Investor in der DFL: Fragen und Antworten zum Bundesliga-Milliardendeal

Von den Fans abgelehnt, von der DFL als alternativlose Chance angepriesen. Der bevorstehende Investorendeal polarisiert. Das sind die Fakten.

Frankfurt am Main – Spieler, Funktionäre, Trainer, Fanvertreter und TV-Kommentatoren. Die Liste derer, die sich in die eine oder andere Richtung zum bevorstehenden Einstieg eines Investors in die DFL äußern, lässt sich noch erweitern. Doch was sind die Hintergründe? Wie will die DFL das eingenommene Geld verwenden? Und was genau sind die Gründe der Fanproteste, die die Gemüter so zu erhitzen zu scheinen?

Weil diese Fragen so drängend sind, hat die DFL schon vor der Abstimmung im Dezember einen Frage- und Antwortkatalog veröffentlicht. Doch nicht alle sehen die relevanten Fragen beantwortet und sich ernst genommen. Dass in der, aus DFL-Sicht, erfolgreichen Abstimmung ausgerechnet Martin Kind eine Hauptrolle einnahm, heizt die Proteste der Fans zusätzlich an.

Was bedeutet der Investoren-Deal für die Bundesliga?

Auf der DFL-Mitgliederversammlung am 11. Dezember 2023 erteilten die nötigen zwei Drittel der 36 Bundesligisten der DFL-Geschäftsführung das Mandat, einen Investorendeal auszuhandeln. Wie aus dem DFL-FAQ (Stand: 18. Februar 2024) hervorgeht, ist „ein Anteilsverkauf an der DFL … ausgeschlossen.“

Es soll sich nur um „eine zeitlich begrenzte Minderheitsbeteiligung eines Partners über 20 Jahre in Höhe von maximal acht Prozent an den Lizenzerlösen aus der Verwertung der kommerziellen Rechte der DFL“ handeln. Konkret heißt das: Der Investor erhält einen Anteil an der MediaCo GmbH & Co. KGaA, über die die Medien- und TV-Rechte der DFL laufen, und deren Einnahmen.

DFL nutzt Investoren-Gelder für verschiedene Zwecke – nur noch ein Kandidat im Rennen

Im Gegenzug für die maximal 20-jährige Minderheitsbeteiligung plant die DFL im Idealfall mit Einnahmen von einer Milliarde Euro, die in die „Weiterentwicklung des DFL-Geschäftsmodells“ investiert werden soll. Gesetzt dem Optimum von einer Milliarde Euro würde die DFL das Geld wie folgt verwenden: 600 Millionen Euro für den Ausbau der Zentralvermarktung (unter anderem für den Aufbau einer Streamingplattform), 300 Millionen Euro direkt an die Vereine, um Mindereinnahmen bei den TV-Geldern zu kompensieren und 100 Millionen Euro für Vereine, die zu Werbezwecken in andere Länder reisen.

Derzeit befindet sich nur noch ein möglicher Investor im Rennen um die DFL-Beteiligung. Nachdem Blackstone verkündet hatte, aus den Verhandlungen auszusteigen, bleibt einzig CVC als möglicher Investor. Der Logik des Marktes folgend, dürfte die DFL dadurch in einer deutlich schlechteren Verhandlungsposition sein. DFL-Geschäftsführer Steffen Merkel dementierte dies jedoch, ein alleiniger Verhandlungspartner würde seiner Meinung nach keinen Nachteil darstellen.

Kritik am Investoren-Einstieg in die DFL

Alleine die grundlegenden Zahlen geben Anlass zur Kritik. Die 300 Millionen Euro zur Kompensation der auf 20 Jahre ausfallenden TV-Gelder reichen lediglich für drei bis vier Spielzeiten, dann droht ein Verlustgeschäft zum Status quo. Außerdem wurde eine Binnenfinanzierung, also dass die 36 Bundesligisten über gestaffelte Abgaben selbst für die 600 Millionen Euro zum Ausbau der Vermarktung aufkommen, nie zur Abstimmung gestellt. Die DFL-Geschäftsführer Marc Lenz und Steffen Merkel lehnten diese mit dem Verweis auf eine angeblich fehlende Mehrheit schon im Vorfeld ab.

