Ein Juwelier aus Kiel findet die beliebte Trödelshow unrealistisch und überzogen - und will nun gegen die Sendung vorgehen. Doch sogar seine Kollegen bezweifeln das.
Update vom 29. Oktober 2018: Nach den heftigen Vorwürfen von Juwelier Jens Bahr an der erfolgreichen Trödelshow, hat sich nun "Bares für Rares"-Experte Detlev Kümmel in die Debatte eingeschaltet. Dieser erklärt jetzt gegenüber der Meinerzhagener Zeitung: "Der Mann will sich selbst ins Rampenlicht stellen, schießt mit seinen Anschuldigungen aber nur ein Eigentor", so Kümmel. Bei der Sendung laufe alles völlig korrekt ab: "Dort wird nichts gefaked."
Stattdessen teilt Kümmel sogar kräftig gegen den Kieler Juwelier aus. Vor allem, weil dieser nur Objekte nach Materialwert zu bewerten scheint: "Ein solches Vorgehen muss man doch sehr infrage stellen. Steine, künstlerische Arbeit – nichts davon fließt offensichtlich in seine Bewertung ein. Das ist aus meiner Sicht kein seriöses Vorgehen." So glaubt Kümmel: "Ich kann ja schließlich einen van Gogh nicht auf den Preis für einen Quadratmeter Leinwand und sechs Tuben Farbe reduzieren oder einen 250 Jahre alten Barockschrank nach dem Raummeterpreis für Eichenholz berechnen. Zu einer fundierten Bewertung gehört schon deutlich mehr als nur der Blick auf das reine Material."
Rückendeckung bekommt der "Bares für Rares"-Experte vom Lüdenscheider Juwelier Sebastian Zapp. Dieser kritisiert seinen Kollegen dafür, dass es diesen nur um den günstigen Einkauf gehen würde bzw. das Einschmelzen. Ob die Objekte Massenware sind oder gar aus dem Jugendstil stammen, das interessiere meist nicht, so Zapp. "Solche schönen und kostbaren Sachen darf man nicht einfach zerstören. Da greift der reine Goldpreis gar nicht." Außerdem würden die Händler in "Bares für Rares" auf eigenes Risiko Stücke kaufen und dann mit Gewinn weiterverkaufen. "Ich halte das Konzept von 'Bares für Rares' für durchdacht und völlig in Ordnung. Wer zu den TV-Experten kommt und weiter zu den Händlern vorgelassen wird, hat auf jeden Fall etwas Besonderes anzubieten. Da kommt ja keine gepresste und billige Massenware auf den Tisch", schließt Juwelier Zapp. Und auch "Bares für Rares"-Experte Kümmel meint: "Statt neidvoll zu mäkeln, kann er gerne zu uns kommen und sehen, wie es läuft. Mit seiner Aussage 'Es geht so ehrlich zu, dass es keiner glauben möchte' hat Lichter den Kern getroffen. Vielleicht möchte der Mann nur auf billige Weise bekannt werden. Aber damit schadet er sich im Ergebnis nur selbst."
Juwelier kritisiert "Bares für Rares": Zuschauer haben falsche Hoffnungen über tatsächlichen Wert von Erbstücken
"Mit der Realität hat das leider wenig zu tun", meint Jens Bahr gegenüber den Kieler Nachrichten. Mit "das" ist die ZDF-Trödelshow "Bares für Rares" gemeint. Der Quotenschlager ist dem Juwelier aus Kiel, der zudem Sachverständiger der IHK ist, sogar so sehr zuwider, dass er nun ernsthaft überlegt, rechtliche Schritte gegen die Fernsehmacher einzuleiten.
Der Grund für Bahrs Unmut ist klar: Er hält die Erfolgssendung für unseriös. "Diese Sendung weckt beim Kunden völlig falsche Erwartungen", kritisiert er gegenüber der Zeitung weiter. So sei ihm zufolge der ganze Aufbau der Folgen völlig falsch. Das fange bereits bei der Bewertung der "Raritäten" durch angebliche Experten an. "Ein seriöser öffentlich-rechtlicher Sender wie das ZDF dürfte solche unsachgemäßen Beiträge nicht ausstrahlen."
Zudem seien bei ihm und auch Kollegen schon viele Kunden vorstellig geworden, die die Trödelshow gesehen hatten und mit falschen Hoffnungen Erbstücke loswerden wollten. So wären Bahr zufolge die Preise, die in der Sendung verhandelt werden würden, völlig überzogen.
"Ich habe deutschlandweit viel mit anderen Händlern und Auktionshäusern zu tun. Sie bestätigen, dass das, was den Kunden in der Sendung für ihre Schmuckstücke geboten wird, utopisch ist. Es entspricht in keiner Weise dem, was sie auf dem freien Markt erhalten würden."
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Jens Bahn will gegen Erfolgsshow vorgehen - doch Fans sehen das anders
Doch auf Facebook verteidigen "Bares für Rares"-Fans die Show. So meint eine Userin: "Bei den Juwelieren bekommst du den Goldpreis, der sehr niedrig liegt, da sie ihn selber festlegen. Die Steine werden nicht mit bewertet. Das nenne ich eher Betrug." Eine andere Userin ist derselben Meinung und schreibt: "Jahrelang haben die die Kunden übern Tisch gezogen, doch jetzt lassen sich die Leute nicht mehr so einfach betrügen. Und das wurmt und ärgert sie!"
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Doch das will Bahr so nicht stehen lassen. Er erklärt: "Alter Schmuck hat meist nur noch den Materialwert." Daher will sich Bahr von seinem Vorhaben nicht abhalten lassen: Er hat angekündigt, sich bald mit einem Beschwerdebrief an die größten Zeitungen in Deutschland zu wenden und über die Show aufzuklären.
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jp