„Guardians of the Galaxy“ im Test: Bildgewaltige Dauerdampfplauderei

Wenn die vier Guardians nicht zusammenarbeiten, sind die teilweise kniffligen Kämpfe nicht zu gewinnen.
 ©Square Enix

Den Erfolg des Marvel-Kinouniversums auch in die Gamesbranche zu übertragen, ist schwieriger als erwartet. Gelingt den „Guardians of the Galaxy“ jetzt, woran selbst die mächtigen „Avengers“ scheiterten?

Disney scheffelt mit dem Marvel Cinematic Universe mehr Milliarden als Tony Stark. Und doch gelingt es seit über zehn Jahren nicht, ein wirklich erfolgreiches Spiel mit den rasend beliebten Comichelden auf den Markt zu bringen. Im vergangenen Jahr startete man mit „Marvel‘s Avengers“ einen Großangriff auf die heimischen PCs und Konsolen. Doch bei den Fans kam der Titel eher mau an. Nach einem kurzen Hype zu Beginn versanken die Avengers trotz regelmäßiger Erweiterungen schnell in der Bedeutungslosigkeit. Der versprochene Dauerbrenner à la „Destiny 2“, der Studio und Publisher jahrelang Geld in die Kassen spült, waren die „Avengers“ nicht.

Nun wagen Entwickler Eidos Montreal und Publisher Square Enix einen neuen Versuch mit „Guardians of the Galaxy“. Und sie machen so ziemlich alles anders als die „Avengers“. Zunächst einmal konzentrieren sie sich auf die Antiheldentruppe rund um den Erdling Starlord. Die waren bis vor ein paar Jahren nur den eingefleischtesten Fans bekannt, avancierten aber durch zwei brillante Verfilmungen schnell zu den heimlichen Stars im MCU. Spielte „Avengers“ nur auf der Erde, haben die Guardians ein ganzes, knallbuntes Universum als Spielwiese. Legte „Avengers“ den Fokus klar auf Multiplayer und bekam das dann nicht ordentlich hin, ist „Guardians of the Galaxy“ ein reines Singleplayer-Spiel. Und das ist ist herrlich.

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„Guardians of the Galaxy“ im Test: Volle Kraft für Story und Dialoge

Warum? Weil sich die Entwickler ganz darauf konzentrieren können, dem Spieler eine tolle Geschichte zu erzählen. Weil sie nicht darüber nachdenken müssen, wie sich der Schwierigkeitsgrad ändern muss – wenn zwei, drei oder vier Leute gleichzeitig die Bösewichte vermöbeln. Weil sie die Power, die sie normalerweise in Netcode und Server und den ganzen anderen Kram investieren würden, einfach ins Spiel, die Spielwelt und die Geschichte stecken können.

So ist „Guardians of the Galaxy“ denn auch ein Riesenspaß geworden. Eine hochgradig durchgeknallte Geschichte mit hochgradig durchgeknallten Charakteren in einem hochgradig durchgeknallten Universum erwartet die Spieler in der mit 18 Stunden angenehm langen Kampagne. Die fünf Guardians Starlord, Drax, Rocket, Gamora und Groot stecken wie immer bis zum Hals in Schwierigkeiten. Eine Monsterjagd gerät zum üblichen Debakel und beim Versuch, sich aus der Sache herauszuwinden, machen sie alles nur noch schlimmer. Aber natürlich haben die „Guardians of the Galaxy“ das Herz am rechten Fleck und retten wieder mal mehr oder weniger versehentlich das Universum.

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„Guardians of the Galaxy“ im Test: Skurrile Typen machen skurrile Sachen

Mehr sei zur Story gar nicht verraten, schließlich ist sie das Herzstück des Spiels und sollte von jedem selbst erlebt werden. Und das lohnt sich. Allein all die skurrilen Charaktere, denen man begegnet, sind ein Erlebnis. Allerdings sollte man keine Allergie gegen Dauerlaberei haben. In „Guardians of the Galaxy“ wird permanent geredet. Immer und überall. Zwischen den Missionen auf der „Milano“, während der Missionen ohne Unterlass, in den Zwischensequenzen, Kämpfen – einfach immer. Man kann sich kaum vorstellen, wie viele Seiten das Skript umfasst hat und wie viel die (hervorragenden deutschen und englischen) Sprecher da einsprechen mussten. Das Dauergeplapper nervt dabei aber so gut wie nie, weil die Kabbeleien zwischen den fünf Protagonisten einfach sehr, sehr gut geschrieben und zumeist sehr witzig sind.