Kritik gibt es auch an der unsicheren Verweildauer des Investors im Vertrag. Der Geldgeber kann nach „voraussichtlich acht Jahren“ Mindesthalteperiode seine Anteile weiterveräußern. Die DFL hat zwar „das Recht, ein Erstangebot für einen Rückerwerb abzugeben“ und es gibt Ausschlusskriterien für einen Partner bei Weiterverkauf, trotzdem könnte dadurch ein wenig geliebter Partner ins Boot kommen. Dass die DFL die finanziellen Mittel für ein adäquates Erstangebot sowie den „Fair Value“ nach neun oder 15 Jahren, wenn ein Rückkauf vertraglich möglich wäre, aufbringen kann, gilt als unwahrscheinlich.

Wie stimmten die Bundesliga-Vereine zum Investorendeal ab?

Die Kritikpunkte der Fans gehen über die wirtschaftlichen Aspekte hinaus. Kernpunkte sind die zweifelhafte Kommunikation und speziell die Abstimmung am 11. Dezember. In der geheim abgehaltenen zweiten Abstimmung über den Investorendeal kam die nötige Zweidrittelmehrheit denkbar knapp zustande. 24 Ja-Stimmen, zwei Enthaltungen und zehn Nein-Stimmen.

Die zweite Abstimmung wurde nötig, weil bei einer ersten DFL-Mitgliederversammlung zum Thema (24. Mai 2023) nur 20 Ja-Stimmen abgegeben wurden. Daraufhin änderten die beiden DFL-Geschäftsführer Marc Lenz und Steffen Merkel ihr Vorgehen. Unter anderem wurde das Volumen der angedachten Minderheitsbeteiligung von 12,5 auf maximal acht Prozent heruntergesetzt und – zumindest gegenüber den Vereinsvertretern – die Kommunikation transparenter.

Modifikationen, die ausreichten, damit im Dezember die Zweidrittelmehrheit zustande kam. Im Frage- und Antwortkatalog der DFL (Stand: 18. Februar 2024) wird zum Abstimmungsverhalten darauf verwiesen, dass dieses geheim stattgefunden habe. „Auch auf explizite Nachfrage vor Durchführung der Abstimmung“, habe kein anwesender Vereinsvertreter Einwände dagegen erhoben.

Während im DFL-FAQ nicht erwähnt wird, welche Stimmenverteilung überhaupt zur Annahme des Antrages führt, wurde das Bild durch Vereinsäußerungen im Nachgang immer deutlicher. Aller Vertreter, die mit Nein gestimmt hatten oder sich enthielten, bestätigten dies direkt oder, wie im Fall des 1. FC Kaiserslautern, indirekt.

Das Abstimmungsverhalten der Bundesligisten zum DFL-Investor

  • Nein-Stimmen: 1. FC Magdeburg, SC Freiburg, 1. FC Köln, Hertha BSC, FC St. Pauli, 1. FC Kaiserslautern, 1. FC Nürnberg, Fortuna Düsseldorf, 1. FC Union Berlin und Eintracht Braunschweig
  • Enthaltungen: VfL Osnabrück und FC Augsburg

Demnach müssten alle anderen Verein mit Ja gestimmt haben. Darunter öffentliche Befürworter des Investoreneinstiegs wie der FC Bayern München und Borussia Dortmund, aber auch Hannover 96, das von Geschäftsführer Martin Kind vertreten wurde.

Das Abstimmungsverhalten von Hannover-Geschäftsführer Martin Kind

Und genau wegen seines vermutlichen Abstimmungsverhaltens entlädt sich an der Person Martin Kind ein Teil der Fanwut. Die Fans werfen dem Geschäftsfürher der 96er vor – was durch das bekannte Abstimmungsverhalten auch naheliegend ist –, dass dieser die 50+1-Regel missachtet habe.

