Der an Krebs erkrankte Sven-Göran Eriksson schreibt bewegende Zeilen an Gareth Southgate. Er hofft auf den ersten Titel Englands seit 1966.
London – Der todkranke schwedische Fußballtrainer Sven-Göran Eriksson, der einst Englands Nationalteam betreute, hat vor dem EM-Finale emotionale Worte an Englands Chefcoach Gareth Southgate gerichtet. Ein im Telegraph veröffentlichter Brief mit dem übersetzten Titel „Lieber Gareth, tu es für mich, Sir Bobby und England“ soll die „Three Lions“ vor dem Endspiel am Sonntag (21 Uhr/TV-Infos finden Sie hier) in Berlin gegen Spanien zusätzlich motivieren.
Sven-Göran Eriksson | |
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Geboren: | 5. Februar 1948 in Torsby (Schweden) |
Stationen als Trainer (u.a.): | Benfica Lissabon, AS Rom, Lazio Rom, Manchester City, Leicester City, Nationalmannschaften von England, Mexiko und der Elfenbeinküste |
Erfolge als Trainer (u.a.): | 1 x italienischer Meister, 1 x UEFA-Supercupsieger, 1 x UEFA-Cup-Sieger, 1 x Europapokal-der-Pokalsieger-Sieger, 4 x italienischer Pokalsieger, 3 x portugiesischer Meister, 1 x schwedischer Meister |
Todkranker Trainer schreibt emotionalen Brief an englischen Trainer
„Der Job als englischer Trainer bringt einen enormen Druck mit sich. Man hört so viel über 1966 und das Team von Sir Alf Ramsey. Sie wissen, wie groß die Erwartungen an Sie sind, all diese Jahre voller Schmerzen zu beenden. Ich habe es gefühlt. Sir Bobby Robson spürte es. Jeder der 13 Manager seit Sir Alf wird es gespürt haben“, schreibt Eriksson, der unheilbar an Bauchspeicheldrüsenkrebs erkrankt ist und die Diagnose Anfang dieses Jahres veröffentlicht hat.
„Keiner von uns hat es geschafft, aber niemand war näher dran als Gareth Southgate“, fährt der 76-Jährige anerkennend fort. England steht zum zweiten Mal in Serie im EM-Finale und hofft auf das Ende der 58 Jahre anhaltenden Titellosigkeit.
„Man kann gar nicht hoch genug einschätzen, wie wichtig der Sonntag für die Zukunft des englischen Fußballs sein könnte. Für kommende Generationen – kleine Jungs und Mädchen werden inspiriert. Dieses Team hat die Chance, dem ganzen Land zu zeigen, dass wir da sind“, schreibt der Schwede, der Englands Nationalteam von 2001 bis 2006 betreut hatte.
Eriksson würdigt Southgate und die gelöste Elfmeter-„Blockade“
Eriksson lobt den in den vergangenen Monaten und Jahren schwer kritisierten Southgate für seine Verdienste und die mentale Stärke, die er der Mannschaft vermittelt hat. „Gareth hat aus unseren Fehlern in der Vergangenheit gelernt. Vor allem bei der mentalen Blockade bei den Elfmetern – er hat es weiter geschafft als jeder einzelne von uns“, bemerkt Eriksson.
„Jetzt müssen er, seine Spieler und die gesamte Nation wissen, dass England gewinnen kann. Wenn man an etwas glaubt, kann es passieren, und das schließt einen Sieg im Finale gegen Spanien ein“, fährt der ehemalige Übungsleiter fort und merkt zuversichtlich an: „Spanien ist ein sehr gutes Team, vielleicht das beste im Turnier – aber in einem Finale spielt das keine Rolle. England kann gewinnen.“
Todkranker Eriksson sicher: Alle England-Trainer seit 1966 drücken die Daumen
Im Rückblick erwähnt Eriksson auch die bitteren Erfahrungen vergangener Turniere und die Tragik hinter dem so oft gescheiterten Elfmeterschießen. „Einer meiner größten Fehler als Trainer war, keinen Psychologen einzustellen, um mit der mentalen Belastung des Elfmeterschießens umzugehen. Ich dachte, wir wären reif genug, um den Druck zu bewältigen, aber das war leider nicht der Fall“, gibt sich Eriksson selbstkritisch.
Der Brief endet mit einem leidenschaftlichen Appell: „Komm schon, Gareth. Tue, was wir nie geschafft haben.“ Sven-Göran Eriksson will das Spiel von zu Hause aus verfolgen, schreibt er dann noch – und natürlich werde er fest zu England halten. Nicht viel anders würden es alle ehemaligen Three-Lions-Coaches der zurückliegenden Dekaden handhaben, „die es seit 1966 versucht und nicht geschafft haben“.
1966 gelang den Engländern mit dem Gewinn der Weltmeisterschaft im eigenen Land der bis dato einzige große Titelgewinn. Den EM-Pokal hielten die Briten, die 2021 im Finale gescheitert waren, hingegen noch nie in den Händen. (dpa/chnnn)