Der Streit um ein Plastiktütenverbot geht in die nächste Runde. Das Umweltministerium präsentiert einen Gesetzesentwurf, der schon bald in Kraft treten soll.
Update vom 06. September 2019, 10:31 Uhr: Nach der Ankündigung vor einigen Wochen, Plastiktüten verbieten zu wollen, lässt Svenja Schulz nun Taten folgen. Das Bundesumweltministerium stellt einen Gesetzes-Entwurf vor, welcher sogenannte „leichte Kunststofftragetaschen“ verbieten soll. Diese sollen an den Kassen, zum Beispiel in Supermärkten, nicht mehr an die Kunden ausgegeben werden. In Kraft treten soll die neue Regelung bereits im kommenden Jahr.
Es gibt jedoch Ausnahmen - dünne Tüten, die der Verpackung von Obst und Gemüse dienen, sollen erlaubt bleiben. Auch besonders stabile Tüten sollen von der Regelung nicht betroffen sein. Die Bild, der der Gesetzes-Entwurf des Ministeriums vorliegt, zitiert diesen folgendermaßen: „Unter die Ausnahme fallen sehr leichte Kunststofftragetaschen mit einer Wandstärke von weniger als 15 Mikrometern, die aus Hygienegründen erforderlich sind oder als Erstverpackungen für lose Lebensmittel vorgesehen sind, sofern dies zur Vermeidung von Lebensmittelverschwendung beiträgt“.
Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) gibt an, im Schnitt verbrauche jeder Deutsche pro Jahr 20 dieser Plastiktüten. Wie in dem Bericht weiter steht, umfasse das Verbot auch biologisch abbaubare Tüten. Bisher gibt es nur einen freiwilligen Verzicht auf Plastiktüten. Außerdem bieten viele Händler die Tüten nur gegen Bezahlung an. Auch das habe laut Umweltministerium eine Einsparung erwirkt: während im Jahr 2015 noch 70 Tüten pro Kopf pro Jahr verbraucht wurden, sind es heute nur noch 20, berichtet die Bild.
Plastiktütenverbot: Landwirtschaftsministerin lehnt Verbot deutlich ab
Update vom 12. August 2019, 16.45 Uhr: Eigentlich schien sich eine Tendenz Richtung Plastiktüten-Verbot abzuzeichnen - doch ein Kabinettsmitglied schießt nun quer: Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) hat sich gegen eine Maßnahme ausgesprochen. Sie qualifizierte den Vorstoß von Ministerin Svenja Schulze als Verbotspolitik nach Grünen-Facon ab. Und traf damit pikanterweise auch die Schwesterpartei CSU, die bereits vor einiger Zeit einen ähnlichen Vorschlag im Bundesrat eingebracht hat.
„Nur Verbote, so wie es die Grünen wollen, ohne eine Antwort zu haben, was denn die Alternative ist“, damit seien die Bürger nicht zufrieden, sagte Klöckner am Montag in Berlin vor Gremiensitzungen ihrer Partei. Unter Federführung ihres Ressorts würden bereits Alternativen zur Plastiktüte aus nachwachsenden Rohstoffen entwickelt. Es gehe darum, Alternativen durch Innovationen anzubieten.
Die Äußerung der Ministerin stieß in Regierungskreisen unmittelbar auf Missfallen. Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth kritisierte Klöckner auf Twitter öffentlich. „Ah, interessant. Das zeigt ja eine große Einmütigkeit der Union“, schrieb er am Montag in sarkastischem Ton. „Erst fordert CSU-Chef Söder mit großer Ökogeste ein Plastiktütenverbot - und kaum wird es ernst, lehnt die stellvertretende CDU-Vorsitzende es ab.“ Es sei „eine andere Ernsthaftigkeit beim Umweltschutz nötig“, erklärte er.
Ah, interessant. Das zeigt ja eine große Einmütigkeit der Union: Erst fordert CSU-Chef Söder mit großer Ökogeste ein Plastiktütenverbot
— Jochen Flasbarth (@JochenFlasbarth) 12. August 2019
- und kaum wird es ernst, lehnt die stellvertretende CDU-Vorsitzende es ab. Wir brauchen wirklich eine andere Ernsthaftigkeit beim Umweltschutz! https://t.co/iAodr9bffg
Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) hatte am Wochenende angekündigt, ein Plastiktütenverbot umsetzen zu wollen. Derzeit werde eine gesetzliche Regelung dazu erarbeitet. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte Ende Juli eine Bundesratsinitiative für ein deutschlandweites Plastiktütenverbot in Aussicht gestellt.
Wegen „Müllflut“ in den Städten: Ministerin will ein Verbot - und weitere Hersteller bluten lassen
Update vom 12. August 2019, 11.30 Uhr: Nach den Plastiktüten will Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) nun auch weitere Einwegprodukte ins Visier nehmen - und deren Hersteller für Reinigungskosten in den deutschen Städten mitbezahlen lassen. Die Ministerin warnte am Montag vor einer „regelrechten Müllflut, vor allem in öffentlichen Parks und auf belebten Straßen“. Für die Kommunen werde es immer schwieriger, Straßen, Plätze und Parks sauber zu halten. Die Kosten dafür trage bisher die Allgemeinheit.
Konkret im Fokus hat Schulze offenbar Hersteller von Fast-Food-Verpackungen, Getränkebechern, Plastiktüten und Zigaretten. Sie will im ersten Schritt im Kreislaufwirtschaftsgesetz die Rechtsgrundlage für eine spätere Verordnung schaffen. Wie hoch der Anteil von Einweg- oder Wegwerfartikeln in den öffentlichen Abfallbehältern, auf den Straßen und Parks ist, will der Verband der Kommunalen Unternehmen (VKU) ermitteln.
