Karlsruhe – Philip Heise kam ihm gerade recht. Markus Anfang war gerade dabei, sich im Mediengespräch über zwei nicht gegebene Elfmeter zu echauffieren, als der Karlsruher Profi an ihm vorbei zum Parkplatz ging - und von Anfang aufgefordert wurde, an Ort und Stelle ein Geständnis abzulegen. „Sei ehrlich, sei ehrlich“, rief der Trainer des SV Werder Bremen dem Profi des Karlsruher SC hinterher, „du hast ihn geschubst, oder? Jetzt ist das Spiel doch vorbei. Sei ehrlich!“
Und das war Heise dann auch. Geschubst? Ja, „aber nur mit links“, lachte er - wissend, dass seine Aktion im eigenen Strafraum das sichere 1:0 durch Bremens Nicolai Rapp in der 29. Minute verhindert hatte und ein Grund war, weshalb Werder Bremen beim Karlsruher SC am Samstagnachmittag nur zu einem 0:0 kam.
Nach dem 1:4-Debakel eine Woche zuvor gegen den SC Paderborn war das Resultat zwar ein Schritt nach vorn für den Bundesliga-Absteiger, aber eben nur einer. Anfang wären drei Schritte, sprich: drei Punkte, nicht nur lieber gewesen, sie erschienen ihm auch verdienter als das Remis. „Heute haben wir zwei Punkte liegen gelassen“, ärgerte er sich nach einem Spiel, in dem Werder Bremen zwei Elfmeter hätte bekommen können, in dem Werder bekannte Sturmprobleme erneut bestätigte, in dem Werder auch 30 Minuten Überzahl nichts brachten, in dem Werder aber auch eine beachtliche Leistungssteigerung in der Defensive gelang.
Ömer Toprak und Kevin Möhwald fehlten Werder Bremen gegen den Karlsruher SC
Obwohl die Bremer noch auf Abwehrchef Ömer Toprak (Schwindelgefühle nach Nackenverletzung) verzichten mussten, präsentierte sich die Viererkette stabil. Der Hühnerhaufen, der Werder Bremen noch gegen den SC Paderborn in der ersten Halbzeit gewesen war, agierte gut organisiert, ließ in beiden Halbzeiten jeweils nur eine Chance der Gastgeber zu. Anfangs Umstellungen zeigten Wirkung, statt auf Manuel Mbom und Lars Lukas Mai setzte der 47-Jährige in der rechten Hälfte der Viererkette auf Felix Agu und Milos Veljkovic, die linke Hälfte übernahmen Marco Friedl und Anthony Jung. Zudem trug Michael Zetterer mit Paraden gegen Heise (36.) und Marco Thiede (73.) seinen Teil dazu bei, dass KSC-Trainer Christian Eichner in der Nachbetrachtung einen Satz formulierte, der sechs Tage zuvor noch zügelloses Gelächter ausgelöst hätte. „Diese Verteidigung hat Bundesliga-Format“, sagte er.
Schön wäre es, wenn der nächste gegnerische Trainer so etwas auch über die Bremer Offensive sagen würde. Doch das ist weiter nicht in Sicht. In Karlsruhe fand Werder Bremen zwar immer wieder den Weg zum, der Ball aber nicht den Weg ins Tor. Das hatte sehr viel mit Mittelstürmer Niclas Füllkrug zu tun, der in der zwölften und 65. Minute zwei hochkarätige Chancen ausließ, der aber auch die Szene kreierte, wegen der Anfang später Philip Heise auf dem Parkplatz in den Zeugenstand rief. Einen Füllkrug-Schuss konnte KSC-Torwart Marius Gersbeck nach vorne abwehren, im Grunde genau vor die Füße von Nicolai Rapp. Es wäre ein Leichtes für ihn gewesen, zum 1:0 abzustauben, wenn Heise nicht den linken Arm ausgefahren hätte. Elfmeter – dachten alle. Nicht aber Schiedsrichter Bastian Dankert. Er reagierte nicht auf das Foul, der Video-Referee tat es auch nicht. Und Anfang tobte an der Seitenlinie: „Für mich war es ein Strafstoß. So eine Situation kann ein Spiel entscheiden.“ Und der Ärger wuchs später noch, weil auch ein Handspiel von Lucas Cueto (38.) nicht geahndet worden war.
Werder Bremen wartet weiter auf Transfers
Es wäre nachzuvollziehen gewesen, wenn die Bremer den verpassten Sieg auf diese beiden Momente geschoben hätten. Aber so einfach wollte es Anfang seiner Mannschaft nicht machen: „Es wäre mir lieber gewesen, dass wir aus dem Spiel heraus unsere Chancen besser genutzt hätten.“ Doch neben Füllkrug vergaben auch der chronisch abschlussschwache Romano Schmid (22./69.) sowie kurz vor Schluss Felix Agu beste Möglichkeiten. 19 Bremer Torschüsse hatte Anfang am Ende gezählt, aber kein Tor. Dass diese Bilanz den Druck auf Manager Frank Baumann erhöht, nun einen oder zwei Stürmer zu präsentieren, die bei Werder Bremen aus einem 0:0 ein 1:0 oder 2:0 machen können, ist klar. Anfang: „Wir wissen ja, dass wir vorne noch etwas machen müssen.“
Gut wäre es auch, wenn sich Werder Bremen genügend Abgeklärtheit einkaufen würde, um die in Karlsruhe gemachten Fehler nicht zu wiederholen. Mit der Überzahlsituation, die nach 57 Minuten durch die Gelb-Rote Karte für Karlsruhes Marvin Wanitzek entstand, konnten die Bremer jedenfalls herzlich wenig anfangen. „Sie hat uns überhaupt nicht gutgetan“, kritisierte Anfang gar. Die Kontrolle, die die Gäste bis dahin über das Spiel hatten, schwand plötzlich statt weiter zu wachsen. „Kopflos“ sei seine Mannschaft geworden, monierte Anfang, „hektisch. Wir waren planlos.“ Aber dieses Planlos – und das kann als positive Erkenntnis aus dem Spiel gewonnen werden - hatte nichts mehr mit dem Planlos hoch drei aus dem Paderborn-Spiel zu tun. (csa)