Haaland und Lewandowski sind globale Größen, doch sie sind nicht die einzigen Topangreifer mit BVB-Historie. Bei einem ist die Rückschau schmerzhaft.
Dortmund – Serhou Guirassy muss sich den Vereinsrekord von Borussia Dortmund in der Champions League weiterhin teilen. Der Stürmer vergab am Mittwoch gegen Sporting per Foulelfmeter die Chance auf sein 11. Saisontor in der Königsklasse. Zehn Treffer hatten einst auch Robert Lewandowski und Erling Haaland für den BVB im wichtigsten Klubwettbewerb der Welt erzielt.
Die Namen des Polen vom FC Barcelona und des Norwegers von Manchester City fallen unweigerlich, wenn es um die besten Stürmer Europas geht. Sie sind aber nicht die einzigen ehemaligen Profis von Dortmund, die in dieser Kategorie zu führen sind. Wobei: Das Intermezzo von Alexander Isak beim BVB kann man auch leicht vergessen.
Alexander Isak kam als Top-Talent, spielte aber nur 13 Mal für den BVB
Der Schwede stand in Dortmund zwischen Januar 2017 und Januar 2019 nur über 281 Pflichtspielminuten bei den Profis auf dem Platz, erzielte in 13 Partien einen Treffer. Nach einer Leihe zu Willem II in den Niederlanden verkaufte der BVB Isak gewinnbringend an Real Sociedad. Heute ist der Stürmer 25 Jahre alt, ein Top-Star der Premier League bei Newcastle United und wird er mit einem Transfer mit einer Ablöse jenseits von Gut und Böse in Verbindung gebracht.
Dass ausgerechnet die über viele Jahre so hochgelobte Talent-Fabrik Borussia Dortmund das Potenzial von Isak womöglich verkannte, jedenfalls einem herausragenden Spieler nicht zum Durchbruch verhelfen konnte, mutet kurios an. Beim BVB haben sich zwar nicht alle Juwelen erfolgreich schleifen lassen, aber eben doch die deutliche Mehrzahl.
BVB-Chaos behinderte Isak in der Entwicklung
Warum es für Isak in Dortmund nicht geklappt hat, ist auch in seiner Heimat ein Mysterium, wie Keven Bader, Experte beim schwedischen Fotbollskanalen, gegenüber fussball.news, dem Fußballportal von IPPEN.MEDIA, erklärt: „Es ist ein eher vergessenes Kapitel. Es stellt sich aber schon oft die Frage, warum es kein erfolgreiches war.“
Maßgeblich sei vor allem das Chaos auf der Trainerbank gewesen: Binnen seiner nur knapp zwei Jahre erlebte Isak in Dortmund vier unterschiedliche Chefcoachs. „Als Isak in Dortmund ankam, war Thomas Tuchel verantwortlich, verschwand aber nur sechs Monate später. Dann kam Peter Bosz, der dieses Amt nur 164 Tage innehatte. Anschließend kam Peter Stöger als Interimcoach bis Saisonende, bevor Lucien Favre zum BVB-Trainer ernannt wurde“, rekapituliert Bader die wilde Isak-Zeit im Ruhrgebiet. „Die Ungewissheit war für einen Teenager, der in ein neues Land kam, nicht einfach.“
Trotz teils deutlicher Unterschiede in ihrer fußballerischen Herangehensweise, waren sich die BVB-Trainer in einem Punkt einig: Für Isak fanden sie keine große Verwendung. „Die Konkurrenz war sehr hart“, erinnert Bader. In Dortmund ging seinerzeit Pierre-Emerick Aubameyang auf Torejagd, nach dessen Abschied zum FC Arsenal setzte Favre auf Paco Alcácer, spielte aber auch oft ohne echten Stürmer.
