Die Reiserücktrittsversicherung ist der Nothelfer, damit der Mensch, wenn schon der Urlaub ins Wasser fällt, nicht auch noch vor dem finanziellen Fiasko steht. Was ist dabei zu beachten?
In Zeiten, in denen die Urlaube wegen Preisrabatten oder knappen bemessenen Flugkapazitäten immer früher gebucht werden, ist die Reiserücktrittsversicherung wichtiger denn je. Wann sie greift und was sie kostet – wir haben nachgefragt.
Klassischer Reiserücktritt
Die Standards kennt jeder. Dass die Reiserücktrittsversicherung etwa bei einer kurzfristigen schweren Erkrankung greift, bei einer Unfallverletzung, bei Impfunverträglichkeit und daraus resultierenden Komplikationen, bei Schwangerschaft, Verlust des Arbeitsplatzes durch eine betriebsbedingte Kündigung oder bei Sachschäden am Eigentum.
Diese Gründe stuft beispielsweise die Elvia in die Kategorie „klassischer Reiserücktritt“ ein. 31 Euro muss der Kunde dafür etwa bei einem Reisepreis von 1.000 Euro zahlen.
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Reiserecht: 20 Gründe für den Reiserücktritt
Wer darüber hinaus für weitere Fälle versichert sein will, der findet bei der Elvia das Angebot des sogenannten Flexi-Schutzes. Der kostet bei einem angenommenen Reisepreis von 1.000 Euro 48 Euro pro Person, also fast das Doppelte, greift aber in wesentlich mehr und vor allem auch ziemlich außergewöhnlichen Fällen.
Wenn der Hund angefahren wurde und wegen seiner schweren Verletzungen zur Pflege nicht in fremde Hände gegeben werden kann etwa. Oder wenn die Beziehung in die Brüche geht und der gemeinsam geplante Urlaub damit hinfällig wird. Oder wenn man unerwartet Trauzeuge wird und der Hochzeitstermin ausgerechnet in den Zeitraum des gebuchten Urlaubs fällt. Oder aber, auch das gab es schon mal in den Akten der Versicherung, wenn ein wichtiges Fußballderby unvorhersehbar verlegt wird, man Dauerkartenbesitzer ist und das Spiel auf den Urlaubsbeginn fällt.
Auch bei der Würzburger Versicherung und der Hanse-Merkur, die zusammen beim jüngsten Vergleich von Reiserücktrittsversicherungen der Stiftung Warentest als Sieger hervorgingen, gibt es die besonderen Fälle, in denen die Reiserücktrittsversicherung greift. Der Bruch einer Prothese oder die Lockerung von implantierten Gelenken zum Beispiel. Oder konjunkturbedingte Kurzarbeit für einen Zeitraum von mindestens drei aufeinanderfolgenden Monaten und daraus resultierende Reduzierung des monatlichen Brutto-Einkommens um mindestens 35 Prozent. Und was den Hund betrifft, so ist bei der Würzburger und der Hanse-Merkur neben einer schweren Unfallverletzung auch der Fall abgedeckt, dass das Tier erkrankt oder die Impfung nicht verträgt, die es zur Reise benötigt hätte.
Eine Besonderheit bietet die ERV-Reiseversicherung mit dem kostenlosen medizinischen Beratungsservice an. Er soll erkrankten Urlaubern bei der Entscheidung helfen, ob sie die Reise sofort stornieren sollen, oder ob sich ihr Zustand bis zum Reiseantritt noch bessert. Erfahrene Reisemediziner sprechen dabei eine Empfehlung aus. Muss die Reise später wider Erwarten doch storniert werden, trägt die ERV die höheren Kosten.
Reiserücktrittsversicherungs-Infos
Kosten: Preislich unterscheiden sich Reiserücktrittsversicherungen nur geringfügig. Bei einem Reisewert von 1.000 Euro muss man mit einer Prämie von 30 bis 32 Euro rechnen, je nach Versicherung, bei 5000 Euro Reisewert liegt die Prämie bei 139 Euro. Wer mehrmals im Jahr verreist, für den ist eine Jahrespolice sinnvoll.
Vergleich: Die Zeitschrift Finanztest veröffentlichte in ihrer Ausgabe 1/2012 einen Vergleich der wichtigsten Reiserücktrittsversicherungen. Testsieger waren dabei die Würzburger Versicherung und Hanse-Merkur.
Schlichtung: Sollte es Schwierigkeiten im Leistungsfall geben kann der Versicherte das kostenlose Schlichtungsverfahren beim Versicherungsombudsmann in Anspruch nehmen. www.versicherungsombudsmann.de, Tel. 0800/3696000. Die Hanse-Merkur macht hier mit, Elvia, ERV und URV allerdings nicht.
20 Gründe für den Reiserücktritt im Überblick
- Tod oder unerwartete, schwere Erkrankung der versicherten Person oder einer Risikoperson (z.B. Angehörige oder Mitreisende).
- Unerwartete Impfunverträglichkeit.
- Schwangerschaft der versicherten Person oder einer Risikoperson.
- Erheblicher Schaden am Eigentum durch Feuer, ein Elementarereignis oder die Straftat eines Dritten (z.B. Einbruch).
- Verlust des Arbeitsplatzes aufgrund einer unerwartetet betriebsbedingten Kündigung durch den Arbeitgeber.
- Konjunkturbedingte Kurzarbeit über einen bestimmten Zeitraum mit Reduzierung des Bruttoeinkommens (mindestens 35 Prozent).
- Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses, falls die Person bei Reisebuchung arbeitslos war und das Arbeitsamt der Reise zugestimmt hatte.
- Arbeitsplatzwechsel, vorausgesetzt die Reise wurde vor Kenntnis des Wechsels gebucht und die Probezeit fällt in den Reisezeitraum.
- Wiederholung von nicht bestandenen Prüfungen an einer Schule oder Universität.
- Nichtversetzung eines Schülers (z.T. mit der Einschränkung: falls es sich um eine Schul- oder Klassenfahrt handelt).
- Bruch von Prothesen oder unerwartete Lockerung von Implantaten.
- Trennung (Nachweis der Ummelde-Bescheinigung) oder Einreichung der Scheidungsklage.
- Unerwartete gerichtliche Ladung, sofern das Gericht einer Verscheibung des Termins nicht zustimmt.
- Unerwartete schwere Erkrankung, schwerer Unfall oder Impfunverträglichkeit eines zur Reise angemeldeten Hundes.
- Einladung als Trauzeuge zu einer Hochzeit, wenn der Termin in der Zeit des lange vorausgeplanten Urlaubs liegt.
- Ausfall der Urlaubsvertretung eines Selbständigen z.B. wegen Krankheit.
- Überraschende Qualifikation einer Sportmannschaft für das Bundesfinale, bei der die Teilnahme der Person (des Kindes) unverzichtbar ist.
- Unerwartete Verlegung eines Fußballderbys auf den Urlaubsbeginn des Dauerkartenbesitzers.
- Notwendiger Beistand einer schwer erkrankten Freundin bei einer unvorhersehbaren Verschlechterung der Krankheit. Hier ist eine Nennung von Zeugen notwendig, die das innige Freundschaftsverhältnis bestätigen.
- Unerwarteter Termin zur Spende von Organen oder Geweben (z.B. Knochenmark).
Christine Hinkofer