Lille - Vor dem Spiel zwischen Deutschland und der Ukraine ist es in Lille zu Krawallen gekommen. Deutsche Hooligans attackierten gegnerische Fans. Auch rechtsradikale Parolen wurden skandiert.
Zuerst die unschönen Szenen in Marseille, dann die Krawalle in Nizza - nun gibt es auch Ausschreitungen in Lille. Dort griffen am späten Nachmittag vor dem deutschen Auftaktspiel zwischen dem DFB-Team und der Ukraine mehr als 50 deutsche Hooligans in der Nähe des Bahnhofs ukrainische Fans an. "Die französische Polizei hat sehr spät eingegriffen", sagte Volker Goll, stellvertretender Leiter der Koordinationsstelle Fanprojekte (KOS).
Bilder auf Twitter zeigen, wie Stühle durch die Luft flogen, auch Flaschen wurden als Wurfgeschosse auf gegnerische Fans genutzt, Rauchbomben gezündet. Nach ersten Informationen sollen in der Stadt viele Hogesa-Anhänger gesichtet worden sein (aus Pforzheim, Dresden, Leipzig). Auch Dortmunder sollen an den Krawallen beteiligt gewesen sein. Eine Brasserie wurde komplett zerlegt. Der Express berichtete, dass die deutschen Hooligans nicht-deutsche Kamerateams bespuckt haben sollen. Auch ein Reporter des TV-Senders Sport1 wurde von zwei Krawallmachern attackiert und bekam einen Schlag in die Rippen. Zwei Ukrainer wurden verletzt.
"Mittags war alles noch friedlich", berichtet unser Reporter Günter Klein aus Lille. "Es sind Fans ohne Ticket da - so ist das bei Turnieren seit einigen Jahren immer. Deren Stunde schlägt, wenn die normalen Fans im Stadion sind."
Unglaublich: Eine Gruppe deutscher Fußballfans ließ sich mit einer Reichskriegsflagge fotografieren, der Hitlergruß wurde gezeigt. Das Bild landete prompt auf Twitter. Auch rechtsradikale Parolen sollen skandiert worden sein. Nach Informationen des SID sollen etwa 150 polizeibekannte Gewalttäter aus Deutschland nach Lille gefahren sein.
Ah oui
— Jessica Hammoutène (@Jessica_Hmtn) 12. Juni 2016
Les #GER sont pas différents des autres en fait.
Bal de chaises à Rihour.#LILLE #HOOLIGANS #GERUKR #EURO2016 pic.twitter.com/WzWpMqZxYZ
Die Reichskriegsflagge, die einige Hooligans mit sich trugen, war bis zum Jahr 1892 die offizielle Kriegsflagge der kaiserlichen Marine. Im Jahr 1933 orientierten sich Nazis an den Symbolen und Farben der Reichskriegsflagge. Mittlerweile ist die Flagge mit Hakenkreuz verboten, ohne Hakenkreuz allerdings erlaubt. Sie wird mit Rechtsextremismus in Verbindung gebracht.
Die Bundespolizei hinderte nach eigenen Angaben 21 Hooligans an der Ausreise nach Frankreich. In der Nacht zu Sonntag wurden in der Nähe von Trier zunächst 18 gewaltbereite Fans "festgestellt", im Laufe des Tages sei drei weiteren die Ausreise untersagt worden. Bereits am Samstag wurde bei acht Personen Rauschgift, Pfefferspray und Pyrotechnik sichergestellt, sie durften allerdings weiterreisen.
Erst am Samstag war es in Marseille zu schweren Ausschreitungen zwischen englischen und russischen Fans gekommen, bei denen mehr als 30 Menschen verletzt worden waren. Ein Brite schwebt seither in Lebensgefahr. Nach Abpfiff des Spiels der beiden Nationen am Samstagabend gab es ebenfalls Randale, als russische Fans einen England-Block stürmten.
Alle Entwicklungen des dritten Spieltags können Sie in unserem Ticker vom Sonntag nachlesen. Außerdem finden Sie hier den Spielplan für die EM 2016.
mes/afp/sid