Die Deutschen hängen an ihrem Bargeld. Während in anderen Ländern Plastikgeld, kontaktloses Bezahlen & Co. auf dem Vormarsch sind, sprechen sich immer mehr dagegen aus.
Immer wieder stellen Banker, Volkswirte oder Politiker die Zukunft des Bargelds öffentlich in Frage. Aber wollen wir wirklich auf ein Stück persönlicher Freiheit und ein vertrautes Zahlungsmittel verzichten? Fakt ist: Es sprechen viele triftige Gründe gegen das Aus von Münzen und Scheinen. Die Redaktion zählt sie mit Unterstützung von Dr. Trojanus, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Geldautomaten.
1. Die Deutschen sind Bargeld-Europameister
Die aktuellen Zahlen der Bundesbank sind eindeutig: In vier von fünf Fällen zückt der Bundesbürger zum Bezahlen sein Portemonnaie. Dort befinden sich im Schnitt 107 Euro, Europarekord! Die Abstimmung findet also Tag für Tag an den Kassen statt: Deutschland ist das Land der Bargeldzahler. Ein Fünftel des gesamten Bargelds der Eurozone (über 250 Milliarden Euro) sind hierzulande im Umlauf.
Die Digitalisierung hat an der allgemeinen Wertschätzung für Scheine und Münzen nicht gerüttelt. Das sollte respektiert werden, meint auch der Verband des Einzelhandels, für den die Bargeldabschaffung kein Thema ist.
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2. Lieber anonym statt gläsern
Ohne Cash bleibt kein Einkauf mehr undokumentiert. Denn elektronisches Bezahlen hinterlässt digitale Spuren, die sich für werbliche, politische oder kriminelle Zwecke nutzen lassen: Die Wirtschaft kommt an sensible Informationen über das private Konsumverhalten und der Staat an intimste Daten seiner Bürger. Hacker bestellen unter Angabe falscher Namen, ergaunern sich Zugriff auf Bankkonten, stehlen schlimmstenfalls sogar die Identität.
Zudem ist der Diskriminierung Tür und Tor geöffnet, der gesellschaftliche Zusammenhalt gefährdet, weil Bargeld für sozial Schwache ohne Girokonto die einzige Möglichkeit des Bezahlens ist. "Die Abschaffung wäre ein ungerechtfertigter Eingriff ins Freiheitsrecht", urteilt Hans-Jürgen Papier, Ex-Präsident des Bundesverfassungsgerichts.
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3. Bargeld ist krisensicher
Die leeren Staatskassen von Zypern und Griechenland haben gezeigt: Bargeld ist eine Krisenwährung. Gerade in Zeiten von Niedrigzinsen, Staatsschulden- und Bankenkrisen ist Bares eine sichere Bank, auf die kein bankrotter Staat automatisch zugreifen kann. Es macht Sparer auch gegenüber den Geldinstituten autonom: Vertraut man seiner Bank nicht mehr, kann man Bargeld einfach abheben.
"Zumal die derzeitige Zinssituation das begünstigt – Geldanlagen werfen ohnehin kaum noch etwas ab", so Prof. Dr. Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung. Über eine Bargeldabschaffung könnte sogar direkter Einfluss auf die Preisentwicklung am Markt genommen werden, indem Negativzinsen auf Spareinlagen die Verbraucher dazu zwingen, ihr Geld auszugeben, bevor es deutlich weniger wert wird.
4. Kein fehlerhafter Technikschnickschnack
Mit Bargeld klappt Bezahlen immer. Das gilt nicht für digitale Zahlungsmittel. Zerkratzter Magnetstreifen auf der Kreditkarte, leerer Smartphone-Akku, defekte Kartenlesegeräte, Strom-, Telefon- oder Internetausfall: Schon klappt nichts mehr.
Wie labil das ganze Hightech ist, lässt sich regelmäßig in Schweden, dem Vorreiter elektronischer Bezahlsysteme in Europa, beobachten. Beim populären Musikfestival Bråvalla beispielsweise streikten die Speicherchips auf den Eintrittstickets. Tausende durstiger Fans saßen auf dem Trockenen und mussten schließlich per Hand Schuldscheine für ihre Getränke ausschreiben.
5. Stets Überblick über die Finanzen
Vom Brötchen bis zur Banane: In der bargeldlosen Gesellschaft landet jede kleinste Besorgung auf dem Kontoauszug. Dabei den Überblick über die Ausgaben zu behalten, fällt Verbrauchern deutlich schwerer. Die Folge: "Es ist evident, dass bereits die Kreditkartenkultur zu höherer, privater Verschuldung geführt hat", warnt Finanzexperte Prof. Dr. Friedrich Heinemann.
Fallen Münzen und Scheine ganz weg, beschleunige sich dieser Trend. Und überhaupt: Wer kann überhaupt sicher sein, dass den Banken beim elektronischen Zahlungsverkehr keine Fehler unterlaufen? Die Deutsche Bank hat gerade das Gegenteil bewiesen und 28 Milliarden Euro auf ein falsches Konto überwiesen.
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jp