Rio de Janeiro - Bei seiner siebten Olympia-Teilnahme würde Ludger Beerbaum nur allzu gerne sein fünftes Gold gewinnen. Es wird nicht leicht, wie er schon am ersten Tag feststellen musste.
Dass er in Rio der älteste Athlet in der deutschen Olympia-Mannschaft ist, findet Ludger Beerbaum "keine Ahnung, egal, glaube ich". 52 Jahre ist er mittlerweile alt, 28 Jahre ist es her, dass er in Seoul die erste seiner vier olympischen Goldmedaillen gewann. In Rio soll gerne die fünfte dazukommen, aber dafür muss halt alles passen. "Mal sehen", sagt Beerbaum, "wenn ich am Ende da oben auf dem Treppchen stehe, wäre das ja nicht schlimm."
Es ist ein weiter Weg, besser gesagt ein langer Ritt bis dorthin. Dass es kein Selbstläufer wird, hat Ludger Beerbaum schon im ersten Qualifikationsspringen feststellen müssen. Da nämlich "wollte ich das letzte Hindernis locker abgaloppieren", was ziemlich daneben ging. Beerbaums Fuchswallach Casello touchierte das Hindernis bei der Landung mit der Hinterhand - die Stange fiel.
"Am Dienstag geht es richtig los"
Nun ist Beerbaum erfahren genug, um Zwischenfälle wie diesen sofort kleinzureden. Der Fehler koste nichts, sagte er, "das hier war die Quali, am Dienstag geht es richtig los". Dennoch war das Missgeschick mehr als ein Fingerzeig dafür, dass im olympischen Parcours von der ersten bis zur letzten Sekunde allerhöchste Konzentration gefordert ist. Auch von einem Fuchs wie Ludger Beerbaum.
Er wird seine Schlüsse aus dem Flüchtigkeitsfehler ziehen, denn trotz aller zur Schau gestellten Lässigkeit ist Ludger Beerbaum ein ehrgeiziger Mensch. Als er sich wegen einer Verletzung seines Pferdes Gotha 2012 nicht für Olympia in London qualifizieren konnte, war sofort klar: "So wollte ich meine olympische Geschichte nicht beenden, deshalb hab ich nochmal vier Jahre durchgezogen."
Olympische Achterbahnfahrt
Diese olympische Geschichte ist reich an Höhen und Tiefen. Dreimal Gold mit der Mannschaft, 1992 in Barcelona Einzel-Olympiasieger mit Classic Touch - und 2004 in Athen auf einmal disqualifizierter Dopingsünder. Im Blut von Beerbaums Pferd Goldfever fand sich damals eine unerlaubte Substanz, die Mannschaft fiel nach dem Ausschluss ihres Vorreiters vom ersten auf den dritten Platz zurück.
Fehler habe er damals gemacht, gab Beerbaum später zu. Er hat sich aus den tiefsten Tälern immer wieder zurückgekämpft, und er gehörte stets zu den erfolgreichsten seiner Branche. Neben seinen vier Olympiasiegen sammelte Ludger Beerbaum zwei Goldmedaillen bei Weltreiterspielen und sechs bei Europameisterschaften, hinzu kommen unzählige aus Silber und Bronze.
Wie geht es nach Rio weiter
Der erfolgreiche Unternehmer, dessen Reitsportzentrum "Riesenbeck International" zu den mit Abstand größten Pferdesportanlagen in Deutschland gehört, hat aber auch eine ganz andere Seite, von der er so gut wie gar nicht spricht: Seit vielen Jahren unterstützt Beerbaum eine Initiative, die krebskranken Kindern im russischen Perm die zum Teil kostspieligen Behandlungen finanziert.
Und nun also Rio. Als Abschluss der großen Karriere? "Keine Ahnung", sagt Beerbaum und grinst: "Ich muss noch mal überlegen, wie es danach weitergeht." Er wird es längst wissen. Einer wie Beerbaum überlässt nichts dem Zufall.
Was in Rio passiert, erfahren Sie in unserem Live-Ticker.
SID