Seit gut acht Monaten läuft die vierte Runde des Konsolenwettstreits zwischen Sony und Microsoft. Für Microsoft tritt dabei die Xbox Series X in der Spitzenklasse an. Wie gut ist die neue Konsole wirklich?
Für Konsolenspieler steht alle paar Jahre die schwierige Situation an, für welche Konsole sie sich entscheiden müssen. Die Sieger wechseln dabei immer wieder. War die PlayStation 3 aufgrund ihres zu Beginn immens hohen Preises und ihrer wahnsinnig kompliziert zu programmierenden Hardware von Anfang an gegen die Xbox 360 ins Hintertreffen geraten, drehte sich das Glück in der darauffolgenden Generation. Microsoft legte bei der Vorstellung der Xbox One eine echte Bauchlandung hin, von der sich die Konsole nicht mehr erholen sollte.
Statt den Spielern das zu geben, was sie wollen – eine neue, leistungsstarke Konsole -, präsentierte Microsoft ein teures und überkompliziertes Gerät als Schaltzentrale fürs Home-Entertainment mit Kinect-Bewegungssteuerung. Dumm nur, dass Sony unter dem Motto „This is for the Players“ mit der PS4 eine „normale“ Konsole vorstellte, die schneller rechnen konnte und auch noch günstiger war als die Xbox One. Der Rest ist bekannt: Die PS4 dominierte über Jahre den Markt.
Xbox Series X versus PS5: Beide Hersteller haben ihre Hausaufgaben gemacht
Doch nun werden die Karten neu gemischt. Und beide Hersteller haben ihre Hausaufgaben gemacht. Normalerweise könnte man nach acht Monaten schon relativ klar sagen, wer mit Blick auf die Verkaufszahlen den besseren Start hingelegt hat. Normalerweise. Aber die Corona-Pandemie und die damit verbundene Halbleiter-Knappheit* sorgen derzeit bei beiden Herstellern dafür, dass beide so viele Konsolen verkaufen, wie sie irgendwie produzieren und transportieren können. Sowohl PlayStation 5 als auch Xbox Series X sind de facto permanent ausverkauft. Selbst für diesen Test mussten wir bei Microsoft ein Testgerät anfragen, weil im freien Handel schlichtweg keines verfügbar war. Das Gerät wurde leihweise kostenlos zur Verfügung gestellt, was allerdings keine Auswirkungen auf den Inhalt dieses Tests hat.
Die knappe Verfügbarkeit der neuen Hardware, die sich nach allgemeinen Befürchtungen wohl noch bis ins kommende Jahr hinein kaum verbessern wird, verlängert die Launch-Phase immens. Und lässt den Konsumenten mehr Zeit, zu beobachten, welche Plattform sich besser entwickelt.
Die PS5, die wir in diesem Test eingehend unter die Lupe genommen haben, punktet mit einer starken Technik, der Aussicht auf starke Exklusivtitel und einem ebenso innovativen wie spaßigen neuen Controller. Was kann die Xbox Series X da dagegensetzen?
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Xbox Series X im Test: Das Design
Die Xbox Series X ist – zumindest für den Tester – fraglos die schönste Konsole, die derzeit auf dem Markt ist. Am Anfang gab es viel Geläster über den schwarzen, hochkant stehenden Quader. Er wurde oft mit einem Kühlschrank verglichen, was Microsoft für Marketingzwecke nutzte, um einen echten Xbox-Mini-Kühlschrank anzukündigen. Hat man die Konsole allerdings in der Hand, fühlt die gute, schwere Verarbeitung, sieht die Details und das schicke mattschwarze Finish, dann wird schnell klar, dass Microsoft hier eine zeitlose Schönheit erschaffen hat, die sich perfekt in jede Wohnumgebung einfügt. Und nebenbei durch den Kamineffekt dafür sorgt, dass die Hardware flüsterleise gekühlt wird. Dagegen wirkt das Design der PS5 ein bisschen sehr wie eine „Drama Queen“. Zudem ist sie etwas lauter und in Details deutlich preiswerter verarbeitet.
Xbox Series X im Test: Die Technik
Rein technisch unterscheiden sich die PS5 und die Series X weit weniger, als man vielleicht annehmen möchte. Beide setzen auf Chipsätze von AMD und 16 GB RAM. Der Prozessor der Xbox taktet dabei minimal höher. Dafür ist der Massenspeicher der PS5 flotter, bietet aber mit 825 GB Speicherplatz deutlich weniger als die Series X, die mit 1 TB bestückt ist – und die sich im Gegensatz zur PS5, die immer noch keinerlei Erweiterung des Konsolenspeichers zulässt, mit (zugegeben wirklich teuren) Steckkarten noch erweitern lässt. Beide Konsolen verfügen über ein 4K UHD Blu Ray-Laufwerk.
