Werders Strategie auf dem Transfermarkt: Der Blick von Sportchef Frank Baumann muss sich weiten

Der Boss von Werder Bremen, Klaus Filbry (re.), glaubt an eine „intelligente Kader-Politik“ von Sportchef Baumann.
 ©gumzmedia

Bremen – Für eine Woche war Frank Baumann einfach mal nicht der Sportchef und Geschäftsführer von Werder Bremen, sondern Frank Baumann, der Privatmensch.

Das erste Mal seit dem vergangenen Sommer hat sich der 45-Jährige in den vergangenen Tagen eine Auszeit gegönnt. Kurzurlaub gewissermaßen, wobei in Frage gestellt werden darf, ob es für den Werder-Manager wirklich zur Erholung gereicht hat. Denn das Fußball-Business kennt keine wirklichen Pausen – schon gar nicht in dieser Zeit, die wegen der Auswirkungen der Corona-Pandemie überfrachtet ist mit Herausforderungen. Was ganz speziell für Baumann gilt. Denn während er sich kurz mal zurückgezogen hatte, um durchzupusten, machte der Geschäftsführer-Kollege Klaus Filbry im Interview mit der DeichStube klar, wer beim Weg aus der tiefen wirtschaftlichen und nicht mehr ganz so tiefen sportlichen Krise das Gehirn des SV Werder Bremen sein soll: Frank Baumann.

Werder Bremen: Baumann muss mit Transfers das Geld verdienen, das im Moment geliehen werden muss

Laut Filbry ist „eine gute Kader-Management-Politik die Basis für die nächsten Jahre“ – heißt: Baumann muss mit Transfers das Geld verdienen, das sich Werder Bremen im Moment leihen muss, um die Corona-getriebenen Mindereinnahmen zu kompensieren. Nichts Neues so weit, schließlich war das Bremer Geschäftsmodell schon immer eines, das auf Transfereinnahmen fußte. Aber noch nie war die Dringlichkeit so groß wie jetzt. Zugleich lag der Markt aber auch noch nie so sehr am Boden. Baumann ist deshalb um seine Aufgabe nicht zu beneiden. Im Grunde muss er Spieler möglichst teuer an Clubs verkaufen, die selbst auch kein Geld haben. Und er muss Spieler finden, die gut und günstig sind und irgendwann ein sattes Transferplus versprechen.

Geht nicht? Filbry glaubt an eine „intelligente Kader-Politik“ von Sportchef Frank Baumann sowie dessen Scoutingchef Clemens Fritz und unterfüttert den Optimismus mit dem Beispiel Thomas Delaney. Mit welchem auch sonst? Für zwei Millionen Euro gekauft, für 20 Millionen Euro eineinhalb Jahre später wieder verkauft – sollte Werder Bremen in den kommenden drei Transferphasen, die Filbry als erste Frist zur Problemlösung definiert, erneut so ein Coup gelingen, wären viele Bremer Probleme nur noch im Schrumpfformat vorhanden.

Werder Bremen gelang immer wieder mal ein Glücksgriff auf dem Transfermarkt

Aber: Die Jagd nach neuen Delaneys ist im Fußball wegen allgemeiner Geld-Knappheit derzeit angesagter denn je. Was Hoffnung macht, ist, dass Werder Bremen in den vergangenen Jahren immer wieder mal ein Glücksgriff auf dem Transfermarkt gelungen ist. So hatte Baumann-Vorgänger Thomas Eichin in Franco Di Santo (Transferplus von sechs Millionen Euro) sowie Anthony Ujah (plus sieben Millionen) und Jannik Vestergaard (plus acht) jene Spieler verpflichtet, deren Verkäufe dem Club dann in ebenfalls schweren Zeiten die Luft zum Atmen zufächelten.

Nun müssen entweder Eigengewächse wie Maximilian Eggestein oder aber die Baumann-Einkäufe Milot Rashica, Jiri Pavlenka, Ludwig Augustinsson oder Marco Friedl einen möglichst satten Gewinn bringen und Werder Bremen damit die dringend benötigte Soforthilfe liefern. Eine Verzehnfachung der Investition – wie bei Delaney einst erzielt – ist freilich bei keinem von ihnen zu erwarten. Dann müsste Rashica 75 Millionen Euro bringen, Augustinsson 45 Millionen und Pavlenka sowie Friedl jeweils 30 Millionen. Utopisch.

Werder Bremen soll an Dor Peretz von Maccabi Tel Aviv interessiert sein

Und Einkäufe? Nur abzugeben, wäre gewiss nicht die von Filbry erwartete „intelligente Kaderpolitik“, sondern schlicht sportlicher Selbstmord. Der Vorsitzende der Geschäftsführung empfiehlt, für Neuzugänge „in Märkte zu schauen, die nicht ganz so überhitzt sind“. Schön gesagt. Aber welche Märkte können das sein? Ganz sicher keine in Mitteleuropa, schon gar nicht in den ersten Ligen. Eher in Osteuropa, in Asien, in Afrika. Regionen, in denen Werder Bremen in den vergangenen Jahren kaum aktiv war. In den jüngsten zwei Spielzeiten fischte Baumann fast ausschließlich in deutschen Gewässern, holte sieben Spieler aus der Bundesliga oder 2. Liga und nur Tahith Chong aus dem Ausland. Und auch in den Jahren zuvor kamen die Neuen entweder aus Deutschland oder der direkten Nachbarschaft. Dänemark, Niederlande, Österreich, England, Tschechien – bis dahin reichten die Bremer Arme.

Nun muss sich Baumanns Blick weiten, wenn er Schnäppchen machen will. Dazu passt, dass Werder Bremen am israelischen Mittelfeldspieler Dor Peretz von Maccabi Tel Aviv interessiert sein soll. Israel könnte einer dieser Märkte sein, der sportliche Qualität und gemäßigte Preise bietet. (csa)

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