Auf dem Platz definierte sich Vincent Kompany über Leader-Qualitäten. Auch als Trainer geht der Belgier voran, wie eine emotionale Kabinenansprache zeigt.
München – Autorität, Ehrgeiz, Menschenführung: Attribute, nach denen der FC Bayern bei der Trainersuche – bislang recht erfolglos – fahndet. Vincent Kompany, neuer Top-Favorit auf den Posten an der Säbener Straße, bringt einiges davon mit.
Was ihm noch fehlt, ist der durchschlagende Erfolg als Trainer. Weshalb die Münchner mit seiner Verpflichtung durchaus ein beachtliches Risiko eingehen würden. Kompany ist noch ein junger Trainer, Experten bescheinigen ihm das nötige Talent für den Job. Seine Vorstellung von Fußball deckt sich mit den Ansprüchen des FC Bayern: Dominanz, Ballbesitz, 4-2-3-1, attraktiver Fußball.
Vincent Kompany vor Unterschrift beim FC Bayern: Bitter nötiges Alphatier?
Nun hat der erfolgsmüde FC Bayern in den letzten zwei Jahren mit Thomas Tuchel und Julian Nagelsmann bereits zwei fachlich und taktisch hochveranlagte Übungsleiter verschlissen. Das lässt den Schluss zu: In München kommt es auch auf andere Attribute an. Zum Beispiel auf Autorität in der Kabine.
Die erfolgreichsten Bayern-Trainer der letzten Jahrzehnte vereint eins: Sie waren durchweg absolute Respektspersonen. Ob Guardiola, Ancelotti, Heynckes oder Hitzfeld – der Chef im Ring stand stets fest. Auch Kompany ging als Spieler bedingungslos voran. Als Kapitän von Manchester City schoss er zum Beispiel den FC Liverpool ins Tal der Tränen.
Kompany droht eigenen Spielern: Angsteinflößende Rede macht die Runde
Ein Kabinen-Mitschnitt lässt vermuten, dass Kompany auch als Trainer ähnlich tickt. Beim RSC Anderlecht, seiner ersten Station als Trainer, hielt er eine Ansprache, die sich gewaschen hat. Ein in den sozialen Medien kursierendes Video zeigt den Belgier, wie er mit seiner gesamten Mannschaft abrechnet.
„Es gibt eine Seite von mir, die ihr noch nicht gesehen habt“, beginnt er seine angsteinflößende Rede mit einer Drohung. Dann richtet er sich direkt an einen Spieler, der sich zuvor offenbar zur taktischen Ausrichtung geäußert hatte. „Wes, ob wir mit drei, vier, fünf oder sechs (wohl in der Abwehrkette, Anm. d. Red.) spielen, ist meine verdammte Entscheidung“, brüllt er.
Video: Bayern-Kandidat Kompany fährt bei Kabinenansprache aus der Haut
„Ich habe meine Zeit verschwendet“: Heizt Kompany bald den Bayern-Stars ein?
Im Satz darauf nimmt er sich einen weiteren Spieler zur Brust und fällt ein vernichtendes Urteil: „Letztes Mal haben wir schon über deine Einstellung gesprochen. Du warst nicht gut, genau wie alle anderen. Ich hätte alle auswechseln können.“
Kompany gibt seiner Mannschaft zum Schluss einen Denkzettel: „Heute haben wir es verdient, zu verlieren. 95 Minuten lang haben wir unsere Zeit verschwendet. Ihr habt eure Zeit verschwendet, ich habe meine Zeit verschwendet. Es wäre besser gewesen, wenn wir das U-21-Team geschickt hätten.“ Rumms!
Ein Blick in die Gesichter der Spieler zeigt, dass die Wutrede des Trainers ihre Wirkung nicht verfehlt. Heizt der 38-Jährige auf ähnliche Weise bald den Bayern-Stars ein? Dass frischer Wind bitter nötig ist – und zwar nicht nur eine leichte Brise –, hat die titellose Saison jedenfalls gezeigt. (epp)