Basierend auf der EU-Einweg-Kunststoffrichtlinie, die im Mai von den EU-Mitgliedstaaten verabschiedet worden war, werde das Umweltministerium nun die Voraussetzungen dafür schaffen, die Hersteller von Zigaretten, Einweg-Bechern und anderen typischen Wegwerfartikeln zur Kasse zu bitten, kündigte Schulze an. "Das ist nicht nur eine Umweltfrage, sondern auch eine der Gerechtigkeit."
VKU-Präsident Michael Ebling sagte, nötig sei "mehr Verursachungsgerechtigkeit". Müssten sich die Hersteller an den Folgen ihrer "umweltschädigenden Ex-und-Hopp-Geschäftsmodelle finanziell beteiligen", entstünden auch "für alle Akteure neue Anreize für abfallarme Alternativen".
Erstmeldung - Doch keine „Peanuts“: Ministerin schwenkt auf CSU-Linie ein und will Plastiktüten-Verbot
Berlin - Bundesumweltministerin Svenja Schulze will nun doch ein Verbot von Plastiktüten in Angriff nehmen. „Mein Ministerium erarbeitet gerade die gesetzliche Regelung für ein Plastiktütenverbot“, sagte die SPD-Politikerin der Bild am Sonntag. Eine freiwillige Vereinbarung mit dem Handel zur Verringerung der Tüten sei bereits sehr erfolgreich, seit 2016 sinke der Verbrauch deutlich. „Das sichern wir jetzt mit dem Verbot ab“, so Schulze. Das Ministerium wolle den Gesetzesentwurf „in Kürze“ vorlegen, ergänzte ein Sprecher.
Plastiktüten-Verbot: Schulze schwenkt auf Söders Linie um - zwei Milliarden Kunststofftaschen 2018 ausgegeben
Der Ministeriumssprecher bestätigte den Vorstoß am Sonntag auf Twitter und verwies auf Zahlen, wonach 2018 zwei Milliarden Kunststofftragetaschen an den Kassen ausgegeben worden seien. Das entspreche 24 Taschen pro Einwohner im Jahr. Im Vergleich zu 2015 sei der Verbrauch um 64 Prozent zurückgegangen.
Bestätigung: Ja, Bundesumweltministerin @SvenjaSchulze68 bereitet ein #Plastiktüten-Verbot vor. Der Verbrauch sinkt seit 2016 deutlich. Die Plastiktüte ist ein Auslaufmodell - dank der erfolgreichen Vereinbarung mit dem @handelsverband. https://t.co/z2iHjwjcDw pic.twitter.com/jnpxuojCsW
— StephanGabrielHaufe (@HaufeStephan) 11. August 2019
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte Ende Juli angekündigt, eine Bundesratsinitiative für ein deutschlandweites Plastiktütenverbot zu starten, wie unter anderem Merkur.de* berichtete. Schulze hatte einen solchen Schritt bisher skeptisch gesehen; sie argumentierte, gesetzliche Bestimmungen nähmen mehr Zeit in Anspruch als freiwillige Schritte.
Plastiktüten-Verbot: Auch Obst- und Gemüse-Tüten sollen zurückgedrängt werden
Noch im Frühjahr hatte ein Sprecher des Umweltministeriums gesagt, bei den Plastiktüten gehe es „im Grunde genommen um Peanuts“: Sie machten weniger als ein Prozent des Verpackungsaufkommens aus Kunststoff aus. Damals hatte Entwicklungshilfeminister Gerd Müller (CSU) ein sofortiges Verbot der Tüten gefordert.
Klassische Plastiktüten an der Kasse kosten inzwischen in sehr vielen Supermärkten etwas - dazu hat das Umweltministerium eine freiwillige Selbstverpflichtung mit dem Handel vereinbart. Auch andere Verpackungen wie die sogenannten Hemdchenbeutel oder auch Plastikfolien um Gurken und andere Früchte sollen zurückgedrängt werden.
Schulze will im Herbst eine weitere Vereinbarung mit dem Handel schließen, die vor allem bei Obst und Gemüse für weniger Verpackungen sorgen soll. Der Discounter Aldi will aus freien Stücken eine kleine Gebühr für die Obst- und Gemüse-Tütchen verlangen, kassierte dafür aber auch Kritik. Die Kette Real plant gar einen kompletten Bann.
Plastiktüten-Verbot: Hauptproblem Kunststoff-Partikel - Mehrwegbeutel beste Lösung
Nach Angaben des Umweltministeriums schneiden Plastiktüten und Papiertüten in der Ökobilanz ähnlich ab - Unterschiede gibt es aber bei den Auswirkungen. Durch weggeworfene Plastiktüten gelangen Kunststoffpartikeln in die Umwelt, die dort über viele Jahrzehnte bleiben und vor allem Meerestiere schädigen können.
Im Gegensatz zu Papiertüten sind Plastiktüten jedoch stabiler, insbesondere bei Nässe, und können öfter genutzt werden. Den größten Vorteil für die Ökobilanz bringt es dem Ministerium zufolge, wenn Verbraucher statt Einwegtragetaschen beispielsweise Rucksäcke, Mehrwegbeutel oder -netze nutzen.
Der Umgang mit dem Thema Plastikmüll ist für viele Einzelhandelsunternehmen offensichtlich immer noch schwierig: Der Supermarkt Rewe beispielsweise wirbt mit Vermeidungsmaßnahmen - verärgerte zuletzt aber mit einer anderen Praxis seine umweltbewussten Kunden.
Svenja Schulze stellte kürzlich den zweiten Klima-Monitoringbericht der Bundesregierung vor - und fällt ein drastisches Urteil.
dpa/AFP/fn
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