Werder-Coach Florian Kohfeldt will so weitermachen - aber besser

„Spürbar anders“ – natürlich muss das in ganz elementarer Weise das Rückrunden-Motto für Werder Bremen werden. Trainer Florian Kohfeldt strebt jedoch keine Revolution des Werder-Fußballs an.
 ©gumzmedia

Köln – Werder Bremen hat die schlechteste Hinrunde seiner Bundesliga-Geschichte gespielt, überwintert auf einem Abstiegsplatz, doch Trainer Florian Kohfeldt will seinen Fußball beibehalten.

Was ist nicht alles „historisch“ im Sport. Historische Debakel, historische Siege, historische Zeiten, historische Weiten - es ist nicht unbedingt so, dass das, was Werder Bremen im zweiten Halbjahr 2019 abgeliefert hat, unbedingt die Bezeichnung historisch verdient. Jedenfalls nicht im Kontext der Fußball-Bundesliga. Denn es hat schon Teams mit schlechteren Hinrunden gegeben als die aktuelle der Bremer. Aber: Die 14 Punkte aus 17 Spielen sind in der Club-Geschichte eben doch etwas Einmaliges. Nie war eine Bremer Mannschaft schlechter als die aktuelle. Auch Platz 17 zur Saison-Halbzeit ist ein absolutes Novum, vier Mal Platz 16 war bisher der Tiefpunkt für Werder.

„Es war eine äußerst bescheidene Hinrunde“, fasste Trainer Florian Kohfeldt das vergangene halbe Jahr noch mit moderaten Worten zusammen. Erst die etlichen Verletzungen, wodurch viel individuelle Qualität verloren ging, danach dann, schleichend, auch der unübersehbare Qualitätsverlust im Zusammenspiel. „Bis zum Gladbach-Spiel war das ordentlich, dann ist uns auch das sukzessive weggebrochen“, sagte Kohfeldt und strich das 0:5 gegen Mainz noch einmal als „negativen Höhepunkt“ heraus.

Werder Bremen im Abstiegskampf: Florian Kohfeldt will wieder auf mutigen Fußball setzen

Nur vier Tage danach dann der Hinrunden-Abschluss in Köln, wenig Chancen, Gegentor durch Jhon Cordoba (39.) – auch das alles andere als versöhnlich. Und trotzdem: Florian Kohfeldt gab sich nach der vierten Pleite in Serie kämpferisch, versprach sogar, dass am Ende alles gut wird: „Ich habe einen klaren Weg vor Augen, wie wir es schaffen können, und dann werden wir es auch schaffen.“

Dieser Weg – er sieht dabei keinesfalls eine Abkehr von Kohfeldts grundsätzlicher Fußballidee vor. In Köln hatte sich Werder Bremen ungewohnt defensiv präsentiert. „Wir wollten defensive Stabilität“, erklärte der Trainer, der seiner Mannschaft nach dem Mainz-Debakel auf diese Weise Sicherheit zurückgeben wollte. „Der Plan galt aber nur für dieses eine Spiel“, betonte Florian Kohfeldt. In der Rückrunde soll es dann wieder mutiger werden, mit Überzeugung im Vorwärtsgang. „Ich stehe für diesen Fußball, Frank Baumann steht für diesen Fußball, denn er passt zur Mannschaft“, sagte Kohfeldt. Sportchef Baumann erklärte: „Wir wollen unsere Stärken, die man in den letzten Wochen leider nicht mehr so gesehen hat, wieder zum Vorschein bringen.“

Werder Bremen will sich im Winter mit Transfers verstärken

Heißt: Eine Revolution des Werder-Fußballs wird es nicht geben, allerhöchstens Anpassungen, zum einen spielerisch, aber sehr wahrscheinlich auch personell. Werder arbeitet zumindest daran, den Kader in der Winterpause mit ein bis zwei Spielern zu verstärken. Zu wenig Physis, zu wenig Tempo – dem möchte der Club entgegenwirken. „Das war auch schon die Analyse im Sommer“, sagte Kohfeldt, „deswegen haben wir Niclas Füllkrug und Ömer Toprak geholt.“ Die dann beide wegen Verletzungen nicht viel ausrichten konnten, wodurch die Werder-Krise unter Florian Kohfeldt unter anderem ihren Anfang nahm. Immerhin: Zumindest Toprak wird zum Start der Vorbereitung zurückerwartet.

