Mallemort - Es sollte die EM des David Alaba werden. Doch bislang läuft der Star der Österreicher seiner Form hinterher. Die Zeitungen in der Alpenrepublik sorgen sich um den Bayern-Profi. Doch der Teamchef hält weiter zu ihm.
Kurz vor der EM war die Welt des David Alaba noch in Ordnung. Zusammen mit Marko Arnautovic scherzte und blödelte der Star der österreichischen Nationalmannschaft bei einer Pressekonferenz im Quartier im kleinen Provence-Städtchen Mallemort. Alaba sprach über seine Rolle als Team-DJ, Frisuren und die Freude, erstmals bei einer Großveranstaltung dabei zu sein. „Ich traue uns einiges zu“, sagte der Spaßvogel von Bayern München voller Selbstvertrauen.
Zwei EM-Spiele später ist dem stets fröhlichen und zu Scherzen aufgelegten Alaba die gute Laune jedoch vergangen. Der 23-Jährige steht bei den mit großen Hoffnungen zur Fußball-Europameisterschaft nach Frankreich gereisten Österreichern massiv in der Kritik. Die „Kronen Zeitung“ bezeichnete Alaba nach dem 0:0 gegen Portugal sogar als „Totalversager“, die Boulevard-Zeitung „Österreich“ fragte besorgt: „Was ist nur los mit Star Alaba?“
Sowohl gegen Ungarn als auch gegen Portugal blieb Alaba weit unter seinen Möglichkeiten. Gegen die Portugiesen nahm ihn Trainer Marcel Koller sogar in der 65. Minute vom Feld. Eine Majestätsbeleidigung, die vor der EM niemand für möglich gehalten hätte. Dementsprechend angefressen reagierte Alaba auch, schaute seinen Coach bei der Auswechslung völlig entgeistert an. „Ich weiß nicht, warum mich der Trainer rausgenommen hat“, sagte der Münchner später in der ARD. Verletzt sei er auf jeden Fall nicht gewesen.
Dafür jedoch ziemlich schwach. Gerade einmal 29 Ballkontakte hatte der Taktgeber des Teams, für ihn enttäuschende knapp 60 Prozent seiner Pässe fanden den Mitspieler. „Er irrte durch den Prinzenpark, lieferte das schwächste Länderspiel seiner Karriere ab“, schrieb die Tageszeitung „Der Standard“.
Alaba ist innerhalb von einer Woche vom Hoffnungsträger zum großen Sorgenkind geworden. Der Bayern-Profi ist der einzige Spieler von Weltklasse-Format im österreichischen Team, das bei seiner zweiten EM-Teilnahme unbedingt ins Achtelfinale will. Dementsprechend groß ist die Erwartungshaltung an Alaba.
Doch der Double-Gewinner tut sich schwer, seine Rolle zu finden. Während er bei den Bayern meist als Außenverteidiger spielt, soll er im Austria-Team eine zentralere Rolle einnehmen. Größtenteils im defensiven Mittelfeld an der Seite von Julian Baumgartlinger. Gegen Portugal sogar auf der Spielmacher-Position als Ersatz für den verletzten Bremer Zlatko Junuzovic.
Vor dem Turnier hatte Alaba noch getönt, dass er damit kein Problem habe. „Ich denke, dass ich schon öfters gezeigt habe, dass ich ein flexibler Spieler bin“, sagte der fünfmalige Fußballer des Jahres. Eigentlich will er die EM nutzen, um dem neuen Bayern-Coach Carlo Ancelotti zu zeigen, dass er auch als Sechser, auf der wichtigsten Position des modernen Fußballs, internationales Top-Niveau verkörpert. „Ich will mich auf dieser Position bei dem Turnier beweisen“, hatte Alaba gesagt.
Ein Unterfangen, das bislang schief ging. Doch Koller nimmt Alaba in Schutz. „David hat in diesem Kader im vergangenen halben Jahr die meisten Spiele gemacht. Er hat über 2000 Minuten gespielt“, sagte der Teamchef. Er wird deshalb auch am Mittwoch im entscheidenden Gruppenspiel gegen Island wieder auf seinen einzigen Superstar vertrauen. „Er ist ein Spieler, der alles draufhat“, sagte der Schweizer. „Er ist ein Spieler, den wir brauchen, der sehr wichtig ist. Da muss er sich absolut keinen Kopf machen“, sagte Koller. Teamkollege Stefan Ilsanker von RB Leipzig meinte am Montag, Alaba sei „der beste Spieler seit ewigen Zeiten in Österreich“. Worte, die die Laune des Bayern-Stars wieder etwas verbessern dürften. Alle Ereignisse von der EM 2016 finden Sie in unserem Live-Ticker vom Montag.
dpa