Der Vorstand des privaten Medienunternehmens fordert öffentliche Gelder für die Finanzierung "gesellschaftlich wertvoller" Programme. Und nimmt ARD, ZDF in die Mangel.
Vor einem Jahr sorgte der Vorstand von ProSiebenSat.1, Conrad Albert, mit einem Vorschlag für mächtig Furore in den Medien. Dieser forderte, dass "gesellschaftlich wertvolle und relevante" Programme der Sendergruppe von öffentlichen Geldern kofinanziert werden sollten. Schließlich würden die Beiträge ebenfalls zur Allgemeinbildung und Berichterstattung wie die der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten beitragen. Doch viele sahen darin nur einen Vorwand, ebenfalls einen Teil vom Rundfunkbeitrag für sich abknapsen zu können.
ProSieben-Vorstand will neue "Medienordnung 4.0" durchsetzen – und verlangt Kofinanzierung durch öffentliche Gelder
Dennoch bleibt Conrad Albert stur – sogar ein Jahr später wirbt er immer noch mit seiner "Medienordnung 4.0", wie er sie getauft hat. "Es geht uns in keiner Weise darum, dass ARD und ZDF oder die Rundfunkgebühr wegfallen", erklärt er im Gespräch mit der Welt. "Wir wollen nur die Möglichkeit bekommen, unseren Beitrag zur Meinungsbildung über neue Finanzierungsmöglichkeiten besser wahrnehmen zu können." Allerdings verweisen manche darauf, dass ProSiebenSat.1 bis dato nicht mit wirklich wertvollen, gesellschaftsbewegenden Inhalten geglänzt habe.
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Außerdem habe sich nunmal das duale System – ARD, ZDF & Co. auf der einen Seite und die privaten Fernsehsender auf der anderen – langfristig bewährt. So haben die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten deutschlandweit einen Bildungsauftrag, der über den Rundfunkbeitrag finanziert wird. ProSieben, RTL & Co. dagegen sind Privatunternehmen, die reine Unterhaltung bieten. Allein aus marktwirtschaftlicher Sicht sind sie von ihren Inhalten her dem Geschmack der Zuschauer unterworfen.
Conrad Albert fordert Kernsanierung von ARD und ZDF – die lässt ihn abblitzen
Doch genau aus diesem "Hamsterrad" will die Sendergruppe wohl mit seinem Vorschlag ausbrechen – und versucht ihn mit allen Mitteln durchzusetzen. Nun übt Albert heftige Kritik an ARD und ZDF: So behauptet Albert, dass die Rundfunksender ihrem Auftrag nicht gerecht würden und fordert wegen ihrer unübersichtlichen Strukturen sogar eine Kernsanierung. Dagegen würden schon jetzt die privaten Fernsehsender sehr wohl einen "wichtigen Beitrag zur medialen Grundversorgung der Bürger" leisten, glaubt Albert. "Wir fühlen uns dem öffentlichen Gemeinwohl verpflichtet", beteuert er, "nicht in erster Linie aus ökonomischem Interesse."
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Letzteres scheint allerdings zweifelhaft, schließlich ist ProSiebenSat.1 wie viele andere private Fernsehsender ein werbefinanziertes Unternehmen. Dennoch besteht der Vorstand darauf, dass eine "Struktur-Taskforce" einberufen werde, an dem alle Beteiligten des dualen Systems teilnehmen sollen. Doch wie zu erwarten, wollen die Öffentlich-Rechtlichen da nicht mitspielen.
So erklärte Patricia Schlesinger, die Intendantin des RBB, erst kürzlich auf einer Medienkonferenz im Mai in Berlin gegenüber Albert, dass Deutschland "ein Rundfunksystem habe, um das uns andere Länder beneiden." Das sind wohl klare Worte zum Thema "gemeinsame Sache machen" …
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jp