„Guardians of the Galaxy“ im Test: Steuerung und Übersicht sind gar nicht mal so einfach

Nun sind Story und Dialoge immens wichtig, „Guardians of the Galaxy“ ist aber kein Film, sondern ein Spiel – und dementsprechend müssen auch die reinen Spielelemente Spaß machen. Im Kern ist „Guardians“ ein Action-Adventure, greift aber zu einem Kniff. Wir spielen durchgehend nur den Anführer Starlord alias Peter Quill. Die vier anderen Guardians können wir nur per Controllerbefehl indirekt einsetzen. Dadurch bekommen die Kämpfe eine unerwartet deutliche taktische Komponente. Denn Starlord ist nur ein normaler Mensch mit zwei kleinen Kanonen und wäre – das wird später in der Story ganz deutlich – allein einfach vollkommen aufgeschmissen. Es geht also darum, die Gruppe bedacht einzusetzen. Baumwesen Groot fesselt die Gegner mit seinen Wurzeln, Rocket schleudert ihnen ein paar Granaten entgegen, Drax perforiert sie mit seinen Dolchen und Gamora gibt ihnen dann mit ihrem Katana den Rest.

Das klappt auch ziemlich prima, wenn man die leicht widerborstige Steuerung zu zähmen weiß. Und auf den einzelnen Schlachtfeldern, auf denen sich teils Dutzende Gegner tummeln, nicht die Übersicht verliert. „Guardians“ ist selbst auf dem niedrigsten Schwierigkeitsgrad kein leichtes Spiel, sondern verlangt Konzentration und Taktik, wenn man nicht ins pinke Gras beißen möchte. Mit ein bisschen Übung bekommt aber selbst die hochhausgroßen Bosse irgendwann klein.

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„Guardians of the Galaxy“ im Test: Quicktime-Events aus der Mottenkiste der Hölle

Eine Entscheidung verzeihe ich ganz persönlich den Spieledesignern aber nicht: Quicktime-Events sind ein Spielelement aus der Mottenkiste der Hölle. Insbesondere, wenn Sie nach längeren, nicht abbrechbaren Zwischensequenzen kommen. Mehr als einmal habe ich hektisch den Kaffeebecher abgestellt und war dennoch zu spät dran, um im korrekten Moment die korrekte Taste zu drücken. Daraufhin durfte ich mir die gesamte Sequenz noch einmal anschauen. Ehrlich, liebe Entwickler: Das ist Spieldesign von vorgestern. Und selbst vorgestern hat es genervt.

Ansonsten aber ist „Guardians of the Galaxy“ sehr, sehr gut geraten. Auch und gerade grafisch. Zwar werden weder die Modelle noch die Sprecher der Filme verwendet, dennoch ist es ein wunderschönes, optisch extrem abwechslungsreiches Spiel geworden. Zwar schafft es selbst die Xbox Series X, auf der getestet wurde, nicht, Raytracing-Effekte darzustellen, aber dennoch sind die Guardians eine Augenweide. Ein Ohrenschmaus ohnehin, denn der Soundtrack ist zum Bersten vollgestopft mit Hits der 70er- und 80er-Jahre. Wie viele das sind, kann man am Kassettenrekorder in der „Milano“ ganz einfach erkunden.

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Fazit zu „Guardians of the Galaxy“: Eines der ganz wenigen wirklich guten Superheldenspiele

„Guardians of the Galaxy“ ist nicht ganz perfekt. Dafür hakelt es zu oft in Sachen Übersicht und Steuerung. Dennoch ist es eines der besten, lustigen und schönsten Marvel-Spiele, die je erschienen sind. Mit einer fesselnden und abwechslungsreichen Story, mit Herz und Humor. Und ganz ehrlich: Ein Spiel mit einem stoischen Space-Lama kann einfach nur brillant sein, oder? (st) *tz.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

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