Bremen – Steckt Werder Bremen noch im Abstiegskampf? Wenn ja, wie tief? Oder sind die Bremer als Tabellenzwölfter mit acht Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz schon aus dem Gröbsten raus? Möglicherweise liefern die kommenden Spiele bei den direkten Konkurrenten 1. FC Köln (Sonntag, 15.30 Uhr) und Arminia Bielefeld (Mittwoch, 18.30 Uhr) belastbare Antworten auf diese Fragen.
Vor dem Doppelpack mit dem großen grün-weißen Gewinnpotenzial unternehmen zwei Experten mit Werder- und Gegner-Vergangenheit einen Streifzug durch den Tabellenkeller der Bundesliga und bewerten für die DeichStube die Lage. Matthias Hönerbach (58), früher Profi beim FC, später Co-Trainer beim SVW, und Patrick Owomoyela (41), einst Profi in Bielefeld und Bremen, fürchten jeweils um einen Ex-Club, aber der heißt nicht Werder Bremen.
Werder Bremen - 26 Punkte
Mit 26 Punkten sind die Bremer im Abstiegskampf in der Pole Position – zumal in der Zwischenbilanz auch noch das Nachholspiel in Bielefeld fehlt. Seit dem Überraschungssieg über Eintracht Frankfurt sieht nicht nur die Tabelle sehr freundlich aus, auch die Stimmungslage in Bremen ist es. Hönerbach ist sich deshalb sicher: „Werder bleibt definitiv drin. Die Mannschaft hat sich im Defensivverhalten stabilisiert, kassiert nur wenige Gegentore. Und ich finde, dass sie inzwischen auch wieder etwas besseren Fußball spielt.“ Owomoyela sieht es ähnlich – auch wenn „der Mannschaft noch das Selbstverständnis fehlt, dass der Klassenerhalt auch zum Selbstläufer wird. Die ganz große Souveränität ist nicht da. Aber die Mannschaft spielt auch nicht so, als ob sie noch in Gefahr geraten könnte.“
FC Augsburg - 26 Punkte
Der glückliche 1:0-Sieg am Wochenende beim Vorletzten Mainz 05 hat dem FCA Luft verschafft. Punktemäßig liegt das Team gleichauf mit Werder Bremen, das Gefühl bei Augsburg ist deshalb bei Owomoyela auch nur „minimal schlechter“ als bei den Bremern: „Ich sehe beim FCA etwas weniger Potenzial, sich von unten zu lösen.“
Das „Pünktchen auf dem i“ ist es, dass Hönerbach in dieser Saison bei den bayrischen Schwaben vermisst: „Die Geschlossenheit und der Kampfeswille hat mir bei Augsburg immer imponiert. In dieser Saison fehlt aber ein bisschen das Spielglück. Das ist keine schlechte Mannschaft, aber sie muss trotzdem aufpassen.“
1. FC Köln - 21 Punkte
Am Sonntag gastiert Werder in Köln, und eigentlich müsste sich Matthias Hönerbach jetzt schwer ins Zeug legen für den FC. Für Köln. Für seine Stadt, in der er einen kleinen Laden, ein Büdchen, betreibt. Aber: Hönerbach ist skeptisch. „Ich sehe die Chancen auf den Klassenerhalt für den FC nicht so gut wie viele andere. Denn die Mannschaft hat einen Null-Sturm. Da ist niemand, der Tore machen kann.“ Simon Terodde, Anthony Modeste und Jhon Cordoba wurden abgegeben, in Sebastian Andersson ist der geholte Ersatz schon lange verletzt. Und Winter-Neuzugang Emmanuel Dennis, „der angebliche Highlight-Stürmer“ (Hönerbach), ist bislang „noch keine Hilfe“. Dass Sportchef Horst Heldt zudem an Trainer Markus Gisdol festhält, sei diskutabel, meint Hönerbach: „Darüber lässt sich streiten, aber Gisdol hat es mit dem vorhandenen Personal auch nicht so leicht.“
Für Owomoyela ist der 1. FC Köln „immer eine Wundertüte“ und aktuell „ein größerer Brandherd“ im Abstiegskampf. Dass Gisdol bisher seinen Job behalten hat, freut den Ex-Nationalspieler jedoch uneingeschränkt: „Ich bin ein Freund davon, die Schuld nicht immer gleich beim Trainer zu suchen.“
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Hertha BSC - 18 Punkte
Der große Überraschungsgast im Tabellenkeller. Erwischt es die Hertha am Ende, weil die Mannschaft nicht für den Abstiegskampf zusammengestellt wurde? „Jetzt ist der Moment gekommen, an dem Fußballer entweder das Messer zwischen die Zähne nehmen oder aber in Schockstarre verfallen – ich bin mir noch nicht sicher, welchen Charakter das Berliner Team hat und ob schon alle wissen, wie prekär die Lage ist“, sagt Owomoyela.
