Bremen – Bevor es losging, nahm sich Ole Werner einen kleinen Augenblick Zeit – was sein muss, muss eben sein – und schenkte sich in aller Ruhe ein Glas Wasser ein. Schließlich dürfte ihm nur allzu bewusst gewesen sein, dass er seine Stimme in den kommenden Minuten würde beanspruchen müssen. Und so kam es dann auch. Rund 40 Minuten lang beantwortete der neue Cheftrainer des SV Werder Bremen am späten Montagnachmittag während seiner offiziellen Vorstellung die Fragen der Journalisten.
In stets sachlich-ruhigem Tonfall bezog der 33-Jährige dabei Stellung zu den unterschiedlichsten Themen. Ole Werner sprach über. . .
...seine Verpflichtung bei Werder Bremen
Im Sommer wollte ihn Werder Bremen schon haben, im Herbst hat es nun geklappt: Nach dem Rücktritt von Trainer Markus Anfang steht Ole Werner künftig in der Verantwortung beim Zweitligisten. „Nach dem klar war, dass Werder einen neuen Cheftrainer sucht, war wiederum für mich schnell klar, dass ich mich damit beschäftigen möchte“, erklärte Werner, den die Gespräche mit dem Club dann schnell überzeugten – und dem ein gewisser Stolz anzumerken war, nun dessen Chefcoach zu sein: „Seit ich mich mit Fußball beschäftige, also von Kindesbeinen an, steht Werder für eine Art und Weise von Fußball, die offensiv und mutig ist. Das ist etwas, mit dem ich mich sehr gut identifizieren kann. So möchte ich auch meine Mannschaft spielen sehen.“
...den Aufstieg mit Werder Bremen
Es ist ein Wort, das bei den Werder-Verantwortlichen auf dem Index steht – aber natürlich wurde Ole Werner danach gefragt, ob die Fans mit ihm vielleicht doch noch vom Aufstieg träumen dürfen. Seine Antwort: „Unsere Aufgabe ist es, die Mannschaft weiterzuentwickeln und eine einheitliche Linie auf den Platz zu bringen. Darauf liegt für einen Trainer immer das Hauptaugenmerk.“ Nach Kampfansage hörte sich das wahrlich nicht an, die wäre direkt nach Amtsantritt und vor allem bei der aktuellen sportlichen Situation (als Zehnter hat Werder Bremen acht Punkte Rückstand auf Platz drei) aber wohl auch etwas zu forsch gewesen. Dass er von der grundsätzlichen Qualität bei Werder überzeugt ist, brachte Werner mit anderen Sätzen zum Ausdruck. „Ich glaube, dass wir eine gute Mannschaft haben. Auch der Mitarbeiterstab macht einen guten Eindruck auf mich. Alle wollen an einem Strang ziehen und bringen sich ein.“ Der Anspruch als Werder Bremen müsse es sein, „auf den Platz zu gehen, um Spiele zu gewinnen. Und das wollen wir sichtbar machen.“
...den Impf-Skandal von Markus Anfang
Ole Werner und Markus Anfang kennen sich gut. Als der neue Cheftrainer von Werder Bremen noch die zweite Mannschaft von Holstein Kiel betreute, war sein direkter Vorgänger in Bremen für die Kieler Profis verantwortlich. Dass Anfang vorgeworfen wird, einen gefälschten Impfpass benutzt zu haben, „habe ich über die Medien erfahren und sofort gehofft, dass da nichts dran ist“, berichtete Werner, der den Fall nicht weiter kommentieren wollte, „weil er noch nicht komplett aufgeklärt ist“. In Bezug auf Anfang sprach Werner lieber über fußballerische Themen, denn da kann er von der Arbeit des ehemaligen Werder-Trainers durchaus profitieren. „Ich kann gewisse Dinge, die in dieser Saison passiert sind, ganz gut einordnen und mir vorstellen, warum gewisse Umstellungen vorgenommen wurden“, sagte Werner, der ähnlich wie Anfang vornehmlich auf ein 4-3-3-System setzt. „Wir werden viele Dinge in der Art und Weise ähnlich an die Mannschaft herantragen, denn was die Spielidee angeht, sind Markus Anfang und ich uns schon ähnlich.“
...seine Fußballidee
Natürlich sollte die allgemeine Vorstellungsrunde nicht zur Taktikschulung werden, in Grundzügen erklärte Ole Werner dann aber doch, wie er sein Team agieren sehen möchte. „Mein Ansatz ist, dass wir als Mannschaft auf dem Platz bestimmen wollen, was passiert.“ Besonders wichtig dafür in den Augen des Trainers ist „eine klare Struktur bei Ballbesitz“ sowie die ständigen Fragen in den Köpfen aller Profis: „Wo sind Überzahlräume? Wie möchten wir da reinkommen? Und wie daraus eine Dynamik entwickeln?“ Gegen den Ball legt Werner indes großen Wert darauf, „den Gegner früh zu stören und ihm nicht zu viel Zeit im Aufbau zu geben“.
