Tatsache oder Legende: Lassen Flugzeuge während des Fliegens tatsächlich häufig große Mengen Kerosin über Städten und anderen Gebieten ab?
Immer wieder müssen Flugzeuge Treibstoff ablassen, um in kritischen Situationen ihr Landegewicht zu verringern. Treibstoffschnellablass heißt dieses Prozedere. Doch wie häufig kommt das wirklich vor und welche Schäden bringt es mit sich?
Warum wird überhaupt Kerosin aus fliegenden Flugzeugen abgelassen?
Beim Treibstoffschnellablass handelt es sich um ein Notverfahren. Flugzeugen soll es eine Kontrolle über die Landung geben. Das Gewicht der Maschine könne so verringert werden, was vor allem bei einer Notlandung kurz nach dem Start notwendig sei.
Wie der Flughafen Berlin Brandenburg (FBB) auf seiner Website schreibt, müsse ein Flugzeug eine größere Menge Kerosin ablassen, wenn es vollgetankt kurz nach dem Start auf einem Langstrecken-Flug wegen eines Notfalls oder einer technischen Störung landen müsse. "Dabei handelt es sich um einen absoluten Ausnahmefall, der zuvor von der Deutschen Flugsicherung genehmigt werden muss."
Wie kann das Ablassen von Kerosin erlaubt sein?
Die Deutsche Flugsicherung registriert jährlich rund 40 Vorkommnisse, in denen das Ablassen von Kerosin zugelassen wird, heißt es beim FBB. Das häufige oder reguläre Kerosinablassen sei lediglich ein Gerücht. "Das Missverständnis hat seine Ursache möglicherweise in sichtbaren Verwirbelungen, die vor allem bei feuchtem Wetter hinter den Tragflächen zu sehen sind. Sie bestehen aus Kondenswasser und enthalten kein Kerosin. Zweifellos bekäme jeder Pilot, der ohne Not teuren Treibstoff verschwendet, zu Recht Ärger mit seiner Fluggesellschaft."
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Langstreckenpilot Nikolaus Braun erklärte gegenüber dem Portal Airliners ebenso, dass an Flugzeugen oftmals etwas anderes für Kerosin gehalten werden: "Wasser beziehungsweise Luftfeuchtigkeit aus der Umgebungsluft. Niemals, unter keinen Umständen, wird im Landeanflug oder in geringen Höhen Kerosin abgelassen."
Zudem hätten nur Langstrecken-Flugzeuge überhaupt die Möglichkeit, Kerosin abzulassen. "Flugzeugtypen für die Langstrecke haben im Alltag eine sehr große Gewichtsdifferenz zwischen dem Startgewicht und dem Landegewicht", so Braun.
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Schäden für Gesundheit und Umwelt?
Wie es in einer Pressemitteilung heißt, schrieb das bayerische Verkehrsministerium an den SPD-Fraktionsvorsitzenden, ihm seien "keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen" für die Bevölkerung durch Ablassen von Kerosin bekannt. Ebenso lägen "keine Kenntnisse zu eventuellen Auswirkungen von abgelassenem Kerosin auf die Tier- und Pflanzenwelt sowie auf Oberflächengewässer und Grundwasser vor".
Dennoch: Allein über Bayern seien in den Jahren 2015 und 2016 401,5 Tonnen Kraftstoff abgelassen worden, "mehr als in jedem anderen Bundesland". Das gehe aus einer Antwort der bayerischen Staatsregierung auf eine Anfrage von SPD-Landtagsfraktionschef Markus Rinderspacher hervor.
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sca