Rio de Janeiro - Ringer Denis Kudla hat bei den Olympischen Spielen in Rio für eine große Überraschung gesorgt.
Denis Kudla ließ sich mit dem Gesicht voraus und völlig fertig auf die Matte fallen, dann schlug er seine Hände vors Gesicht. Bronze im Ringen, die erste deutsche Medaille in dieser urolympischen Sportarten seit 2008 - damit hatte niemand, nicht einmal Kudla selbst gerechnet.
"Das ist ein unbeschreibliches Gefühl", sagte Kudla, "seit ich sechs Jahre alt bin, arbeite ich darauf hin. Ich bin total müde und kaputt, das waren knüppelharte Kämpfe."
Das Ringer-Juwel aus Schifferstadt setzte sich völlig überraschend gegen den Ungarn Victor Lörincz durch. Dabei war der 21-Jährige erst über den Umweg Hoffnungsrunde so weit gekommen. Er gab seinen Traum nicht auf, kämpfte verbissen - und durfte am Ende jubeln. Wobei: Dazu fehlte ihm zunächst die Kraft.
In den letzten Sekunden zum Sieg
Kudla betrat die Matte in der Carioca Arena vor dem wichtigsten Kampf seiner Karriere mit einem Lächeln. Er kämpfte taktisch sauber und wehrte die Angriffe seines um acht Zentimeter kleineren Gegners ab. Die ersten beiden Punkte holte er, als er Lörincz auf die Seite brachte und aushob.
In den zweiten drei Minuten musste er zunächst den Ausgleich hinnehmen und geriet unter Zugzwang, weil Lörincz nachlegte und plötzlich 3:2 führte. Doch Kudla kam über eine dritte Verwarnung des Ungarn 24 Sekunden vor dem Ende zum Sieg. Als er sich erholt hatte, feierte er mit der deutschen Fahne um die Schultern.
Der Griechisch-Römisch-Spezialist aus Schifferstadt war von der ersten Kampf-Sekunde an hellwach gewesen. Dem Kirgisen Janarbek Kenjeew ließ er keine Chance. Zuvor hatte er gegen Robert Kobliaschwili aus Georgien im Achtelfinale etwas Glück, weil er den letzten Wertungspunkt machte und bei Gleichstand weiterkam.
Harter Weg zahlt sich aus
Im Viertelfinale musste der 21-Jährige gegen den Russen Davit Schakwetadze Lehrgeld zahlen (0:4). Doch der EM-Dritte erholte sich schnell von dem Rückschlag und drehte in der Hoffnungsrunde gegen den Iraner Habibollah Akhlaghi wieder auf. Damit bekam er seine Bronze-Chance - und nutzte sie.
Eigentlich sollte die große Party im deutschen Ringer-Lager erst am Dienstag steigen. Dann geht Weltmeister Frank Stäbler in der Carioca-Arena auf die Matte. Der 27 Jahre alte Schwabe gilt in seiner Klasse bis 66 kg als Goldanwärter und ist der große Star im deutschen Team.
Doch auch Stäbler-Kumpel Kudla ist ein Ringer durch und durch. Schon immer wollte der gebürtige Pole auf die Matte. Als er mit seiner Familie im Alter von sechs Jahren in die Nähe von Augsburg zog, schloss er sich einem Verein an. Mit 14 dann der Wechsel ins Ringer-Internat nach Schifferstadt. "Es flossen viele Tränen, vor allem bei meiner Mutter", erinnerte er sich.
Start in Rio stand lange auf der Kippe
Doch der Weg war vorgezeichnet, Kudla verfolgte konsequent seinen Traum. "Ich denke ständig darüber nach, wie ich mein Training oder meine Technik verbessern kann, manchmal kann ich gar nicht mehr abschalten", sagte der Sportsoldat.
Lange stand sein Olympia-Start auf der Kippe. Erst im letzten Quali-Turnier im Hexenkessel von Istanbul sicherte sich der Youngster das Ticket für Rio. Minutenlang lag der Shooting-Star völlig erschöpft auf der Matte. "Ich habe geheult, weil sich so viel Blut und Schweiß investiert habe", sagte Kudla später. Jetzt weiß er, dass es sich gelohnt hat.
sid