Genau 15 Tage sind es zwischen dem Trainingsauftakt und dem ersten Rückrundenspiel am 18. Januar bei Fortuna Düsseldorf. Nicht viel Zeit, für Frank Baumann aber ausreichend viel Zeit. „In den vergangenen Jahren war die Pause auch kurz, und trotzdem haben wir immer Ansatzpunkte gefunden“, sagte der 44-Jährige, der natürlich weiß: „Jetzt sind wir aber noch mehr gefordert.“ Werders neues Ziel formulierte Baumann so: „Wir müssen sehen, dass wir die berüchtigten 40 Punkte holen. Das wird kein kurzer Sprint, sondern ein harter, steiniger Weg durch die komplette Rückrunde.“ Der Bremer Kapitän Niklas Moisander sieht es ähnlich: „Wir sind jetzt im Abstiegskampf, und das vielleicht sogar bis zum Ende der Saison.“ (dco)

Zur letzten Meldung vom 17. Dezember 2019:

Florian Kohfeldt zieht bei Werder die ersten Konsequenzen

Freier Tag gestrichen, Stars droht die Ersatzbank, besondere Taktik für Köln: Nach dem 0:5 von Werder Bremen gegen Mainz 05 zieht Trainer Florian Kohfeldt erste Konsequenzen.

Bremen – Florian Kohfeldt hat seinen Worten nach dem 0:5-Desaster gegen Mainz 05 Taten folgen lassen: Der Trainer des SV Werder Bremen strich den Profis den freien Donnerstag. Schwer gefrustet vom Auftritt seiner Mannschaft hatte der 37-Jährige nach der Partie Konsequenzen angekündigt. Der Freizeit-Entzug ist dabei nur eine erste Maßnahme, weitere werden folgen – und einige Spieler könnten das sehr deutlich zu spüren bekommen.

Anders als sonst ging schon der Tag nach einem Spiel für die Profis los. Normalerweise bleiben die Stammspieler in den Katakomben des Weserstadions, regenerieren dort im Kraftraum, während die Reservisten draußen ein Spielersatztraining absolvieren, um fit zu bleiben. Doch diesmal schickte Kohfeldt das komplette Team für eine Laufeinheit nach draußen.

Verfolgt das Spiel von Werder Bremen gegen den 1. FC Köln im Live-Ticker der DeichStube!

Werder Bremen: Trainer Florian Kohfeldt streicht freien Tag

Fitnesscoach Günter Stoxreiter gab das nicht allzu hohe Tempo vor, die Spieler folgten ihm und schwiegen. In solchen langsamen Laufrunden, die der Erholung dienen, wird eigentlich gerne mal gequatscht und geflachst. Doch der Spaß ist allen Bremern nach der dritten Pleite in Folge und vor allem nach diesem blutleeren Auftritt im Weserstadion gegen Mainz 05 gehörig vergangen.

In der Mitte stand Florian Kohfeldt – umringt von seinem Trainerteam. Dort wurde viel geredet, aber das ganz ruhig ohne erkennbare Emotionen. Nachdem er nach dem Spiel ausführlich gesprochen und seine Enttäuschung über das Verhalten seiner Profis kundgetan hatte, wollte Kohfeldt nach dem Training keine weitere Medienrunde abhalten. Doch dann teilte er zumindest noch mit, dass der Donnerstag – anders als vor dem Mainz-Spiel geplant – nicht frei ist. Normalerweise gilt der zweite Tag nach einem Spiel als heilig, dann sollen sich die Spieler erholen, weil die Verletzungsgefahr aus sportwissenschaftlicher Sicht einfach zu groß ist.

