Mesut Özil hat mit seinem Rücktritt aus der Nationalmannschaft Aufsehen erregt. Ex-Bundesliga-Spieler Otto Addo spricht darüber, wie er das Problem sieht.
Mesut Özil entschied sich für Deutschland - Addo machte es anders
Die Schlammschlacht um Mesut Özil weitet sich auch immer mehr zu einem Präzedenzfall für die Jugend aus. Inwieweit färbt die Rassismus-Debatte auf junge deutsche Talente mit Migrationshintergrund ab? Entscheiden sich eine Vielzahl der Spieler nun gegen die DFB-Elf? Auch Ex-Bundesliga-Spieler Otto Addo, der aktuell als Co-Trainer bei Borussia Mönchengladbach angestellt ist, hatte die Wahl: Deutschland oder Ghana? Für den gebürtigen Hamburger eine einfache Wahl. Er entschied sich für Ghana, das Heimatland seiner Eltern.
Addo entschied sich anders als Mesut Özil
Als Jugendlicher habe er sich gesagt, dass er „für Deutschland nicht spielen wolle.“ Auslöser seien krasse Erfahrungen in seiner Kindheit gewesen. “Da wurden Freunde von mir wegen ihrer Hautfarbe verprügelt und wir wurden von Skinhead-Gruppen verfolgt“, erzählt Addo, der bei Mönchengladbach auch als Bindeglied zwischen Jugend und Profikader fungiert. Darunter seien auch einige Schützlinge, die einen Migrationshintergrund haben. Trotz der erlebten Anfeindungen möchte der deutsche Meister von 2002 ein Rassismus-Problem in Deutschland nicht heraufbeschwören.
Obwohl Mesut Özil derzeit für Diskussionen sorgt, lautet das Fazit: „Der DFB engagiert sich mit aller Kraft gegen Fremdenfeindlichkeit. Das finde ich gut.“ Zu seiner aktiven Zeit sei es jedoch gang und gäbe gewesen, dass seine Ballberührungen von Affenlauten begleitet wurden. „Auch Bananen wurden geschmissen. In der Zeit davor, in der Anthony Baffoe und Souleymane Sané gespielt haben, war das noch schlimmer. Danach ist es langsam abgeebbt, auch weil der DFB viele Maßnahmen dagegen ergriffen hat“, lobt Addo gegenüber t-online.de das Engagement des DFB.
Mesut Özil bei jungen Spielern kein Thema
Dass der „Fall Özil“ bei jungen Spielern ein Umdenken bewirke, glaubt er indes nicht. Das Thema sei eigentlich bei seinen Talenten nicht existent. Stattdessen warnt der gebürtige Hamburger: „Das Problem bei der ganzen Sache ist, dass man als Mensch dazu neigt, einen einzigen derartigen Kritiker mehr zu beachten als zehn andere, die ihre Kritik sachlich äußern. Und normalerweise ist ein Großteil der Kritik sachlich.“
Özil-Kritik trifft nicht den gesamten DFB
Insbesondere die DFB-Spitze um Präsident Reinhard Grindel kritisierte Mesut Özil in seinem Statement scharf. Daraus dürfe man laut Addo allerdings kein generelles Problem beim Landesverband ableiten. Zwar sei Grindel an der Spitze des DFB, aber er stehe nicht stellvertretend für die Organisation. Der DFB-Boss selbst hatte bereits Fehler in der Causa Özil eingeräumt.
Özil im Unrecht? Addo bewertet Rassismus-Problem
Bleibt nach dem Fall Mesut Özil noch die Frage, ob Otto Addo sich auch noch heute mit Anfeindungen konfrontiert sieht? „Ich merke teilweise noch, dass ich im Alltag anders behandelt werde als viele meiner Freunde. Und das sind einfach Erfahrungen, die viele Menschen mit einem Migrationshintergrund machen.“
Doch der Ex-BVB-Kicker relativiert seine Aussage im gleichen Atemzug sofort: „Eines darf man aber nicht vergessen: Ein ganz großer Teil der deutschen Bevölkerung ist nicht rassistisch und Fremden gegenüber sehr offen und hilfsbereit. Leider geht das viel zu oft unter. Und in meinem Fall stehen den negativen Erfahrungen vor allem sehr sehr viele positive gegenüber.“