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Das legt die Vermutung nahe, dass sich die Konsolen bei der Performance ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern. Und tatsächlich: Beim Zocken ist kaum ein Unterschied erkennbar. Sollte man jetzt wirklich die Frames zählen, dann mag mal das eine, mal das andere Gerät leicht die Nase vorn haben. Ansonsten bekommt man aber hier wie dort extrem leistungsstarke Hardware, die dazu auch noch flüsterleise gekühlt wird. Wobei die Xbox gegenüber der kaum wahrnehmbar säuselnden PS5 noch ein bisschen leiser ist. Man hört schlichtweg gar nichts.
Ohne passenden 4K-HDR-Fernseher ergeben die neuen Konsolen keinen Sinn
Eines muss man in diesem Zusammenhang aber auch noch einmal ganz deutlich sagen: Wer keinen 4K-Fernseher (mit ordentlichem HDR) zu Hause stehen hat, kann sich die Investition in die neuen Konsolen sparen oder kalkuliert in diesem Zusammenhang auch gleich noch die Anschaffung eines neuen Fernsehers mit ein. Zum Test haben wir die Series X an einem 65-Zoll-4K-OLED-TV betrieben. Daran kann sie richtig ihre Muskeln spielen lassen und zeigen, was sie draufhat. Sie an einen alten Full-HD-Fernseher anzuschließen, wäre genauso, als ob man sich einen Ferrari kauft und dann damit nur im ersten Gang durch die Stadt fährt.
Design ist am Ende Geschmackssache, technisch liegen die beiden Konsolen mehr oder weniger gleichauf, soweit man das mit der derzeit verfügbaren Spielesoftware ausmachen kann. Es ist also wieder einmal so, dass am Ende die Games entscheiden werden, welche Plattform sich durchsetzt.
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Xbox Series X im Test: Die (Exklusiv-)Spiele
Bislang bekleckern sich dabei beide Hersteller nur bedingt mit Ruhm. Das hat viel mit der Pandemie und den nach wie vor eklatanten Lieferschwierigkeiten zu tun. Erstere sorgt dank Homeoffice bei den Spieleherstellern für etliche Probleme und Verzögerungen, ursprünglich für diesen Zeitraum geplante Titel werden verschoben, weil sie schlichtweg nicht fertig werden. Es ist aber auch eine rein wirtschaftliche Entscheidung, jetzt noch kein Feuerwerk an Exklusivtiteln für die neuen Konsolen abzubrennen. Denn derzeit sind da draußen noch viel zu wenige Konsolen bei den Leuten angekommen.
Man muss nur mal rechnen: Die Produktion eines neuen Exklusiv-Blockbusters kostet mittlerweile gut und gerne 100 Millionen Dollar oder mehr. Wenn da aber gerade einmal eine Million Konsolen weltweit verkauft sind (genaue Zahlen nennen die Hersteller nicht) und wirklich jeder, der eine solche Konsole hat, auch das neue Spiel für 70 bis 80 Euro kauft, reicht der Erlös noch nicht einmal, um die Produktionskosten zu decken, geschweige denn Gewinn zu machen. Deswegen ist es wirtschaftlich durchaus nachzuvollziehen, dass man bei den Herstellern derzeit ein bisschen auf die Bremse drückt und dafür sorgt, dass das neue Spiel auch auf der letzten Konsolengeneration noch ordentlich läuft.
Exklusive Blockbuster müssen zeigen, was die Hardware wirklich leisten kann
Echte, exklusive Blockbuster, die zeigen, wozu die neue Generation wirklich in der Lage ist, sind also momentan noch Fehlanzeige. Während Sony mit „Returnal“ und „Ratchet & Clank: Rift Apart“ wenigstens zwei Titel veröffentlicht hat, bei denen die PS5 schon einmal ordentlich mit den Muskeln spielen konnte, herrscht bei Microsoft derzeit noch ziemliche Leere im Exclusive-Regal. „Halo Infinite“, auf das die Fans händeringend warten, wurde um ein Jahr auf diesen Herbst verschoben, dann soll auch „Forza Horizon 5“ zeigen, was die Series X wirklich draufhat.
Zumindest einen Fehler aus der letzten Konsolengeneration will Microsoft aber ganz offensichtlich nicht wieder machen: Zu wenig exklusives Material für seine Konsole anzubieten. In den vergangenen Jahren ging man daher intensiv auf Shopping-Tour und verleibte sich zahlreiche hochkarätige Entwicklerfirmen ein, die ab sofort ausschließlich für die Xbox produzieren werden. Der dickste Fisch, der da an Land gezogen wurde, ist zweifelsohne „Bethesda“, die für Spielereihen wie „Fallout“ oder „The Elder Scrolls“ stehen, die in der Vergangenheit Millionenseller waren. Seitdem gehören auch „Doom“ und „Wolfenstein“ zum Microsoft-Portfolio. Eine Entwicklung, die das Konsolen-Rennen richtig spannend machen könnte. Denn Microsoft hat noch ein echtes Ass im Ärmel.
