzt sie sich im Training beim FC so schwer, das ist einfach sehr bitter. Für Verena war es ein ähnlicher Dämpfer mit der Verletzung in der letzten Trainingseinheit der Saison. Auch sie war schon voller Vorfreude auf ihre neue Aufgabe und hätte sich gerne anders aus Leverkusen verabschiedet. Bei ihr wird die Ausfallzeit aber zumindest kürzer.

Welche Rolle hatten Sie für die beiden eingeplant?

Durch den langen Ausfall von Lina Hausicke wollten wir mit Sharon eine erfahrene Spielerin dazu holen, die schon einiges erlebt hat. Sie sollte nicht Linas Ersatz sein, aber so ein Portfolio hätte uns natürlich gutgetan.

Und Verena Wieder?

Sie ist auf der Außenbahn eingeplant und hoffentlich perspektivisch nicht nur eine Alternative, sondern auch eine Verstärkung.

Birte Brüggemann über Werder Bremen-Frauen: „Erneut Ziel Klassenerhalt auszurufen, wäre mir zu defensiv“

Mit welchen Erwartungen beziehungsweise Zielen gehen Sie in die neue Spielzeit?

Erneut das Ziel Klassenerhalt auszurufen, wäre mir zu defensiv. Da sind wir schon einen Schritt weiter, auch wenn ein Abstieg natürlich trotzdem immer passieren kann. Den Kader sehe ich aber insgesamt besser als im vergangenen Jahr. Sowohl individuell als auch im Kollektiv. Deshalb wollen wir uns auch in der Tabelle verbessern. Die obere Tabellenhälfte klingt als Ziel ganz charmant.

Eine große Neuerung gibt es ab der Saison 2025/26 auch in der Bundesliga, denn künftig treten 14 anstelle von zwölf Teams in Deutschlands höchster Spielklasse an. Verändert das etwas für die kommende Saison, da es nur einen Absteiger geben wird?

Nein. Ich glaube, das Hauen und Stechen wird in der 2. Liga viel intensiver. Da ich aber überzeugt bin, dass wir nichts mit dem Abstieg zu tun haben werden, spielt das keine Rolle für uns.

Wie stehen Sie allgemein zu der Reform?

Ich begrüße das sehr, weil ich glaube, dass der Wettbewerb dadurch viel attraktiver wird. Aber auch herausfordernder mit Blick auf den Terminkalender, der dadurch deutlich voller wird. Aber trotzdem ist das ein wichtiger Meilenstein.

Werder Bremens Frauen-Chefin Birte Brüggemann: Vergleich mit Männer-Fußball „nervt uns mittlerweile“

Neu ist auch der Investoreneinstieg bei Werder. Inwiefern profitiert der Frauenfußball davon?

Vor allem beruhigt uns das Geld. Aber allgemein hat das Thema Sponsoring und Investments bei uns eine neue Dimension angenommen. Mittlerweile gibt es viele Sponsoren, die auf uns zukommen und mit uns zusammenarbeiten wollen. Und trotzdem: Ein Großteil der Frauen-Bundesliga hat finanziell deutlich mehr Möglichkeiten als der SV Werder.

Häufig wird der Frauenfußball mit dem der Männer verglichen. Wie angebracht ist so ein Vergleich überhaupt?

Das ist ein sehr komplexes Thema. Bei den Gehältern ist es beispielsweise absurd zu hoffen, dass eine Frauenspielerin das Gleiche verdient wie ein Mann im Profibereich, weil wir dieses Geld gar nicht einspielen. Das erwartet aber, glaube ich, auch keine Spielerin. Und trotzdem hätten sie gerne mehr, weil es eben auch Profisport ist. Ich habe schon viel erlebt, aber nirgends wird so viel verglichen wie im Fußball. Das nervt uns mittlerweile, weil ein Vergleich aufgrund der unterschiedlichen Voraussetzungen in so vielen Bereichen gar nicht möglich ist. Dennoch wird dieser Vergleich immer wieder gerne genutzt, um so manch eine Frage zu erklären (grinst).

Häufig unterschreiben Spielerinnen bei Werder eher kurze Verträge. Warum?

