Bremen – Spät am Sonntag, das Wochenende für den SV Werder Bremen war wegen der 0:3-Pleite in Leipzig längst verkorkst, setzte Mainz 05 der Bremer Trübsal noch das Krönchen auf.
Der direkte Konkurrent im Kampf um den Klassenerhalt rang Schalke 04 ein 0:0 ab, weshalb der Bremer Rückstand auf den 15. Rang auf fünf Punkte anwuchs. Fünf Zähler bis zur Rettung – die Aufgabe für Trainer und Mannschaft des SV Werder Bremen wird immer größer. Die Verzweiflung bei den Fans auch.
Doch während die einen in Internetforen und Kommentarleisten wütend die Entlassung von Trainer Florian Kohfeldt sowie am besten gleich die Demission der kompletten Vereinsführung fordern, gibt es auch welche, die sich Gedanken machen, wie sie helfen können. Und einer hat für das Tun und die Absichten dieser Fraktion extra einen neuen Begriff kreiert. Er lautet: „#aufwerdern“.
Werder Bremen: Fan-Aktion #aufwerdern wie die #Greenwhitewonderwall?
Jan Siegert, 41, hat‘s erfunden. Und zwar am Sonntagabend, als er daheim frustriert auf dem Sofa saß. „Ich habe den ganzen Scheiß der letzten Wochen Revue passieren lassen. Ich habe das Gefühl, dass die Fans erstmals seit Jahren nicht mehr geschlossen hinter Verein und Team stehen – genau das hat die Fans in der Vergangenheit aber immer ausgezeichnet und es wäre super, wenn #aufwerdern wieder dafür steht“, sagt der gebürtige Bremer über seine Idee, die nun zur nächsten grün-weißen Bewegung werden könnte.
„#aufwerdern“ – das könnte das Kind von „greenwhitewonderwall“ werden. Von jener Aktion, die die Fans im Abstiegskampf der Saison 2015/16 mobilisiert hatte und von der man im Rückblick sagen kann, dass sie mindestens so viel wert war wie Papy Djilobodjis Tor im entscheidenden letzten Spiel gegen Eintracht Frankfurt. „Greenwhitewonderwall“ – das war das Bekenntnis zu einem Club in Schwierigkeiten, das war der gelungene Versuch, die Kräfte zu bündeln, statt sich in zerstörerischen Protesten und Pfiffen zu verlieren. Es hat damals gewirkt. Nun ist die Frage: Funktioniert #aufwerdern genauso? Und was kann es bewirken?
#aufwerdern pic.twitter.com/WQmIB7Avwm
— Rondu (@WorumRondu) February 17, 2020
Werder Bremen: Fan-Aktionen wie #aufwerdern sind identitätsstiftend
Ob daraus Aktionen entstehen, ist noch völlig offen. Erstmal geht es nur um eine Haltung im Abstiegskampf. „Wenn #aufwerdern womöglich eine Initialzündung ist, der Mannschaft signalisiert, sich auf den Support der Fans verlassen zu können, dann soll es mir recht sein. Die Werder-Fans haben der Mannschaft in der Vergangenheit immer das Gefühl gegeben: Egal wie es läuft, wir sind da – diesbezüglich könnt ihr den Kopf frei haben. Geht‘s raus und spielt‘s Fußball – da sollten wir gemeinsam wieder hinkommen“, meint Siegert, der bei Twitter als „@WorumRondu“ unterwegs ist und als solcher seinen Einfall auf die Reise durch die Sozialen Medien geschickt hat. Zuspruch und Interesse waren und sind sofort groß, „#aufwerdern“ rangierte am Montag zeitweise in den Top 3 der deutschen Twitter-Trends. „Ich bin selbst überrascht, welche Wellen das jetzt schlägt, das war so nicht geplant“, sagt Siegert.
Der Begriff an sich ist auch gut gewählt. „Aufwerdern“ – da steckt aufbrechen, aufmuntern, aufpäppeln drin, aber niemals aufgeben. Dahinter verbirgt sich kein „Kohfeldt raus“, kein „Scheiß Baumann“, sondern Unterstützung in der Not. Wie vor vier Jahren. Solche Aktionen mögen viele Werder-Fans, sie sind für sie im Grunde sogar identitätsstiftend. Motto: Seht her, so sind nur wir!
In der derzeitigen Situation müssen allerdings Zweifel erlaubt sein, ob die Power der Fans ausreichend sein wird, um die „abgewerderte“ Mannschaft wieder „aufzuwerdern“. Die sportlichen Probleme sind so tiefgreifend, dass es absolut nachvollziehbar ist, dass Teile der Anhängerschaft nicht mehr an einen Wandel in der bisherigen Konstellation glauben. Für sie hat Coach Florian Kohfeldt schlicht „ausgewerdert“. (csa/tst)