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Xbox Series X im Test: Der Xbox Game Pass als Deal-Breaker
Spieleflatrates gibt es wie Sand am Meer. Und jede, die neu an den Start geht, ist natürlich das „Netflix für Spiele“. Das Versprechen: Eine geringe monatliche Gebühr zahlen und dafür alles zocken, was es so gibt. Das Problem: In den meisten Spieleflatrates sind vor allem ältere, unbekannte und mittelmäßige Spiele im Angebot – oder die, die man ohnehin schon im Regal hat. Das hat sich jetzt geändert.
Microsoft hat den Game Pass vor einiger Zeit ins Leben gerufen. Neuerdings gibt es den auch als (extrem empfehlenswerten) Game Pass Ultimate für 12,99 Euro im Monat. Wenn man die Augen nach Angeboten aufhält und bereit ist, sich langfristig zu binden, kann man das auch deutlich günstiger abstauben. Im Ultimate-Paket ist nicht nur der normale Game Pass, sondern auch Xbox Live Gold inkludiert – man kann also jederzeit und mit jedem online spielen. Zudem kann man sich über Xbox Cloud Gaming jederzeit eine virtuelle Series X auf das Handy oder Tablet zaubern lassen und dort in bester Qualität (eine ordentliche Internetverbindung vorausgesetzt) all das mobil zocken, was man auch zu Hause gern spielt.
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Breite Auswahl an prominenten EA-Titeln gratis obendrauf
Noch oben auf gibt es EA Play mit einer umfangreichen Bibliothek von Spielen des Herstellers „Electronic Arts“. Das macht am Ende weit über 100 Games, die man sich einfach herunterladen und so lange zocken kann, wie man möchte. Dabei sind nicht nur Titel von Microsoft und seinen Studios und Electronic Arts dabei, sondern auch immer wieder Blockbuster von bekannten anderen Herstellern, die zeitweise verfügbar sind. Es finden sich natürlich Klassiker wie „Black“ oder „Day of the Tentacle“, „Dead Space“ oder etliche alte „Final Fantasys“. Aber es sind halt auch „Destiny 2“ inklusive aller Erweiterungen (allein für DLCs und Season Pass werden hier sonst locker 60 Euro pro Jahr fällig), „FIFA 21“ oder das überraschend spaßige „Outriders“ (hier im Test) dabei. Dazu jede Menge exklusive Titel wie das phänomenale „Gears Tactics“ oder das herrliche Multiplayer-Piraten-Vehikel „Sea of Thieves“.
Eigenproduktionen von Tag 1 an im Game Pass verfügbar
Das Besondere am Game Pass: Insbesondere bei den Eigenproduktionen von Microsoft und seinen zugekauften Studios sind die Titel von Tag 1 an auch im Game Pass enthalten. Das heißt: Wenn das neue SciFi-Rollenspiel „Starfield“ von Bethesda Ende 2022 auf den Markt kommt, kann man es entweder für 70 Euro vorbestellen und am Release-Tag spielen. Oder aber man hat den Game Pass abonniert und legt zeitgleich los, ohne extra zu löhnen. Man muss kein Einstein sein, um auszurechnen, wie schnell sich auf diese Art und Weise die 12,99 Euro im Monat rechnen. Spielt man zwei Blockbuster pro Jahr zum Release, hat man das Geld im Prinzip schon wieder drin.
Das ist ein echtes Kaufargument, der die Xbox Series X zur Game-Pass-Maschine macht und im Konkurrenzkampf mit Sony ein echter Vorteil ist. Auch auf der PS5 gibt es für Playstation-Plus-Abonnenten monatlich Gratis-Spiele und eine umfangreiche Bibliothek mit PS4-Klassikern zum Download – vergleichbar mit dem Game Pass ist das Angebot aber dennoch nicht.
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Xbox Series X im Test: Das Fazit
Microsoft hat mit der Series X zurück in die Erfolgsspur gefunden. Die Hardware ist schnell, leise und schick, der Preis mit 499 Euro absolut angemessen. Gute Voraussetzungen, um aus dem Dauerduell mit Sony in dieser Runde als Sieger hervorzugehen. Doch dafür muss Microsoft jetzt nachlegen. Es braucht Exklusivtitel, die die Leistungsfähigkeit der Series X wirklich ausnutzen und die im Game Pass ab Tag 1 enthalten sind. Denn so spannend die neue Hardware auch ist: Mit dem Game Pass Ultimate hält Microsoft die Zukunft des Gamings in den Händen. Jetzt müssen sie ihre Trümpfe nur noch konzentriert ausspielen. *tz.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.
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