Mehmet Scholl macht sich Sorgen um die Zukunft des deutschen Fußballs. Das verdeutlicht der Ex-Profi mit gewohnt klaren Worten. In der Bundesliga finden das einige Herren nicht lustig.
München - Fußballdeutschland muss sich nach dem blamablen Europapokal-Abschneiden der deutschen Klubs erst einmal schütteln. Für einen der besten deutschen Fußballer der vergangenen 20 Jahre kommt die Schmach in Champions League und Europa League alles andere als überraschend. Und weil Mehmet Scholl schon immer ein Mann klarer Worte war, hat er die Gründe für die Krise im deutschen Fußball schonungslos offengelegt.
In seiner Radiosendung „Mehmets Schollplatten“, die er einmal im Monat mit Achim Bogdahn im „Bayern 2 Nachtmix“ moderiert, lederte der langjährige ARD-Experte über die DFB-Trainerausbildung und die derzeit öffentlich so gefeierte junge Generation der Coaches. „Die Tedescos, die Wolfs, sie sprießen aus dem Boden und der deutsche Fußball wird sein blaues Wunder erleben“, nennt der 47-Jährige die Vertreter von Schalke 04 und dem VfB Stuttgart sogar namentlich.
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„Erfolgreich, aber niemals Großes gewinnen“
Scholl moniert besonders die Schulung der Fußballlehrer: „Oben kommt eine weichgespülte Masse an, die erfolgreich sein wird, aber niemals das Große gewinnen.“ Die Trainerausbildung des DFB, die der ehemalige Filigrantechniker als verdienter DFB-Kicker 2012 im Schnelldurchlauf absolvieren durfte, beinhaltet für ihn „elf Monate Gehirnwäsche“.
Was Scholl besonders kritisiert: In seinen Augen wird die Luft für die Individualisten mit dem besonderen Etwas - wie er selbst einer war - immer dünner. Denn: „Wir verlieren die Basis. Kinder müssen abspielen, dürfen nicht mehr dribbeln. Sie kriegen nicht die richtigen Hinweise, warum ein Zweikampf verloren wurde. Stattdessen können sie 18 Systeme rückwärtslaufen und furzen.“
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Beispiele aus Bayerns ruhmreichem Spielerfundus
Folglich sei das Ende für die Typen im deutschen Fußball vorprogrammiert. Hier wählt Scholl drei Beispiele aus dem Fundus des ruhmreichen FC Bayern als Beispiele: „Nebenbei werden die Riberys und Robbens aussortiert. Weil sie unbequem sind. Auch die Machtmenschen wie Effe, die dann am Ende den Unterschied ausmachen könne, werden aussortiert.“
Es ist nicht das erste Mal, dass sich Scholl öffentlich über den deutschen Trainernachwuchs mokiert. Vor gut zwei Jahren hatte er im Interview mit dem Spiegel die „Laptop-Trainer“ attackiert, „bei denen ist Taktik oberstes Gebot“. Die von ihm angesprochenen Kollegen hätten „selbst nie oben gespielt und auch keine Ahnung, wie ein Profi auf höchstem Niveau tickt.“
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Heynckes: „Nachwuchs Zeit geben“
Bereits damals hatte die Reaktion der Kritisierten sowie der Ausbilder nicht lange auf sich warten lassen. Diesmal antworten als erste zwei Herren, die sich nicht direkt angesprochen fühlen sollten. „Es gibt guten Nachwuchs. Aber dem muss man auch Zeit geben. Ich sehe das nicht so gravierend“, sprang Bayern-Trainer Jupp Heynckes seinen deutlich jüngeren Kollegen zur Seite.
Michael Reschke, der die Arbeit des namentlich genannten Hannes Wolf als Sportvorstand beim VfB Stuttgart täglich begutachten kann, giftete im kicker zurück: „Ich finde es traurig, dass Mehmet Scholl sich zum wiederholten Male in Oberflächlichkeit ergießt und hoffe zumindest für ihn, dass er seine Aussagen selbst nicht so ernst nimmt.“
Auch VfB-Trainer Hannes Wolf und DFB-Chefausbilder Frank Wormuth haben sich inzwischen zur Kritik von Mehmet Scholl geäußert. Beide reagierten mit Unverständnis auf die heftigen Aussagen des 47-Jährigen.
Wetten, dass uns das Thema mindestens das Wochenende über begleiten wird?
mg