Werder Bremen nach Mainz-Debakel: Personelle Konsequenzen gegen 1. FC Köln

Außerdem hatte Kohfeldt stets betont, dass es wichtig sei, auch mal den Kopf frei zu bekommen. Nun wählt er einen anderen Weg. „Es ist aktuell wichtiger, dass sich die Spieler mit der Situation hier vor Ort und gemeinsam beschäftigen, als sich alleine zu erholen“, erklärte Kohfeldt. Es werde allerdings nun kein hartes Straftraining geben, weil das viel zu gefährlich sei, sondern „aktive Erholung“ auf dem Platz. Standards und taktische Spielformen stehen auf dem Programm, es gibt ja an genügend Stellen Nachholbedarf.

Sicher ist auch, dass am Samstag auswärts beim 1. FC Köln eine andere Mannschaft auf dem Platz stehen wird als gegen Mainz. Und das liegt nicht allein an der Gelbsperre von Leonardo Bittencourt. Was er genau vorhat, wollte Kohfeldt noch nicht verraten. Seine Möglichkeiten sind aufgrund der zahlreiche Ausfälle auch arg begrenzt. Dennoch kann davon ausgegangen werden, dass der eine oder andere Star auf der Bank landen wird. Erster Kandidat ist dabei Nuri Sahin, der sich gegen Mainz so gar nicht wehrte und nach nicht mal einer halben Stunde runter musste.

Werder Bremen: Defensive statt Offensive? Sinneswandel von Florian Kohfeldt?

Auch Michael Lang dürfte seinen gerade erst durch die Verletzung von Theodor Gebre Selassie gewonnenen Platz auf der rechten Abwehrseite gleich wieder verlieren. Der Schweizer agierte viel zu lethargisch, ließ das Unheil einfach über sich ergehen. Auch der gegen Mainz so schwache Yuya Osako müsste eigentlich um seinen Platz zittern, doch in der Offensive gibt es kaum noch Alternativen. Vielleicht bringt ihn die Rückkehr an die alte Wirkungsstätte in Köln wieder etwas mehr in die Spur.

Allerdings dürfte Florian Kohfeldts Hauptaugenmerk der Defensive gelten. Nach nunmehr 40 Gegentoren in 15 Spielen muss hinten endlich dicht gemacht werden. Gut möglich, dass der Coach dabei seinen fußballerischen Ansatz für dieses Spiel einfach mal beiseite legt und der unbedingten Torabsicherung den Vorzug gibt. Es wäre zwar ein enormer Sinneswandel von Offensiv-Verfechter Kohfeldt, aber in der aktuellen Lage wahrscheinlich die cleverste Wahl. Denn was gerade passiert, wenn Werder Bremen ein Gegentor bekommt, gab es gegen Mainz zu sehen. Die Bremer brachen in sich zusammen, hatten schon nah dem 0:1 den Glauben an sich komplett verloren.

Werder Bremen: Transfers sind im Winter unabdingbar

Traurigstes Beispiel war dabei Milos Veljkovic. Der Innenverteidiger nötigte anschließend mit einem hilflosen Querschläger Keeper Jiri Pavlenka zum Eigentor. Als die Partie zu Ende war, kamen die Tränen, der 24-Jährige war untröstlich – und damit das Symbol der aktuellen Situation bei Werder Bremen. Es ist zum Heulen! Auch Kohfeldt wirkte nach der Partie ziemlich angeschlagen und konsterniert. Doch nach einer Nacht hat er sich offenbar wieder gefangen und die ersten Entscheidungen getroffen, damit die Mannschaft in Köln besser funktioniert als gegen Mainz.

Im Winter könnte dann das große Aufräumen beginnen. Und zwar von Kohfeldt, dem Sportchef Frank Baumann über die Köln-Partie hinaus das Vertrauen ausgesprochen hat. Transfers sind nun unabdingbar – und dabei könnte es durchaus in beide Richtungen gehen, um wieder eine schlagkräftige Mannschaft zu haben.

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