Bremen – Durch die Verletzungen von Niclas Füllkrug und Yuya Osako fehlen dem SV Werder Bremen das Herz und das Hirn in der Offensive. Wie kann der Club sie ersetzen?
Natürlich war das, was in den Tagen vor dem Spiel passierte, ein doppelter Tiefschlag gewesen. Und natürlich war das, was dann folgte, keine große Überraschung mehr. Aber war es auch ein Fingerzeig für die kommenden Wochen? Werder Bremen hatte sein Heimspiel gegen Bundesliga-Spitzenreiter RB Leipzig mit 0:3 verloren und war dabei zum ersten Mal seit mehr als 16 Monaten (0:0 gegen Bayer Leverkusen am 5. Mai 2018) vor eigenem Publikum ohne eigenes Tor geblieben.
Das mit den Ausfällen von Yuya Osako und Niclas Füllkrug zu erklären, ist leicht und logisch. Zugleich aber auch in hohem Maße besorgniserregend. Denn Osako, der sich am Mittwoch eine Muskelverletzung am Oberschenkel zuzog, wird noch mindestens fünf Wochen fehlen. Und Füllkrug, der zwei Tage später einen Kreuzband- und Außenmeniskusriss erlitt, sogar mindestens sechs Monate. Werder Bremen steht also vor einem echten Sturmproblem. Die Grün-Weißen müssen in der Offensive ohne Hirn und Herz überleben. Für einen Menschen ist das schlicht nicht möglich, für ein Fußballteam dagegen schon?
Werder Bremen: Yuya Osako und Niclas Füllkrug erzielten mehr als 50 Prozent der Saisontore
Irgendwie muss es gehen, denkt sich Trainer Florian Kohfeldt und sagt, was er in seiner Situation sagen muss: „Wir haben da schon noch ein paar andere Spieler.“ Allerdings war der Qualitätsverlust gegen Leipzig nicht zu übersehen oder wegzureden. Gegen die – zugegeben bärenstarke – Abwehr des Spitzenreiters kam Werder Bremen nur zu einer Top-Chance durch Davy Klaassen. Alle anderen Angriffsversuche blieben, was sie waren: Versuche. Rechtsverteidiger Michael Lang stellte deshalb mit Blick auf das Fehlen des übel verletzten Füllkrug fest: „Das steckt man auch nicht mal eben so weg und sagt: Dann muss halt ein anderer rein. Ein Spieler wie Fülle fehlt natürlich.“
Gleiches gilt auch für Yuya Osako, der in den ersten vier Spielen mit drei Toren brillierte. Niclas Füllkrug kam in vier Einsätzen auf zwei Treffer und einem Assist. Heißt: Fünf von bislang acht Toren des SV Werder Bremen gehen auf das Konto des Duos. Wenn nun der eine über einen langen und der andere über einen sehr langen Zeitraum nicht zur Verfügung steht, regt das durchaus zu Fatalismus und Verzweiflung an.
Werder Bremen fehlt nach Füllkrug-Verletzung ein echter zentraler Stürmer
Aber genau das wollen Coach Kohfeldt und Sportchef Frank Baumann absolut nicht zulassen. „Wir haben trotz des Ausfalls von Niclas eine sehr gute Offensive“, behauptet Baumann und zählt die verbliebenen Alternativen auf: Der gerade wieder genesene Milot Rashica, Josh Sargent, Claudio Pizarro, Johannes Eggestein und Leonardo Bittencourt seien allesamt Spieler, „um die uns in der Bundesliga viele beneiden“.
Sie müssen es rausreißen. Und sie müssen vermutlich zur Spielweise der Vorsaison zurückkehren, als Werder Bremen noch ohne Füllkrug und damit ohne echten zentralen Stürmer agierte. Dass die Idee, das eigene Angriffsspiel mit der Wucht und Durchsetzungskraft des 6,5-Millionen-Euro-Einkaufs vielseitiger zu gestalten, durch den Kreuzbandriss sabotiert wurde, ist Kohfeldt völlig klar. „Uns fehlt ein Füllkrug, den wir extra geholt haben, um eine weitere Variante zu haben. Wir haben so viel in der Vorbereitung darüber gesprochen, den Gegner mal mit einem Chip auf Niclas zu überspielen. Das wird jetzt etwas schwieriger. Aber wir tüfteln.“
Werder Bremen: Trainer Florian Kohfeldt will Talent Josh Sargent „nicht zu viel Verantwortung aufbürden“
Der erste Gedanke, bei der Frage, wer Füllkrugs Part übernehmen könnte, galt Josh Sargent. Der 19-Jährige stand gegen Leipzig in der Startelf, doch das mache ihn nicht automatisch zum Stellvertreter auf Dauer, so Kohfeldt: „Ich will Josh da nicht zu viel Verantwortung aufbürden. Er ist noch ein sehr junger Spieler.“ Vielleicht hätte der US-Amerikaner auch gegen RB Leipzig nicht von Anfang an gespielt, wenn Claudio Pizarro richtig fit gewesen wäre. Doch nach einer Erkältung traute Florian Kohfeldt dem bald 41-Jährigen keinen Startelf-Einsatz zu. Grundsätzlich sei der Routinier aber trotz seines Alters immer noch ein Fall für die erste Elf von Werder Bremen.
Bei der Tüftelei könnte jedoch auch herauskommen, dass Leonardo Bittencourt, gegen Leipzig noch linker Verteidiger in einer Fünferkette, in die Spitze beordert wird. Kohfeldt: „Er wird die nächsten Spiele sicherlich viel offensiver spielen.“ Dann im Gespann mit Rashica. Das würde im Angriff auf jeden Fall Tempo garantieren – aber auch Tore?
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