Bremen – Vor etwas mehr als einem Jahr hatte er sein Versprechen gegeben. Niclas Füllkrug erklärte damals, auch im Abstiegsfall bei Werder Bremen bleiben zu wollen. „Ich will hier noch ein paar Jahre spielen“, sagte er und war damit die große Ausnahme. So viel Treue – das ist selten in einem Business, in dem die meisten Beteiligten nur ihr eigenes Wohl sehen, ihrem eigenen Vorteil hinterherlaufen.
Für Füllkrug galt damals, dass sein Versprechen nicht auf die Probe gestellt wurde, weil Werder Bremen nicht abstieg. Nun könnte er aber mit Verspätung in die Situation kommen, beweisen zu müssen, dass er es ernst gemeint hatte. Werder steht in der Bundesliga erneut am Abgrund, und nicht nur Füllkrug wird sich fragen müssen, was ein Abstieg für seine persönliche Zukunft bedeuten würde.
Wenn Werder Bremen am Samstag oder nach der Relegation in die Zweite Liga runter müsste, stehen im Grunde alle Spieler vor dieser Frage – trotz auch für die tiefere Spielklasse gültiger Verträge. Und viele von ihnen würden gehen, weshalb man aber kaum jemandem einen übermäßigen Hang zum Egoismus vorwerfen dürfte. Denn Verkäufe sind bei Werder gerade im Abstiegsfall absolut überlebensnotwendig. Der Club braucht grundsätzlich dringend Einnahmen aus Ablösen – umso mehr, wenn als Zweitligist das TV-Geld um 50 Prozent schrumpft, die Einnahmen insgesamt um 40 Prozent zurückgehen. Werder wird dann im großen Stil verkaufen müssen – neun Abgänge wären im Grunde garantiert. Mindestens. Und es ist in der Summe ein Marktwert von knapp 68,5 Millionen Euro, den das Branchenportal „transfermarkt.de“ für diese neun Spieler ermittelt hat.
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Diese Spieler muss Werder Bremen bei einem Abstieg verkaufen
Davie Selke gehört nicht dazu, er ist nur ausgeliehen, kehrt im Abstiegsfall zu Hertha BSC zurück. Dass zudem die Verträge von Niklas Moisander (35) und Theodor Gebre Selassie (34) nicht verlängert werden, gilt – unabhängig von der Spielklasse – längst als ausgemacht. Sie bringen Werder keinen Euro mehr an Ablöse. Wohl aber Jiri Pavlenka, Marco Friedl, Ludwig Augustinsson, Milos Veljkovic, Leonardo Bittencourt, Yuya Osako, Maximilian Eggestein, Milot Rashica und Josh Sargent – sie alle haben noch über die Saison hinaus gültige Verträge, würden jedoch sehr sicher nicht mit in die Zweite Liga gehen. Zusammen stehen sie – in der Theorie von „transfermarkt.de“ – für zwei Drittel des gesamten Kaderwerts. Dass dieser Wert allerdings tatsächlich marktgerecht ist, muss angezweifelt werden. Werder Bremen selbst hatte die „stillen Reserven im Spielervermögen“ zuletzt im Wertpapierprospekt zur Mittelstandsanleihe mit 50 Millionen Euro beziffert. Heißt: Diese Summe wäre zu erwarten, wenn alle Profis verkauft würden.
Die Preistreiber sind aber auch in dieser Rechnung Spieler wie Rashica, Augustinsson, Eggestein, Sargent, Pavlenka. Niclas Füllkrug ist es nicht mehr. Mit 28 Jahren gehört er zwar noch in die Altersklasse begehrter Profis, aber seine Verletzungshistorie macht ihn mittlerweile zu einem schwer zu vermittelnden Kandidaten. Was die Erneuerung seines Zweitliga-Versprechens natürlich leichter machen würde.
Liste der Verkaufskandidaten bei Werder Bremen könnte auf zehn oder elf verlängert werden
Niclas Füllkrug könnte zu einem Eckpfeiler einer neuen Bremer Mannschaft werden. Eventuell gemeinsam mit Kevin Möhwald, sofern er denn bliebe. Und mit Christian Groß. Ömer Toprak ist wegen des Alters (31) und der Verletzungsanfälligkeit ein Wackelkandidat. Mehr aktuelle Vertreter aus der Kategorie Stammspieler würden Werder Bremen wohl nicht erhalten bleiben. Die jungen Spieler wie Felix Agu, Manuel Mbom, Ilia Gruev, Romano Schmid und Nick Woltemade könnten in die erste Reihe treten, so zum Gerüst einer neuen Mannschaft werden. Dazu Reservisten wie Patrick Erras und Torwart Michael Zetterer oder derzeit ausgeliehene Profis – wobei Johannes Eggestein (Linzer ASK) und Stefanos Kapino (SV Sandhausen) als eher zu gut oder zu ambitioniert für Liga zwei einzustufen wäre, weshalb sie die Liste der Werder-Verkaufskandidaten wohl auf zehn oder elf verlängern würden. (csa) Auch Interessant: Werders Aufsichtsrats-Boss Marco Bode im Interview: „Ich werde nicht hinwerfen“. Und: Erst der Klassenerhalt, dann Ole Werner: Werder Bremen buhlt um Holstein Kiels Trainer!