Jamal Musiala überzeugt aktuell auf allen Ebenen. Der Offensivmann des FC Bayern München entwickelt sich mehr und mehr zum Führungsspieler.
München - Es war ein harter Fight, den sich die Niederlande und Deutschland am Dienstagabend (2:2) in der ausverkauften Johan Cruijff ArenA in Amsterdam geliefert haben. Jamal Musiala, der beim 5:0 gegen die Ungarn noch einen Sahnetag hatte, musste sich diesmal permanent gegen Manndeckung und Doppelungen der Gegenspieler behaupten. Der 21-Jährige konnte diesmal - gemeinsam mit seinem kongenialen Partner Florian Wirtz - keine Highlights im Minutentakt produzieren.
Musiala bleibt selbstkritisch und schießt nicht gegen den Schiedsrichter
Doch unruhig oder nervös wird es deshalb nicht. „Es ist ein Prozess. Diesmal war es nicht unser Tag. Daraus müssen wir lernen“, sagte Musiala anschließend bei RTL. Er sagte mit Blick auf den Ausgleichstreffer der Niederländer selbstkritisch: „Wir mögen es, viel zu zocken. Aber wir hatten zu viele Ballverluste. Auch ich hatte einen vor dem Tor. Da müssen wir alle cleverer und ballsicherer sein.“
Vier Minuten später landete das Leder dann allerdings im gegnerischen Strafraum nach kurz ausgeführter Ecke bei Musiala. Die anschließende Flanke fand keinen Abnehmer, zuvor gab es jedoch ein hartes Einsteigen von Xavi Simons, der mit offener Sohle den Fuß des Ausnahmekönners vom FC Bayern München erwischte. Während Bundestrainer Julian Nagelsmann seinem Ärger anschließend Luft machte, blieb Musiala betont gelassen: „Ich will nicht zu viel über den Schiedsrichter sprechen. Jeder, der das Spiel gesehen hat, hat gemerkt, dass nicht alles gut gelaufen ist. Aber das passiert im Fußball. Ich will nicht meckern! Wir müssen schauen, dass wir besser spielen.“
Obwohl Musiala Müller verdrängen musste, ist deren Verhältnis sehr gut
Es sind bemerkenswerte Worte eines Spielers, der trotz jungen Alters schon sehr reif auftritt. Und er beherrscht die Sprache der Diplomatie. Thomas Müller hat beim FC Bayern den Status einer Legende. Er wurde von Musiala peu à peu in die zweite Reihe verdrängt. Müller sagte im Frühjahr in einem Gespräch mit der UEFA: „Wir haben ein gutes Verhältnis, auch wenn wir theoretisch irgendwie Konkurrenten sind.”
Dieses Lob sagt vieles über den Charakter von Musiala aus. Wenn ein erfolgreicher Akteur wie Müller mehr und mehr in den Hintergrund rückt, dann kann so etwas auch deutlich lauter und schmutziger zugehen. So aber nicht bei diesem Duo. Musiala schwärmte im Oktober 2022 noch von Müller: „Sein IQ ist richtig groß im Fußball. Er versteht Sachen, die ich nicht mal sehe, manchmal.“ Gegenseitiger Respekt, ehrliche Anerkennung - so kann es auch laufen in einem knallharten Business, wo beide Seiten schnell die Ellenbogen ausfahren.
Auch gegen die Organisatoren des Ballon d‘Or gibt es kein schlechtes Wort
Als Musiala zuletzt nicht für den Ballon d‘Or nominiert wurde, sprach er zwar von einem „Rückschlag“. Der Dribbelkünstler lasse sich davon aber nicht aus der Bahn werfen: „Es ändert nichts an meiner Mentalität und an meinen Zielen für diese Saison. Und es bringt nichts, sich einen Kopf darüberzumachen.“ Musiala lässt sich durch nichts aus der Ruhe bringen und schießt nicht gegen die Organisatoren. Er nimmt stattdessen Kritik an, arbeitet an seinen Defiziten und will sich permanent verbessern.
Selbst im Herbst 2023 war nichts von ihm zu hören. Der FC Bayern hatte 7:0 beim VfL Bochum gewonnen und Musiala saß komplett auf der Bank. Der damalige Coach Thomas Tuchel begründete dies mit der Verletzung, aus der Musiala kam und fügte an: „Jetzt muss er einen Tick stabiler werden und bleiben, dass er durchgehend zur Verfügung steht. Das ist auch ein Talentkriterium, dass du konstant fit bist und viel spielen kannst. Dann ist Jamal jemand, der über die halblinke und linke Seite den Unterschied für uns ausmachen kann.“
Auch eine gute Grundausbildung hilft ihm auf seinem Weg nach vorne
Diese Aussage irritierte nach Informationen von fussball.news im Umfeld des Spielers, da Musiala immer nur vereinzelt ausfiel in der Vergangenheit. Der Meistermacher, der in einem ganz schwierigen Moment die Verantwortung übernahm und die Partie in Köln mit einem Traumtor entschied, war nicht durch eine lange Verletzungshistorie bekannt geworden. Auch diesmal war kein schlechtes Wort von Musiala zu hören. Dabei hätte die Verletztenliste des FC Bayern unter Tuchel genügend Futter für feine Spitzen geliefert.
Es zeigt sich mehr und mehr: Musiala hat das Zeug zum Führungsspieler. Er ist ein intelligenter Junge, der sich in England in jungen Jahren in der Privatschule Whitgift im Süden Londons durchgesetzt hat. Musiala überragte dort sportlich, traf in seinen drei Jahren dort 129-mal und stieß Callum Hudson-Odoi vom Thron. Doch in Whitgift geht es nicht nur alleine um den Fußball, sondern auch um das Köpfchen. Musiala tritt daher auch an den Mikrofonen sehr smart und eloquent auf. Er hat das Zeug dazu, Gesicht des FC Bayern und der deutschen Nationalmannschaft zu werden. Eine Mischung aus klaren Worten und diplomatischen Sätzen ist - neben Konstanz auf dem Rasen - auf dem Weg dorthin unumgänglich. Bislang jedenfalls findet Musiala die richtige Mixtur.