Die deutsche Nationalmannschaft hat vor der EM 2024 den ersten Aufreger. DFB-Kapitän Ilkay Gündogan nimmt nun zur umstrittenen WDR-Umfrage Stellung.
Herzogenaurach – Die Vorbereitung der deutschen Nationalmannschaft wird wieder einmal von einem Politikum überschattet. Sorgte vor der vergangenen WM die Debatte um die Regenbogen-Kapitänsbinde für Aufregung rund um das DFB-Team, entsteht nun durch eine Umfrage negative Stimmung im Vorfeld der EM 2024. Deutschlands Kapitän Ilkay Gündogan, der sich durch das Ergebnis rassistisch angegriffen fühlen muss, reagiert jetzt auf die Entwicklungen der vergangenen Tage.
DFB-Kapitän mit türkischen Wurzeln? Gündogan reagiert auf Skandal-Umfrage
Ilkay Gündogan wird die deutsche Nationalmannschaft bei der Heim-EM in Deutschland als Kapitän aufs Feld führen. Darüber sind offenbar nicht alle Menschen in diesem Land glücklich, was den gebürtigen Gelsenkirchener, der ausschließlich die deutsche Staatsbürgerschaft hat, enttäuscht und „traurig“ macht.
In einer repräsentativen Umfrage für die WDR-Sendung „Sport Inside“ hatten 17 Prozent der Befragten angegeben, dass sie es „schade“ fänden, dass der DFB-Kapitän türkische Wurzeln habe. Jeder Fünfte (21 Prozent) hatte zudem erklärt, dass er es besser fände, wenn wieder mehr weiße Spieler in der Nationalmannschaft spielen würden. Gündogans Eltern stammen aus der Türkei, sein Großvater väterlicherseits war als Gastarbeiter ins Ruhrgebiet gekommen und arbeitete als Bergmann.
DFB-Kapitän erklärt weltweites Rassismus-Problem vor der EM 2024
„Was soll ich dazu großartig sagen?“, erklärte Gündogan bei einem Medientermin im EM-Trainingslager in Herzogenaurach. „Ich meine, irgendwo überraschen tut es mich nicht, weil man ja auch die politische Entwicklung der letzten Monate, vielleicht sogar letzten Jahre sieht. Dann kommt das vielleicht auch nicht überraschend. Und es ist trotzdem traurig, dass wir in der heutigen Zeit überhaupt noch solche Umfragen machen und ihnen so viel Wert geben.“
Die Zahlen der Skandal-Umfrage, die mitten in der EM-Vorbereitung der DFB-Auswahl Schlagzeilen macht, überraschen den 33-Jährigen gleichwohl nicht. „Wir wissen alle, dass es das weltweit gibt, dieses Problem“, sagte Gündogan, der die Nationalelf seit vergangenem September als Kapitän anführt, zu rassistischen Haltungen. „Die Zahlen sind nicht überraschend. Das wird es wahrscheinlich auch noch die nächsten zehn Jahre geben. Vielleicht wird es besser – hoffentlich“, sagte Gündogan, der gegen die Ukraine als einer von zwei Offensiv-Stars die schlechteste Note kassierte.
Gündogan bekommt nach bedenklicher Umfrage Rückendeckung von Nagelsmann und Kimmich
Die Umfrage hatte zu heftigen Reaktionen und reichlich Kritik geführt. Bundestrainer Julian Nagelsmann verurteilte die erschreckende DFB-Umfrage scharf: „Wir müssen aufwachen! Es gibt unzählige Menschen in Europa, die flüchten müssen. Ich finde es Wahnsinn, wie verblendet wir da sind.“ Eine Fußball-Mannschaft wie die DFB-Elf könne „Vorbild sein, wie man verschiedene Kulturen und Hautfarben vereint und an einem gemeinschaftlichen Ziel arbeitet“.
Joshua Kimmich sagte zu den Umfrage-Ergebnissen: „Wer im Fußball aufgewachsen ist, der weiß, dass das absoluter Quatsch ist.“ Sein Sport sei „ein sehr gutes Beispiel dafür, wie man verschiedene Nationen, Hautfarben und Religionen vereinen kann“. Er würde „viele Spieler sehr vermissen, wenn sie nicht hier wären“, betonte Kimmich. So etwas sei „absolut rassistisch“.
DFB-Kapitän Gündogan hinterfragt Zeitpunkt von EM-Umfrage
Ähnlich wie zuvor schon Nagelsmann und Teamkollege Kimmich stört auch Gündogan der Zeitpunkt der Umfrage. „Ich finde es komplett unnötig, es macht wenig Sinn. Und tut zu dem Zeitpunkt keinem gut“, sagte er zehn Tage vor dem EM-Start.
Die Umfrage wurde für die TV-Dokumentation „Einigkeit und Recht und Vielfalt“, die am Mittwoch, (5. Juni, 21.30 Uhr) in der ARD gezeigt wird, bei Infratest dimap in Auftrag gegeben. Sie wurde am 2. und 3. April unter 1304 zufällig ausgesuchten Personen durchgeführt. Aus sportlicher Sicht stellt sich jedoch die Frage, ob Kapitän Gündogan ein Bremsklotz für das DFB-Team ist. (ck/dpa/sid)
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