Matthias Sammer zeigt sich über die Vorgänge beim FC Bayern verwundert. Die Situation von Leon Goretzka bedauert der TV-Experte.
München – Über den Umgang des FC Bayern mit manchen seiner Spieler ist Matthias Sammer irritiert. „Ich würde nie versuchen, jemanden öffentlich infrage zustellen, von dem ich drei Wochen später erwarten muss, dass er mir alles gewinnen kann. Das würde ich persönlich nicht tun“, sagte der 56-Jährige, der auch in der Saison 2024/25 als TV-Experte fungieren wird, am Mittwoch (4. September) auf einer Veranstaltung des Streaminganbieters Prime Video in München.
„Es ist immer gut und wertvoll, Menschen nach außen richtig zu stützen und zu verteidigen, nach innen ist das etwas anderes“, so der frühere Sportvorstand des FC Bayern. Sammer nannte in diesem Zuge das Beispiel von Joshua Kimmich, dessen ehemaliger Bayern-Trainer Thomas Tuchel eine Mittelfelddebatte losgetreten hatte.
„Hören Sie bitte einmal Jupp Heynckes oder Ottmar Hitzfeld in Pressekonferenzen“
„Wir können darüber diskutieren: Ist er der richtige Sechser? Ist er der richtige Rechtsverteidiger? Aber wir können nicht darüber diskutieren, dass er sein ganzes Leben auf dem Platz lässt“, sagte Sammer, der auch an Diskussionen um die Münchner Verteidiger Dayot Upamecano und Minjae Kim sowie den mittlerweile an Manchester United verkauften Matthijs de Ligt erinnerte.
„Man hat sie infrage gestellt, aber gleichzeitig Stabilität erwartet“, wunderte sich Sammer und führte aus: „Hören Sie bitte einmal Jupp Heynckes oder Ottmar Hitzfeld in Pressekonferenzen, ob sie einmal irgendeinen Spieler infrage gestellt haben. Ich kann mich nicht erinnern. Und ich habe auch teilweise einen Dreck gespielt. Ottmar Hitzfeld hätte mich nie infrage gestellt.“
So beurteilt Sammer die Situation von Goretzka
Sammer stellte allen voran den Umgang mit Leon Goretzka infrage. Er betrete bei diesem Thema „dünnes Eis“, gestand der Europameister von 1996, der Goretzka, der „bestimmt einen eigenen Kopf“ habe, schon kennt, seitdem dieser 16 Jahre alt ist.
Die Verantwortlichen des FC Bayern teilten Goretzka im Sommer mit, dass der Konkurrenzkampf im Mittelfeld groß ist und er keine tragende Rolle spielen würde. Obwohl Goretzka im DFB-Pokal in Ulm (4:0) ausgebootet wurde und nicht einmal im Kader stand, entschied sich der 29-Jährige für einen Verbleib in München.
„Es ist etwas untypisch für Bayern München“
„Bayern München hat sich dafür entschieden, das so zu tun. Die Motive sind von mir nicht zu beurteilen. Ich persönlich hätte das nicht getan, ich muss aber auch nicht das Gehalt geben, ich weiß nicht, wie der Trainer über ihn denkt, ich weiß nicht, wie sie die Strategie insgesamt sehen“, erläuterte Sammer.
„Es ist etwas untypisch für Bayern München, ich hab das in der Vergangenheit öffentlich nie wahrgenommen, dass das passiert ist“, so Sammer über das Verhalten der Verantwortlichen gegenüber Goretzka. „Ich kritisiere überhaupt nichts, ich stelle nur infrage, was das für die Seele von Menschen bedeutet. Das kenne ich so nicht, das kenne ich auch auf Top-Top-Level international nicht.“
Sammer: „Ich persönlich halte das nicht für den richtigen Weg“
Goretzka sei schließlich nicht „so ein Möchtegern“, sondern habe schon Titel gewonnen. „Wenn ich jemanden irgendwann nicht mehr haben will, dann kann man das anders lösen als über die Öffentlichkeit“, betonte Sammer. Zuletzt in der Bundesliga beim 2:0 gegen den SC Freiburg wurde der vertraglich noch bis zum 30. Juni 2026 gebundene Goretzka erst in der 90. Minute eingewechselt.
Wenn ein Spieler öffentlich infrage gestellt werde, dann habe das „Signalwirkung“, befand Sammer. „Ich persönlich halte das nicht für den richtigen Weg, das heißt aber nicht, dass ich damit Recht haben muss.“