Lost Places, also Orte, die verlassen sind und eine gewisse Angst bei Besucher auslösen, sind gefragt wie nie. Doch warum ist Dark Tourism so beliebt?
Gräueltaten und Tragödien haben sich an diesen Orten abgespielt - und viele Touristen werden gerade davon angezogen. Dabei spricht man dann von Dark Tourism, als "düsterem Tourismus". Was es mit diesem Phänomen auf sich hat.
Dark Tourism: Was ist das eigentlich genau?
Jedes Jahr strömen Millionen sogenannter "düsterer Touristen" zu Kriegsdenkmälern, verfallenen Herrenhäusern oder stillgelegten Gefängnisse oder Kernkraftwerken auf der ganzen Welt, um mit eigenen Augen zu sehen, was von ihrer tragischen Vergangenheit übriggeblieben ist. Allein das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin zieht pro Jahr rund eine halbe Million Besucher an.
Es gibt zahlreiche düstere Destinationen, die bei Reisenden auf der ganzen Welt beliebt sind, so auch in Deutschland. Nicht selten ist das Betreten dieser verlassenen Orte gar nicht erlaubt. Andere dagegen bieten sogar Führungen an, um an die Vergangenheit des Bauwerks zu erinnern und die Menschen, die einst darin lebten, zu ehren.
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Düsterer Tourismus: Wieso zieht er so viele Menschen an?
Professor Lennon, ein Dozent für düsteren Tourismus an der Glasgow Caledonian University London, erklärte gegenüber dem Portal Telegraph, was es mit dem Phänomen auf sich hat. Er glaubt, dass solche Besuche "von dem Wunsch nach tatsächlichen oder symbolischen Begegnungen mit dem Tod motiviert sind". Die "dunkle Seite" des Tourismus ist laut Lennon nicht neu. Schon unseren Vorfahren hätten sich für derart düstere Begebenheiten interessiert, wie etwa Gladiatorenspiele oder ähnliches.
Warum Orte der Massentötung so gut besucht seien, so Lennon, sei nur schwer zu interpretieren. Besonders diejenigen, die mit dem jüdischen Holocaust in Verbindung gebracht würden, stellten große Herausforderungen dar. "Es stellt sich immer wieder die Frage nach der Motivation der Besucher", erklärt der Professor.
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Die Bandbreite des Dark Tourism
Auch Dr. Philip Stone, Executive Director des Instituts für düstere Tourismusforschung (iDTR), beschäftigt sich in seinem Buch "The Darker Side of Travel: The Theory and Practice of Dark Tourism", das erstmalig im Jahr 2009 erschien, mit dem Thema, warum das Konzept des "düsteren Tourismus" ein steigendes Interesse erfährt. Reisen zu Orten des Todes, des Desasters und des scheinbar Makabren sieht Stone dabei als Mittel zur Betrachtung der Sterblichkeit in vorwiegend westlichen Gesellschaften.
In einem 2006 erschienenen Paper schrieb Dr. Stone über das Angebot des "düsteren Tourismus". Er ordnet darin die Reiseziele für Dark Tourism in sieben verschiedene Typen ein, von hell bis dunkel:
- Düstere Spaßfabriken
- Düstere Ausstellungen
- Düstere Verliese
- Düstere Ruhestätten
- Düstere Schreine
- Düstere Konfliktorte
- Düstere Orte des Völkermords
Im Jahr 2008 stellte Stone zusammen mit Richard Sharpley die Hypothese auf, dass das touristische Zusammenkommen an Orten, die mit Trauer und Tod verbunden sind, Unmoral bedeute, so dass wiederum Moral vermittelt werden könne.
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Die bekannteste Ziele des Dark Tourism weltweit
Düstere Orte mit noch düsterer Vergangenheit vermitteln ihren Besuchern das Gefühl, eine fast unsichtbar gewordene Geschichte wieder aufleben zu lassen, die meist mit großen Leid für viele Menschen in Verbindung steht. Zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten des Dark Tourism gehören folgende Orte:
- Auschwitz
- Tuol Sleng im Phenom Phen
- Ground Zero
- Alcatraz
- Robben Island
- Die Insel der toten Puppen
- Kapuzinergruft in Palermo
- Pantyfynnon, Wales
- und viele weitere
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