Vom BVB über Holland und Spanien in die Premier League
Auf Leihstation bei Willem II in Tilburg holte sich Isak die Spielpraxis, die ihm in Dortmund verwehrt blieb, sammelte in nur 18 Partien 21 Scorerpunkte. Trotzdem entschied sich der BVB dafür, den Angreifer nach Spanien zu verkaufen. Im Deal mit Real Sociedad war dabei eine Rückkaufoption verankert, die sich Dortmund jedoch für gutes Geld abnehmen ließ – nur ein Jahr später wurde Isak beim Wechsel nach Newcastle zum Rekordeinkauf der Magpies.
„Wie immer, wenn ein Verein viel Geld in die Hand nimmt, gibt es diese Chance, dass es nicht funktioniert. Eine kleine Gruppe von Fans verwies damals auf seine Zeit in Dortmund als Grund für Skepsis“, blickt Newcastle-Experte Matty Hewitt, der unter anderem für die Tageszeitung The Chronicle schreibt, auf den Sommer 2022 zurück. „In seiner ersten Saison hatte Isak mit Verletzungen zu kämpfen, aber inzwischen hat er die Premier League im Sturm erobert.“
Newcastle würde für Isak Mondsummen aufrufen
In der laufenden Saison hat Isak in 23 Einsätzen 22 Scorerpunkte gesammelt, ist ein Hauptgrund dafür, dass Newcastle von der neuerlichen Teilnahme an der Champions League träumt. Dass die Gerüchteküche tobt, ist kein Wunder. Doch auch dank der saudischen Geldgeber kann der Klub Mondpreise aufrufen.
„Newcastle United hat klargemacht, dass Isak nicht zum Verkauf steht. Wenn ein Klub ihn holen will, muss er Unsummen auf den Tisch legen. Die Rede ist von 150 bis 200 Millionen Pfund [etwa 181 bis 242 Millionen Euro, Anm. d. Red.] und darauf würde Newcastle auch bestehen“, sagt Hewitt vielmehr eine Vertragsverlängerung von Isak voraus. „Der Verein will wieder Titel gewinnen und er ist dabei eine der absoluten Hauptfiguren.“
Dass für den einstigen Dortmund-Flop nur die absolute Klubelite infrage käme, liegt schon bei diesen schwindelerregenden Zahlen auf der Hand. Im Gespräch ist etwa immer wieder der FC Barcelona, der sich Isak aber bei bestem Willen nicht leisten kann, auch der FC Arsenal wird genannt.
Alexander Isak „schon jetzt einer der besten Stürmer der Welt“
Daran, dass sich Isak, anders als einst beim BVB, nach einem Mega-Wechsel behaupten könnte, besteht bei den Experten kein Zweifel. „Er ist schon jetzt einer der besten Stürmer der Welt“, sagt Hewitt: „Sein Gesamtpaket macht ihn so begehrt, er kann pressen, ist körperlich stark, ein guter Dribbler und hat natürlich auch einen ausgeprägten Torinstinkt.“
Auch Bader ist vollends überzeugt, dass Isak im Weltfußball zur echten Marke werden kann. „Er hat in der Premier League gezeigt, welche Klasse er besitzt, dass er auch mit der Aufgabe wächst, wenn er auf stärkere Gegner trifft. Er besitzt eine natürliche Ruhe, die zusammen mit seiner Qualität einzigartig ist. Wenn er verletzungsfrei bleibt, wird er in den kommenden Jahren zweifellos zu den fünf besten Stürmern der Welt gehören“, legt sich der schwedische Insider fest.
Den BVB dürften derartige Lobeshymnen mit den eigenen Entscheidungen hadern lassen. Nicht nur konnte der Klub Isak selbst nicht weiterentwickeln, auch sein immenses wirtschaftliches Potenzial wurde verkannt. Für die Streichung der Rückkaufoption und einer Weiterverkaufsbeteiligung kassierte Dortmund von Real Sociedad im Sommer 2021 dem Vernehmen nach eine Summe im mittleren siebenstelligen Bereich.
Peanuts im Vergleich zu dem, was Isak heute wert ist.