Am Himmel sieht man sie oft deutlich: Kondensstreifen von Flugzeugen. Verschwörungstheoretiker nennen sie "Chemtrails" - doch um was handelt es sich dabei wirklich?
Kondensstreifen kennt wohl jeder: Es handelt sich hierbei um die weißen Streifen, die Flugzeuge hinter sich im Himmel hinterlassen. Diese treten in erster Linie bei sehr hoch fliegenden Flugzeugen auf.
Chemtrails: Gibt es sie wirklich?
Zu Kondensstreifen gibt es hartnäckige Verschwörungstheoretiker, die behaupten, die Streifen am Himmel seien Chemikalien, die von Flugzeugen versprüht werden. Dieses Gerücht zu widerlegen ist kein Leichtes, denn tut man es, gilt man selbst als Teil der Verschwörung.
Wie eine internationale Umfrage herausfand, halten fast 17 Prozent der Befragten die Existenz eines geheimen atmosphärischen Großprogramms, das SLAP (secret, large-scale atmospheric spraying program) genannt wird, für wahr oder teilweise für richtig.
SLAP wird gemeinhin als "Chemtrails" bezeichnet: Die Regierung sei hier am Werke, um Menschen mit Giften in Form von Flugzeugabgasen unter Kontrolle zu halten und negativen Einfluss auf ihre Gesundheit zu nehmen. Doch was ist wirklich dran an dieser Theorie?
Um dies herauszufinden, untersuchten Forscher in einer Studie der University of California, die bereits im Jahr 2016 im Fachblatt Enviromental Research Letters erschien, ob an dieser Theorie etwas dran sei. Sie stellten dafür zwei Expertenteams zusammen: Atmosphärenchemiker, die sich mit Kondensstreifen beschäftigen, und Geochemiker, die sich mit atmosphärischer Staub- und Schadstoffablagerung beschäftigen.
Die Ergebnisse zeigen, dass 76 der 77 Wissenschaftler, also genauer gesagt 98,7 Prozent, die an dieser Studie teilnahmen, belegten, dass sie keine Beweise für die Existenz der "Chemtrails" gefunden hätten. Der einzige Teilnehmer, der anderer Ansicht war, erklärte, er habe "hohe Konzentrationen von atmosphärischem Barium in einem abgelegenen Gebiet mit vergleichswese 'niedrigem' Bodenbarium" gefunden.
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Was sind Kondensstreifen dann genau?
Die Sonne scheint, blauer Himmel, nur ein paar Kondensstreifen sind zu sehen. Jeder weiß, dass sie von Flugzeugen kommen. Aber wie entstehen sie, und was sagen sie über das Wetter aus?
Während des Fluges treten aus den Triebwerken der Flugzeuge Feuchtigkeit und Verbrennungspartikel aus. Diese Partikel dienen als sogenannte Kondensationskerne: Bei feuchter Luft lagert sich Wasser an die Kerne an. "Dieses Konstrukt wächst und wird von uns als Kondensationsstreifen wahrgenommen", erklärt Thomas Dümmel, Meteorologe an der Freien Universität Berlin. Die Streifen seien nichts anderes als normale Wolken. Da die Entstehung etwas dauert, sehe man einen Kondensstreifen nicht direkt hinter dem Flugzeug.
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Wettervorhersage durch Kondensstreifen?
Wer Kondensstreifen am Himmel beobachtet, kann sogar Prognosen über das Wetter treffen. Denn Kondensstreifen entstehen dadurch: Die Luft wird je nach Flughöhe immer dünner und kälter. Abgase, die aus Flugzeugen dringen, sind dagegen sehr heiß. Wenn diese heiße Luft auf die kalte trifft, gefriert der Wasserdampf der Abgase zu Eis.
"Feuchte Luft ist ein Anzeichen für einen bevorstehenden Wetterwechsel", erklärt Dümmel. Umgekehrt gilt: Kurze oder keine Kondensstreifen am Himmel deuten darauf hin, dass die Luft sehr trocken ist. "Beobachter können dann davon ausgehen, dass das Wetter erstmal schön bleibt", so der Meteorologe. Verzerrte oder ausgebreitete Kondensstreifen deuten auf starken Wind auf der Höhe des Flugzeuges hin.
Diese Unterschiede zeigen auf, wie das Wetter wird:
- Lange Kondensstreifen entstehen durch hohe Luftfeuchtigkeit. Diese wiederum bedeutet, dass ein Unwetter naht.
- Kurze Kondensstreifen entstehen dagegen, wenn die Luftfeuchtigkeit geringer ist, und kündigen somit meist gutes Wetter an.
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sca / dpa