...die Mannschaft des SV Werder Bremen
Ole Werner ist bei Werder Bremen der vierte neue Trainer im vierten Spiel in Folge, der Werders Zweitliga-Team betreuen wird. Da liegt es auf der Hand, dass die Spieler aktuell alles andere als vor Sicherheit strotzen. Trotzdem hat der 33-Jährige an seinem ersten Arbeitstag eine „ sehr positive und neugierige Stimmung“ wahrgenommen. Normalerweise wäre der Montag frei gewesen, Werner entschied sich aber dagegen, weil er schnellstmöglich mit seiner neuen Mannschaft auf dem Platz stehen wollte. „Es gab zuletzt viele Veränderungen in kurzer Zeit. Es wird also meine Aufgabe sein, der Mannschaft wieder eine klare Arbeitsweise an die Hand zu geben“, sagte Werner – und betonte: „Darauf freue ich mich.“ Überstürzen möchte er allerdings nichts. Sein Motto: „Gute Arbeit führt in der Regel zu guten Ergebnisse, und dann kann man sich auch in der Tabelle in guten Regionen bewegen.“
...seinen Impfstatus
Normalerweise wäre die Frage danach wohl eher nicht auf einer Trainer-Pressekonferenz aufgetaucht. Seit dem Fall Anfang ist in dieser Hinsicht aber nichts mehr normal bei Werder Bremen. „Also ich bin nachweislich doppelt geimpft, die Booster-Impfung habe ich noch nicht bekommen“, sagte Werner, der dem Verein seinen Impfpass bereits vorgelegt hat.
...sich als Typ
Das innere Seufzen war förmlich zu hören, bevor Ole Werner auf Nachfrage zur Selbstbeschreibung ansetzte. „Es ist immer eine dankbare Aufgabe, über sich selbst zu sprechen“, begann er ironisch, kam dem Wunsch dann aber doch nach: „Ich bin offen, zugänglich und jemand, der gerne im Dialog steht. Mich interessiert die Meinung von anderen Leuten, und trotzdem treffe ich am Ende gerne Entscheidungen. Grundsätzlich bin ich jemand, mit dem man in der Kommunikation gut klarkommen kann.“
...das Weserstadion bei Heimspielen von Werder Bremen
Drin war er vor langer Zeit einmal, mit einer Jugendmannschaft von Holstein Kiel auf Besichtigungstour. Seitdem aber nicht mehr, weshalb Ole Werner fast schon verlegen einräumte: „Ich habe hier weder als Spieler noch als Trainer Spiele bestritten und muss zu meiner Schande gestehen, dass ich auch sonst bei keinem Spiel im Weserstadion war.“ Nun ja, das wird sich zeitnah ändern. Werner freut sich darauf, „die Stimmung direkt vor Ort zu erleben“. In der Hoffnung, dass Fans kommen dürfen, was bei Werder Bremen und Co. in der aktuellen Pandemie-Lage noch nicht sicher ist.
...seine Komfortzone
Nach insgesamt 15 Jahren bei Holstein Kiel hat Ole Werner seine Komfortzone mit dem Wechsel zu Werder Bremen verlassen, das sieht er selbst so. „In Heimatverein Trainer zu sein, hat immer Vor- und Nachteile“, sagt er. In Kiel habe er „alles und jeden“ gekannt, nun müsse er sich an viele neue Dinge gewöhnen. „Aber es ist doch klar, dass in meinem Beruf die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass man nicht sein Leben lang vor der eigenen Haustür arbeitet.“ (dco) Auch interessant: So seht Ihr das Zweitliga-Duell von Werder Bremen gegen Erzgebirge Aue live im TV und im Live-Stream!