Mit der in den DFL-Statuten verankerten 50+1-Regel wird gesichert, dass die Stammvereine das uneingeschränkte Weisungsrecht sowie die Stimmenmehrheit in den teils ausgegliederten „Fußballfirmen“ haben. Dies gilt auch, wenn ein Investor, wie Martin Kind es einer ist, über mehr Anteile an der „Fußballfirma“ verfügen sollte. Stimmberechtigt sind immer nur 49 Prozent.

Schon früh bekannten Vereinsvertreter von Hannover 96, dass sie Martin Kind angewiesen haben, auf der DFL-Mitgliederversammlung mit Nein zu stimmen. Am 15. Februar wurde dies durch eine Stellungnahme des Vereins nochmal deutlicher. Darüber hinaus wurden auf weitere Missachtungen der 50+1-Regel durch Kind verwiesen, die der Verein bereits bei der DFL angezeigt habe. Die DFL wies die harsche Kritik und die Vorwürfe aus der Stellungnahme zurück.

Martin Kind wird zum Ziel der Fankritik – DFL-Abstimmung ungültig?

Das Statement des Vereins Hannover 96 bestätigte die Annahme, die bereits lange durch die Fanszenen waberte. Besonders unter den aktiven Fans, deren Choreos nur zu gern von Streamingdiensten in ihren Trailern verwendet werden, gilt die 50+1-Regel als hohes Gut, welches nun aktiv untergraben worden sei. So folgten besonders von den Hannover-Fans persönliche Angriffe in Richtung Martin Kind.

Allerdings könnte auch fernab der Kurven das Verhalten von Kind zu einem Abbruch des Investoreneinstiegs führen. Da das Abstimmungsverhalten, gesetzt den Fall, Kind stimmte mit Ja, im krassen Widerspruch zu der DFL-Regel 50+1 zustande gekommen ist, dürfte das Ergebnis eigentlich nicht zählen. Bislang versteckt sich die DFL hinter dem Argument der geheimen Abstimmung, auch wenn es durch das Ausschlussverfahren glasklar sein sollte, wie Martin Kind abgestimmt hat. Er selbst sagte bei NDR Info: „Wie ich gestimmt habe, das weiß nur ich.“

Vor dem Hintergrund des fragwürdigen Zustandekommens des Ergebnisses plädieren mittlerweile auch einige Vereine für eine Neuabstimmung. So sendeten der VfB Stuttgart, der 1. FC Köln, Borussia Mönchengladbach, der SV Darmstadt 98 und Schalke 04 Signale in diese Richtung.

Kritik der Fans richtet sich auch gegen DFL-Kommunikation

Neben der Kritik der Fans am Zustandekommen des Abstimmungs-Ergebnisses, richtet sich diese auch an die DFL mitsamt derer unglaubwürdigen Gesprächsangebote. Am 8. Februar lud die DFL Fanvertreter zum Dialog ein – wohl in der Hoffnung, dass diese ihre Proteste in den Stadien zurückfahren würden.

In einer gemeinsamen Stellungnahme kritisierten die Fanbündnisse „baff – Bündnis aktiver Fußballfans“, „F_in – Frauen im Fußball“, „FC PlayFair!“, „Queer Football Fanclubs“ und „Unsere Kurve e. V.“ das Gesprächsangebot: „Es scheint, als wolle sie (Anm.: die DFL) den Konflikt aussitzen. Das jetzige Dialog-Angebot ist kein Umdenken. Es ist ein Feigenblatt. Denn es enthält kein Angebot für Verhandlungen.“

Ganz verweigern wollen sich die Fans Gesprächen aber nicht. „Wenn es vernünftige Vorschläge zu Gesprächen gibt, werden diese Proteste aufhören“, erklärte Jost Peter, Vorstand von „Unsere Kurve e. V.“, bei einem TV-Auftritt. (sch)

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