„Neuer hat zu mir gesagt, dann zelten wir“: Deutsches WM-Camp 2014 wurde fast nicht fertig

Den „Geist von Campo Bahia“ hätte es beinahe so nicht gegeben. Der deutschen Mannschaft fehlten kurz vor ihrer Ankunft noch Strom, Küche und Möbel.

Santa Cruz Cabrália – Das Campo Bahia verbinden viele deutsche Fußball-Fans auch zehn Jahre danach noch untrennbar mit dem WM-Titel 2014. Dort bereitete sich die DFB-Elf auf die Weltmeisterschaft in Brasilien vor. Die Bedingungen waren optimal: Das Resort war Erholungsoase und Trainingslager zugleich – und das an der Atlantikküste. Doch wie Ex-DFB-Manager Oliver Bierhoff jetzt offenbarte, war das Campo Bahia lange eine große Baustelle.

„Neuer hat zu mir gesagt, dann zelten wir“: WM-Camp 2014 wurde fast nicht fertig

In der ARD-Dokumentation „Wir Weltmeister. Abenteuer Fußball WM-2014“ gab Bierhoff Einblicke in die Planungen des deutschen Mannschaftsquartiers. Es wurde eigens für die WM gebaut und sollte bis März 2014 stehen. Doch noch wenige Tage vor der Ankunft des DFB-Trosses am 8. Juni fehlten einige zentrale Bausteine, darunter nicht nur die Küche: „Die Möbel hingen noch beim Zoll fest, die Duschen gingen nicht und es gab hin und wieder einen Stromausfall“, sagte Bierhoff, der bis 2022 für den DFB arbeitete,

Der EM-Finaltorschütze von 1996 habe das den Spielern um Manuel Neuer, die sich damals noch in Südtirol auf die WM vorbereiteten, offen mitgeteilt: „Ich weiß nicht, ob alle Zimmer fertig werden.“ Doch zu seiner Erleichterung reagierte der DFB-Schlussmann darauf mit einer Gelassenheit, die ihn auch später im Turnier auszeichnen sollte: „Dann hat Manuel Neuer zu mir gesagt: ‚Ist doch kein Problem, Oliver, dann zelten wir‘“, berichtete Bierhoff.

Bierhoff erhielt vor WM „stückchenweise schlechtere Nachrichten“ zu Campo Bahia

Die deutschen Spieler campen während der WM in der brasilianischen Wildnis? Ein beinahe unvorstellbares Szenario, das wohl aber kurz vor dem Abflug nach Südamerika nicht mehr so realitätsfern schien.

Der DFB-Manager war zuvor lange davon ausgegangen, dass das Bauvorhaben rechtzeitig abgeschlossen werde. Doch je näher die WM rückte, desto öfter erhielt Bierhoff „stückchenweise schlechtere Nachrichten“ zum deutschen Quartier nahe Santa Cruz Cabrália im Bundesstaat Bahia. Der damals 46-Jährige zeichnete für dieses im Wesentlichen verantwortlich. Und so schloss er, inzwischen anderweitig tätig, die von Neuer vorgeschlagene Option offenbar zeitweise nicht aus.

„Verrückt“: Deutsches Team stand bei WM 2014 kurz vor Camping-Abenden

Bierhoff, neben dem unter anderem Bastian Schweinsteiger in der WM-Dokumentation zu Wort kam, malte sich Camping-Abende im Falle von kurzzeitigen Stromausfällen aus. Diese hätten den Kader von Joachim Löw aber seiner Meinung nach ebenfalls zusammenschweißen und eine „Lagerfeuer-Mentalität“ entfachen hätten können. „Vielleicht kommen wir alle zusammen, irgendeiner holt eine Gitarre raus oder wie auch immer“, dachte sich der einstige Serie-A-Stürmer damals.

Rückblickend sei es „verrückt“ gewesen, „dieses Risiko einzugehen, dass es nicht hinhaut“. Warum das Projekt derart in Verzug gelangte, verriet Bierhoff nicht. Bis zum Viertelfinale gegen Frankreich blieb das Campo Bahia eine Baustelle mit einigen Makeln („ein Riesen-Puzzle“), wie Bierhoff im den Filmbeitrag begleitenden Podcast erzählte. Allerdings war es immerhin bewohnbar, als der DFB-Tross eintraf.

Unvollendetes WM-Quartier 2014 war für deutsche Profis „irgendwie lustig“

Für das Team um Benedikt Höwedes, der bei der WM 2014 keine Minute auf der Linksverteidigerposition verpasste, war das jedoch „nicht von Belang. Ob da jetzt Schranktüren drin waren oder nicht, hat für mich keine Rolle gespielt“, gestand der heute 36-Jährige. Höwedes habe es aber „irgendwie lustig“ gefunden, „mit anzusehen, dass offensichtlich die Dinge nicht ganz fertig geworden sind“, scherzte er.

Höwedes hob rückblickend die Gastfreundschaft der Einheimischen hervor. Allein der Empfang am 8. Juni 2014 sei „überwältigend“ gewesen. Für ihn bedeutete es einen tollen Start in Brasilien – unmittelbar nach einem Horror-Unfall kurz zuvor im DFB-Trainingslager in Südtirol, an dem die Schalker-Legende heute noch „knabbert“. (wuc)

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