In diesem Punkt ist Hönerbach klarer in der Meinung. Seine Kritik: „Die Hertha hat exzellente Einzelspieler, aber keine Mannschaft. Es kann der beste Trainer nichts machen, wenn die Spieler nicht bereit sind, sich für die Mannschaft zu opfern.“ Das habe Bruno Labbadia zu spüren bekommen, „und bei Pal Dardai sieht es ähnlich aus. Für die Hertha wird es ganz eng.“ Kein Widerspruch von Owomoyela bezüglich der Prognose, wohl aber, was die Einflussnahme des Trainers betrifft. „Ich halte viel von Pal Dardai“, sagt er, „er hat eine enge Bindung zu den Spielern und kann den Kampfeswillen schüren.“
Arminia Bielefeld - 18 Punkte
Er würde ja gerne etwas anderes sagen, aber er kann nicht, meint Owomoyela. Der Ex-Bielefelder prophezeit dem Aufsteiger den direkten Wiederabstieg: „Ich sehe Mainz am Ende vor Bielefeld und befürchte, dass es die Arminia erwischt. Die Substanz der Mannschaft reicht nicht für die erste Liga. Ich wünsche mir aber auch, dass sie mich Lügen strafen.“
Klare Kante zeigt Hönerbach, wenn es um den Sinn des gerade erfolgten Trainerwechsels geht. Aufstiegscoach Uwe Neuhaus wurde durch Frank Kramer ersetzt. „Das hat mich etwas überrascht“, meint Hönerbach: „Uwe Neuhaus hat doch das Beste aus diesem Kader herausgeholt. Ich bin gespannt, ob es Frank Kramer wirklich besser macht.“ Die Prognose gleicht der von Owomoyela: „Die Arminia wird es wahrscheinlich nicht schaffen, weil der Kader nur Zweitliga-Niveau hat.“
Mainz 05 - 17 Punkte
Noch sind die Mainzer Vorletzter, aber Hönerbach und Owomoyela sind sich einig: Das ändert sich noch. „Mainz bleibt drin, weil sie ihr Mainzer Herz wiedergefunden haben“, behauptet Hönerbach: „Der neue Trainer Bo Svensson hat es zurückgebracht, weil er es noch aus seiner Zeit als Mainzer Spieler kannte.“
Mit Svensson sei „etwas passiert“ bei den 05ern, pflichtet Owomoyela bei und sagt der Mannschaft die direkte Rettung voraus: „Ich sehe Köln oder Hertha eher auf dem Relegationsplatz als Mainz.“
Schalke 04 - 9 Punkte
Hönerbach übertreibt, wenn er fragt: „Ist der Klassenerhalt rechnerisch überhaupt noch möglich?“ Ist er natürlich, dennoch bewertet auch Owomoyela die Lage als aussichtslos. „Da ist ein Haken dran, ich sehe keine Resthoffnung.“ Den Schalker Abstieg wird er als Mitarbeiter von Borussia Dortmunder auf eine ganz spezielle Art bedauern: „Ich hätte die Schalker gerne weiter als Opfer in den Derbys gehabt...“
Dass Dimitrios Grammozis als nunmehr fünfter Schalke-Trainer der Saison noch Entscheidendes bewegen kann, ist in Hönerbachs Augen ausgeschlossen: „Auch dieser Trainerwechsel wird nichts mehr bringen. Diese Mannschaft hat doch nie eine Reaktion gezeigt, warum sollte das diesmal anders sein?“ (csa/kni)
Zur Person
Patrick Owomoyela (41) startete seine Bundesliga-Karriere 2004 bei Arminia Bielefeld. Ein Jahr später wechselte der Außenverteidiger zu Werder Bremen, wurde dort Nationalspieler (elf Einsätze). Später spielte Owomoyela noch für Borussia Dortmund, wo er heute im Management und Marketing arbeitet.
Matthias Hönerbach (58) wurde in Köln geboren und absolvierte in seiner aktiven Karriere 221 Spiele für den FC – mehr „Kölsche Jung“ geht kaum. Bei Werder war er während der erfolgreichen Champions-League-Jahre einer der Co-Trainer von Thomas Schaaf, begleitete seinen Chef auch noch zu Eintracht Frankfurt und Hannover 96. Seit 2016 arbeitet Hönerbach nicht mehr im Profi-Fußball.