Geisterspiele scheinen die einzige Möglichkeit zu sein, in Zukunft wieder Fußball zu sehen, stoßen bei den Ultras jedoch auf Kritik. Der deutsche Fußball sei „krank genug“ und gehöre „weiterhin in Quarantäne.“
- Die Corona-Krise lähmt den Sport spürbar*.
- Wann es in den deutschen Fußballligen weiter gehen kann*, ist weiterhin unklar.
- Vieles deutet darauf hin, dass der Neustart mit Geisterspielen* geschehe - wofür es nun von Seiten der Fanszenen massive Kritik hagelt.
München - Seit Wochen steht Fußball-Deutschland nunmehr still. Am 11. März ging mit dem Nachholspiel Borussia Mönchengladbach gegen den 1. FC Köln die vorerst letzte Partie im deutschen Profifußball über die Bühne - es war das erste Geisterspiel der Bundesligahistorie*.
In den aktuellen Corona-Krisenzeiten wird deutlich, dass es gewiss nicht das letzte gewesen sein wird. Da die Bundesregierung Anfang der Woche sämtliche Großveranstaltungen bis zum 31. August untersagte, stellen Geisterspiele quasi die Ultima Ratio dar, um den straffen Terminkalender* ansatzweise einhalten zu können.
Coronavirus lähmt den Sport: Bundesligisten auf TV-Gelder angewiesen
Die Wiederaufnahme des rollenden Balles sei zudem zwingend notwendig, um die Vereine vor dem finanziellen Ruin zu bewahren*. Zuletzt wurde deutlich, dass die Corona-Krise dabei nicht nur die vermeintlich kleinen Klubs trifft, sondern auch vor langjährigen Bundesligisten und Europacup-Teilnehmern wie Schalke 04 nicht Halt macht. Geisterspiele und die dadurch generierten TV-Gelder scheinen also unausweichlich - es gibt jedoch auch Gegenstimmen.
Corona-Krise im Fußball: Ultras gegen Geisterspiele - „Der Profifußball ist krank genug“
Die deutschen Fanszenen sprechen sich massiv gegen die Wiederaufnahme des Spielbetriebs aus. In dem gemeinsam veröffentlichten Schreiben „Quarantäne für den Fußball – Geisterspiele sind keine Lösung“ stellen Ultras aus dem ganzen Land ihren Standpunkt dar.
Ein Ende der Pause sei „in der aktuellen Situation nicht vertretbar – schon gar nicht unter dem Deckmantel der gesellschaftlichen Verantwortung.“ Denn dies „wäre blanker Hohn gegenüber dem Rest der Gesellschaft und insbesondere all denjenigen, die sich in der Corona-Krise wirklich gesellschaftsdienlich engagieren. Der Profifußball ist längst krank genug und gehört weiterhin in Quarantäne.“ Fußball habe zwar „eine herausgehobene Bedeutung, systemrelevant ist er jedoch ganz sicher nicht.“
Begründet wird dies mit der „Praxis eines Fußballspiels mit Zweikämpfen, eines normalen Trainingsbetriebes in Zeiten von Versammlungsverboten und eines gemeinsamen Verfolgens potenzieller Geisterspiele durch Fans.“ Zudem dürfe der Fußball gegenüber anderen Branchen nicht bevorzugt werden.
Coronavirus: Geisterspiele als Lösung? „Viele Vereine müssten dann eventuell Insolvenz anmelden“
Kritisiert wird darüber hinaus, dass sich DFB und DFL nicht wirklich für die Ligen unter der 2. Bundesliga interessieren würden. Klar ist zumindest, dass unterklassige Vereine einen elementaren Teil ihrer Einnahmen aus Eintrittsgeldern ziehen und deutlich weniger von TV-Geldern.
Bei einer Fortsetzung des Spielbetriebs mit Geisterspielen würden diese Klubs vor großen wirtschaftlichen Problemen stehen. Claus-Dieter Wollitz, Coach von Drittligist Magdeburg sagte jüngst gegenüber spox.com: „Viele Vereine müssten bei Geisterspielen eventuell Insolvenz anmelden. Daher kann ich es nicht nachvollziehen, Vereine bewusst in Insolvenzen führen zu wollen.“
Coronavirus im Fußball: Ultras gegen Geisterspiele - DFL-Plan „darf nicht umgesetzt werden“
Abschließend kommen die Fanzsenen zu dem klaren Fazit: „Der aktuelle Plan der DFL, den Spielbetrieb im Mai in Form von Geisterspielen wieder aufzunehmen, darf nicht umgesetzt werden.“
Gewohnt deutliche Worte von Seiten der Ultras, die sich wie so oft zuvor trotz unterschiedlicher Fanzugehörigkeit zusammenschließen - Anhänger vom FC Bayern* Hand in Hand mit denen von Borussia Dortmund, Ultras vom Karlsruher SC einer Meinung mit dem verhassten Nachbarn aus Stuttgart.
In jüngster Vergangenheit wurde dieser gemeinsame Protest zum Beispiel beim Boykott der aus Ultras-Sicht unliebsamen Montagsspiele sowie den Diffamierungen gegen Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp* deutlich, welche die Ultras ebenfalls als Protestaktion verstanden haben wollen.
Corona: Ultras gegen Geisterspiele - wie lautet Ihre Meinung?
Nächste Woche findet die DFL-Vollversammlung statt, in der über das „ob“ beziehungsweise vermutlich eher das „wann“ des Neustarts diskutiert wird. Die Fanszenen sehen übrigens selbst in einem kompletten Abbruch der Saison „kein Tabu“ - dies erscheint nach aktuellem Stand jedoch nur schwer vorstellbar. Was denken Sie, wie sollte in der aktuellen Situation verfahren werden? Stimmen Sie ab.
Bei einigen Vereinen helfen die Spieler dabei, wirtschaftliche Probleme abzuwenden. Auch die Profis des FC Bayern München sind zum Gehaltsverzicht bereit und verzichten. Unabhängig dessen sollte einige Klubs ihre gegenwärtigen Strukturen gewaltig überdenken - Ein Kommentar*.
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