Das liegt vor allem daran, dass Frauen an einem Ort nicht ausschließlich Fußball spielen, sondern auch die privaten und beruflichen Faktoren eine große Rolle spielen. Diese Hintertür für Veränderungen ist vielen Spielerinnen wichtig, aber trotzdem laufen unsere Verträge in der Regel zwei bis drei Jahre. Und man muss dazu sagen, dass Ausstiegsklauseln immer mehr im Kommen sind. Das ist das neue Phänomen im Frauenfußball. Das gab es vor wenigen Jahren noch nicht so extrem wie jetzt. Wir sind da leider auf dem Weg des Männerfußballs, dass die trockene Tinte nicht immer die größte Verbindlichkeit hat.

Im Frauenfußball gibt es eher selten Leihwechsel. Woran liegt das?

In der Regel verleihen Vereine Spielerinnen zu einem Verein mit einem schwächeren Kader als man selbst hat, um Spielpraxis zu ermöglichen. Das bedeutet, für ein Jahr mit dem Wissen umzuziehen, dass man danach wieder gehen muss. Da sind wir dann wieder bei dem eben angesprochenen Thema „Gesamtpaket“. Und aus Erfahrung weiß ich, dass das Paket, bei einem Erstligisten zu trainieren und dort ab und zu oder regelmäßig bei der zweiten Mannschaft zum Einsatz zu kommen, besser ist, als dauerhaft in der 2. Liga zu spielen. Einfach, weil das Level ein anderes ist.

Birte Brüggemann von Werder Bremen wünscht sich für den Frauenfußball mehr Unabhängigkeit vom Erfolg der Männer-Teams

Ist die Personal-Planung mit den kürzlich vorgestellten Neuzugängen Lara Schmidt und Emöke Papai jetzt abgeschlossen?

Natürlich weiß man nie, was noch passiert bis zum Ende der Transfer-Periode. Sollte Alexandra Popp keine Lust mehr auf Wolfsburg haben und für ein Taschengeld in Bremen spielen wollen, würden wir die natürlich nehmen (lacht). Aber ernsthaft: Wenn nichts Unerwartetes mehr geschieht, steht der Kader.

Was verändert sich für Sie durch den Weggang von Frank Baumann und mit Clemens Fritz als neuen Sportchef?

Ich denke, dass der Übergang sehr fließend war und weiterhin wird. Frank hat sehr viele Dinge auf den Weg gebracht und der Job von Clemens ist es, diese Dinge weiter voranzubringen. Hätte sich der Aufsichtsrat für eine externe Lösung entschieden, dann wäre der Übergang vermutlich deutlich größer.

Begrüßen Sie es dann, dass mit Clemens Fritz eine interne Lösung präsentiert wurde?

Mir ist es eigentlich egal, ob intern oder extern. Die Hauptsache ist, dass die Lösung gut ist. Die interne Lösung hat immer den Vorteil, dass die Person bereits zur Werder-Familie gehört und dadurch schon ein Gespür für die verschiedenen Themen und Vereins-Werte hat. Wir haben in der Vergangenheit mit internen Lösungen sehr gute Erfahrungen gemacht, weil man gerade im Fußball ein Grundvertrauen braucht. Außerdem weißt du nie, inwiefern sich ein externer Sportchef um den Frauenfußball gekümmert hätte. Und ich habe bei Clemens den Eindruck, dass er das Thema sehr ernst nimmt.

Wenn Sie sich eine Sache wünschen könnten, die im Frauenfußball verbessert wird. Was wäre das?

Sich auf einen Punkt festzulegen, ist schwierig, weil es weiterhin viele Themen gibt. Wachstum in den Bereichen Personal, Sponsoring und insgesamt bessere wirtschaftliche Möglichkeiten sind da einige Aspekte. Aber wenn ich so darüber nachdenke, dann würde ich mir wünschen, dass der Frauenfußball noch unabhängiger vom Erfolg der Männermannschaft im jeweiligen Verein wird. Wir hatten beispielsweise als Frauenabteilung große Existenzängste, als die Männer 2021 abgestiegen sind, weil eben noch diese große Abhängigkeit besteht. Aber mit der Situation sind wir bei Werder nicht allein. Das geht vielen anderen Clubs genauso. (fwa)

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